0213 - Colette und ihr Fallbeil
sehen…
Schreiend rannte der Wirt weg.
***
Das Ereignis schlug hohe Wellen. Aus dem nahen Colmar kamen Polizeibeamte, um den Fall zu untersuchen.
Sie fanden nichts. Kein Schafott und keine Frau. Nur zwei Tage später, da stand dort, wo sich sonst das Schafott befunden hatte, der mit Sägemehl gefüllte Korb.
In ihm lag der Kopf des Henkers!
***
Das Elsaß!
Wer hatte noch nicht von diesem herrlichen Landstrich im Osten Frankreichs gehört?
Ein Paradies, das der liebe Gott in einer Weinlaune erschaffen hatte, sagten die einen.
Die anderen nannten es die kulinarische Schatzkammer Europas, und um das Essen ging es den meisten Touristen, die das Elsaß durchfuhren oder nur mal einen Abstecher in irgendeinen Ort machten. Es brauchte ja nicht immer Straßburger Gänseleber zu sein, ein kräftiges Sauerkraut nach dem Elsässer Originalrezept schmeckte ebenso gut.
Um das Essen ging es auch Bill Conolly. Der freiberufliche Reporter hatte einen Job übernommen. Da Sheila wegen ihrer Modesachen in Paris weilte und den kleinen Johnny mitgenommen hatte, nahm Bill den Auftrag der Zeitung an und unternahm eine dreitägige Schlemmerreise durch das Elsaß.
Er hatte in seinem Leben viel erlebt und Berichte geschrieben, die man ruhig als haarig und außergewöhnlich bezeichnen konnte, denn Bills Artikel über seine Abenteuerreisen waren ein begehrtes Objekt in allen Verlagshäusern, aber über eine Freßtour hatte er noch nie etwas verfaßt.
Vielleicht mußte man älter werden, um so etwas zu machen, dachte er und hatte sich einen kleinen R 4 gemietet, mit dem er losgondelte. Sein Porsche stand in London, für das Elsaß sollte man sich Zeit lassen.
Gestartet war er in Straßburg, und die Reise führte ihn nach Süden.
Dabei nahm er nicht die Hauptverkehrsstraßen, sondern hielt sich an die weniger befahrenen Wege, denn er wollte nicht nur jagen, sondern auch vom Land etwas sehen.
Zufällig hatte er einen schönen Frühlingstag erwischt, und wenn er dem Wetterbericht Glauben schenken konnte, dann sollte das Hochdruckgebiet noch andauern, das sich über halb Europa ausgebreitet hatte. So etwas war genau nach Bills Geschmack.
Am vergangenen Abend hatte er mit Paris telefoniert und Sheila an den Apparat geholt. Leider war sie unabkömmlich, das bedauerte sie auch, denn das Elsaß hätte ihr gefallen.
Bill schlug vor, noch ein paar Tage dranzuhängen. Sie wollten dann im originellsten Restaurant und Hotel übernachten, daß der Reporter auf seiner Reise entdeckte.
Damit war Sheila einverstanden.
Bill machte sich eifrig Notizen. Er durchfuhr kleine Orte, die man als wirklich malerisch bezeichnen konnte. Hier war die Welt noch in Ordnung, und es sah in diesen Dörfern so aus wie in den Lesebüchern der Kinder vor dreißig Jahren.
Bill kehrte oft ein. Manchmal trank er nur einen Schluck Wasser. Er hatte eine freundliche Art und kam mit den Menschen schnell ins Gespräch.
Der Tag war sehr klar. Bill Conolly konnte zwei Bergzüge sehen. Im Osten den Schwarzwald, im Westen die Vogesen. Und er wurde auch daran erinnert, daß John Sinclair im Elsaß vor Jahren den Fall mit dem unheimlichen Kreuzritter erlebt hatte. [1]
Ein Beweis dafür, daß dieses Land voller Rätsel und Geheimnisse steckte, und die Bewohner wußten die unheimlichsten Geschichten zu erzählen. So hatte sie Bill auf ein Gasthaus hingewiesen, das er sich unbedingt ansehen sollte. Es war das Haus der hundert Köpfe.
Danach fragte der Reporter, als er zum Mittagessen einkehrte. Das Restaurant lag in einer Seitengasse versteckt, abseits der Hauptstraße.
Bill mußte in einen Keller hinuntersteigen und war von der Kühle und den Ausmaßen des Gastraumes überrascht. Nur wenige Menschen saßen an den Tischen und speisten.
Bill unterhielt sich mit dem Wirt, der persönlich bediente. Er bestellte das Hausgericht, eine Ente auf besondere Art, wie ihm der Wirt versicherte, und als Bill nach dem Haus mit den 100 Köpfen fragte, begann der Wirt zu lachen: »Was haben Sie?«
Der Mann ließ sich neben Bill auf den Stuhl fallen und schlug seine Hand auf die Schulter des Reporters. »Glauben Sie das Märchen etwa auch, das man sich da erzählt?«
»Welches Märchen?«
»Daß diese Manon Descartes umherzieht und Köpfe sammelt. Eine alte Rache, wissen Sie. Und genau die Köpfe, die sie zuvor abgeschlagen hat, verleibt sie der Kopfsammlung am Haus ein. Der Besitzer hat natürlich seine Attraktion und tut nichts, aber auch gar nichts, um die Geschichte zu
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