Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0213 - Wir stiegen ein ins Sarggeschäft

0213 - Wir stiegen ein ins Sarggeschäft

Titel: 0213 - Wir stiegen ein ins Sarggeschäft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir stiegen ein ins Sarggeschäft
Vom Netzwerk:
zeichneten sich unter dem dünnen Hemd ab.
    »Na und?«, fragte Higgins. »Was ist los? Ich kann verdammt nichts sehen. Ist doch alles friedlich hier - oder?«
    »Wie man’s nimmt, Officer«, sagte der Mann und drehte unablässig seine abgegriffene Mütze zwischen den riesigen Pranken. »Sehen Sie die Särge da, Sir?«
    Higgins drehte sich um und blickte in die gezeigte Richtung.
    »Natürlich sehe ich die Dinger«, sagte er. »Es sind Särge, richtig Särge mit ’n bisschen Klimbim dran. Habt ihr noch keine Särge gesehen?«
    »Sir, in einem Sarg muss jemand drin sein. Wir alle haben gehört, wie es in einem geklopft hat. Und das Silberding davor hat gewackelt.«
    »Wenn bei euch mal nichts wackelt«, sagte Higgins und kletterte schnaufend in den Wagen. »Welcher war’s denn?«, rief er über die Schulter zurück.
    »Das wissen wir nicht«, sagte der Riese.
    »Klar. Der da war’s«, rief der Fahrer und zeigte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf den zweiten von links.
    »Zum Teufel, wofür werdet ihr eigentlich bezahlt?«, knurrte der Sergeant. »Oder soll ich die Kisten allein abladen?«
    Die Männer beeilten sich. Mit einigen Zurufen dirigierten sie einen Sarg nach dem anderen auf die Waggontür zu, schoben ihn heraus und nahmen ihn von draußen in Empfang. Den vierten packten sie mit sichtlichem Widerstreben. Als er auf der Rampe im grellen Sonnenlicht stand, klopfte es wieder. Dumpf leise und unheimlich.
    »Deckel runter«, sagte Sergeant Higgins. Wie absichtslos stemmte er eine Faust in die Hüfte. Dass die Finger dicht an die Pistolentasche kamen, musste reiner Zufall sein.
    Mit ein paar kräftigen Bewegungen rissen die Männer das Lattengestell auseinander, das den Sarg zum Schutz gegen Transportschäden umrahmte. Zwei lange Riemen wurden aufgeschnallt und vier Flügelschrauben gelöst. Mit zusammengepressten Lippen packten sie den Deckel und wuchteten ihn hoch. »Danke schön«, krächzte ein alter, weißhaariger Mann und schloss geblendet von dem jähen Sonnenlicht die Augen. »Ist mir mal jemand beim Aussteigen behilflich?«
    Die Ladearbeiter starrten fassungslos auf den Alten. Selbst dem Sergeanten stand vor Überraschung der Mund offen. Tom Fooley rieb sich seine blauschwarzen Bartstoppeln, dass es ein scharrendes Geräusch gab.
    Der Alte hatte ein blasses, ausgemergeltes Gesicht und eine tief rote Alkoholnase. Auf seiner Brust lag unschuldig eine leere Ginflasche. Statt einer Krawatte schlang sich ein giftgrüner Schal um den Hals des Alten. Hose, Schuhe und Jackett waren schwarz und hatten an den Nähten glänzende Stellen. Auf dem Haupte leuchtete eine schlohweiße Löwenmähne, unter der roten Nase sträubte sich ein eisgrauer Stoppelbart, der sich in zwei dünnen Linien rechts und links der Mundwinkel und über das Kinn bis zu dem großen Adamsapfel herabzog, der unablässig auf und nieder hüpfte.
    »Na los«, rief Higgins und brach den Bann der Überraschung. »Helft dem Opa gefälligst heraus.«
    Nachdem sich das Gespenstige als etwas Alltägliches entpuppt hatte, nämlich als alter Mann, war alle Angst verflogen. Die Männer packten behutsam zu und stellten den Alten auf die Füße. Er wankte leicht.
    »Ich bezahle demjenigen das schönste Erbbegräbnis, der mir sechs gekochte Eier und sechs Paar heiße Würstchen besorgt«, krähte der Alte mit verdrehten Augen. »Ich falle um vor Hunger. Ein Eimer Kaffee darf ruhig dabei sein.«
    »Kommen Sie, Opa«, sagte Higgins und hielt die Tür des Streifenwagens auf. »Mit zu uns müssen Sie sowieso. Wenn Sie Geld haben, können wir meinetwegen vorher irgendwo halten, wo sie essen können.«
    Eine ganze Stunde lang sagte er kein Wort. Zwanzig Minuten davon vergingen als Fahrtzeit. Vierzig Minuten lang aß der alte Mann, dass selbst Higgins die Augen übergingen. Und dann saß er ihnen auf dem Revier gegenüber, mit lustig funkelnden Augen und durchaus wieder mit Gott und der Welt versöhnt.
    »Wie heißen Sie?«, fragte ihn Reen Marschall, der diensttuende Sergeant im Revier.
    »Daddy Brettman«, erwiderte der Alte.
    »Daddy«, wiederholte der Sergeant. Er hatte Magengeschwüre und konnte kein freundliches Wort über seine Lippen bringen. »Wie kann einer nur Daddy heißen.«
    Beifall heischend blickte er sich im Revier um. Zwei junge Polizeianwärter beeilten sich, ihm zuzunicken.
    »Ja ja«, gab er Alte zu. »Daddy heiße ich nicht richtig. So nennen sie mich nur alle.«
    »Mich interessiert verdammt wenig, wie sie genannt werden«, bellte

Weitere Kostenlose Bücher