0212 - Herr der roten Hölle
Schreibtisch am Boden lag, huschte Myxin aus der roten Nebelwolke wie ein Schatten an seinem Gegner vorbei.
Sein Ziel war der Tote, denn in seinem Körper steckte noch die Lanze des Dämons.
Wenn es eine Waffe gab, die Nyrana vielleicht töten konnte, dann dieser seltsame Stab.
Der Dämon fluchte böse. Er hatte mit diesem Trick nicht gerechnet, wälzte sich unter dem schweren Schreibtisch hervor und mußte dabei mit ansehen, wie Myxin auf die fast mumifizierte Leiche zulief und nach dem Stab griff.
Der kleine Magier besaß im Rücken keine Augen. Dann hätte er vielleicht das Erschrecken auf dem Gesicht des Dämons erkannt, denn Myxin hatte genau das richtige getan.
Da die Haut des Toten porös und aufgelockert war, hatte Myxin keine Mühe, den dünnen braunen Stab aus dem Körper zu ziehen. Dabei knisterte die Haut wie verbranntes Papier, und schwarze Flocken stäubten aus der Wunde.
In der rechten Hand hielt der kleine Magier die lange braune Stange, als, er damit herumkreiselte. »So«, sagte er, »jetzt sehen die Chancen schon etwas besser aus!« Ein Lächeln umspielte seine schmalen Lippen.
Er blickte nicht nur auf den Herrn der roten Hölle, der sich inzwischen erhoben hatte, sondern sah sich auch den seltsamen Stab an. Er bestand aus einem festen, dennoch dehnbaren Material. Am besten mit dickem Vollgummi zu vergleichen, das sich auch dehnen sowie biegen ließ. Myxin hielt den Stab wie eine Lanze. Vorn wurde er zu einer Spitze, zwar nicht hart wie Metall, aber dennoch so gefährlich, daß sie weichere Gegenstände bestimmt durchbohrte.
Mit der seltsamen Lanze in der Hand schlich Myxin vor. Seine Pupillen blieben dunkle Kreise, und nur die geduckte Haltung des kleinen Magiers verriet, daß auch er unter Spannung stand.
»Willst du es damit schaffen?« Nyranas Stimme klang unsicher, ebenso wie sein Lachen.
»Ja, damit werde ich dich töten!« flüsterte Myxin, »und das ist ein Versprechen!«
»Niemand kann mich töten, und schon gar nicht so ein Zwerg wie du.«
»Es kommt nicht auf die Größe an, Nyrana, das habe ich dir schon einmal vor meinem magischen Schlaf gesagt, als wir uns kennenlernten. Erinnerst du dich noch, wie du mich ausgelacht hast. Damals hast du auch meine Größe verspottet, als ich dich auf meine Seite ziehen wollte, damit wir gegen den Schwarzen Tod angehen. Aber du hast dich den Großen Alten zugewandt, weil du annahmst, daß sie stärker sind, denn sie haben auch den Schwarzen Tod erschaffen. Nun, du hast Lehrgeld zahlen müssen, denn die Großen Alten haben aus deiner Haut die Riemen geschnitten und sie zu einer Peitsche gemacht, die du nun in deiner Hand hältst. Was ist das eigentlich für ein Gefühl, zu wissen, daß man mit einer Waffe kämpft, die aus der Haut des eigenen Körpers hergestellt wurde? Los, sag es mir…« Myxin verspottete den Herrn der roten Hölle, während er weiter vorging und der andere zurückwich. Ein Zeichen, daß er sich fürchtete und der kleine Magier genau das richtige getan hatte, um den Gegner zu vernichten.
Nyrana war bereits so weit hinten, daß die ersten Blutschleier ihn umspielten.
Und auch die Gesichter der Gerechten merkten, daß die Zeit des Dämons zu Ende ging. Während das Licht der Öllampen über die Wände flackerte und ihr Widerschein sich auf den Gesichtern spiegelte, verzogen sich diese zu höhnischen Fratzen. Es sah so aus, als wollten sie Worte ausstoßen und Myxin anfeuern, doch sie blieben stumm, sie lebten und bewegten sich nur mit Hilfe einer unbekannten geisterhaften Magie.
»Bleib stehen und wehr dich!« schrie Myxin plötzlich.
Nyrana knurrte. »Du willst die Peitsche haben, wie?«
»Ja.«
»Gut, du kannst sie bekommen. Ich schlage dir nämlich ein Tauschgeschäft vor.«
»Und wie soll das aussehen?«
»Peitsche gegen Stab!«
Myxin lachte. Er genoß diese Augenblicke, denn zu lange schon hatte er auf einen großen Erfolg warten müssen. In den letzten Jahren war er von Asmodina gedemütigt worden, doch er hatte nicht aufgegeben und mit Hilfe neu gewonnener Freunde alte Kräfte zurückbekommen. Jetzt konnte er sie einsetzen, gemeinsam mit Mut, List und Tücke.
Myxin ging noch zwei Schritte. Da der andere stehengeblieben war, kam er näher an Nyrana heran, bevor er stoppte. »Willst du wirklich tauschen?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Werde ich dich gehen lassen, Myxin. Unsere Wege trennen sich. Wir schließen einen Burgfrieden, keiner kommt dem anderen in die Quere, und du kannst deine Dämonenpeitsche
Weitere Kostenlose Bücher