0213 - Wir stiegen ein ins Sarggeschäft
Danke.«
Morris nagte an seiner Unterlippe.
»Sie können doch nicht einfach jeden von der Straße weg verhaften, wenn es Ihnen gerade passt?«, brummte er unsicher.
»Doch, ich kann«, erwiderte Hammers trocken. »Jedenfalls bei einem Mordfall.«
»Aber zum Teufel, wer ist denn umgelegt worden?«, rief Bill Morris. »Wollen Sie mir das nicht endlich mal flüstern?«
Hammers zuckte die Achseln.
»Warum eigentlich nicht? Obgleich Sie es natürlich genauso gut wissen wie ich, aber schön, bitte: Heute Nacht wurde Recconi in seinem Wohnzimmer erstochen. In der Zeit, als Ihr Wagen vor seinem Hause parkte. Das mit dem Auto war ein Fehler, Morris. Sie konnten zwar nicht wissen, dass zufällig ein Streifenbeamter des Weges kommen würde, aber Sie hätten mit so etwas rechnen müssen. Wenn man einen umbringen will, kann man gar nicht vorsichtig genug sein.«
Morris presste die Lippen aufeinander, dass sie zwei schmale, weiße Striche wurden. Auf seiner Stirn traten kleine, glitzernde Schweißperlen hervor.
Unruhig zerrte er an seinen Fingern. Manchmal knackte ein Gelenk. Ich beobachtete ihn genau, aber ich wurde nicht schlau aus seinem Verhalten.
Plötzlich beugte er sich vor und fragte:
»Wie war das mit meinem Bruder?«
»Was meinen Sie?«, entgegnete Hammers.
»Na, Sie sagten doch was von Erpressung im Zusammenhang mit meinem Bruder.«
Hammers warf uns einen Blick zu. Anscheinend wollte er es uns überlassen, ob wir die Einzelheiten dieser Sache bekannt geben wollten oder nicht. Ich überlegte einen Augenblick. Entweder hing Bill Morris in der Geschichte mit drin, dann konnten wir ihm ohnedies nichts Neues erzählen. Oder aber er hatte wirklich keinen Kontakt mehr mit seinem Bruder, dann konnte es auch nicht schaden, wenn er die Wahrheit erfuhr. Ich erzählte ihm die Geschichte. Als ich geendet hatte, senkte Bill Morris den Kopf. Eine Weile war es totenstill im Raum. Ohne den Kopf zu heben, murmelte Bill Morris:
»Ich hab’s ihm schon vor einem halben Jahr prophezeit, dass es einmal so mit ihm enden würde. Er wollte es ja nicht glauben… Hören Sie. Machen Sie mir bitte noch mal klar, was ich mit der Geschichte zu tun haben soll.«
»Wie oft sollen wir Ihnen das noch sagen?«, schnaufte Hammers. »Recconi, der heute Nacht statt des Geldes Ihrem Bruder zwei G-men auf den Hals schickte, wurde ermordet. Und Ihr Wagen stand in der fraglichen Zeit vor Recconis Haus.«
Bill Morris nickte ein paarmal.
»Kapiert«, murmelte er. »Jetzt hab ich’s kapiert. Aber Sie irren sich. Ich habe wirklich nichts mit Recconis Ermordung zu tun, genauso wenig wie ich etwas mit der Erpressung zu tun hatte. Ich weiß allerdings etwas. Und ich bin nicht so verrückt, dichtzuhalten, wo es um meinen Hals geht. Hören Sie zu. Ich kann Ihnen einen Tip geben…«
***
Die Brust des Sergeanten Marshall hatte die größtmögliche Ausdehnung erreicht. Der Mund in seinem puterroten Gesicht öffnete sich. Jeden Augenblick musste das Gewitter losbrechen.
»Sir«, sagte Daddy Brettman ruhig, »Sie haben Magengeschwüre. Da sollten Sie jede Aufregung vermeiden.«
Einen Augenblick saß Marshall wie erstarrt. Da er die Luft nicht länger anhalten konnte, gab er ihr den Weg frei. Sein Brustkorb sackte zusammen. Es sah aus, als ob von einem Gummitier die Luft abgelassen würde.
»Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Daddy mit gerunzelter Stirn. »Ach so, ja, ich weiß. Wie ich in den Sarg kam. Also das will ich ihnen jetzt genau erklären. Es wird nämlich höchste Eisenbahn, dass sich die Polizei endlich mit der Geschichte befasst. Also passen Sie mal auf, Sir.«
Marshall nickte. Aus irgendeinem Grunde war ihm der Alte plötzlich sympathisch geworden.
»Bei uns in New York gibt es den St.-Clemens-Friedhof«, erklärte Brettman. »Das ist nur ein ganz kleiner Friedhof, aber er unterscheidet sich von all den vielen anderen. Bei uns lassen sich fast nur Italiener begraben. Und die nehmen das sehr genau, Sir. Da wird nicht einfach so ein Erdhügel hingeworfen und ’n Stein ans Kopfende gesetzt. Oh nein. Ein Grab das muss nach etwas aussehen. Ein paar Säulen, ein großes Relief, womöglich noch ein paar schöne Figuren. Sie können sich sicher vorstellen, dass ein solches Grab mehr Platz wegnimmt als ein gewöhnliches. Es kann sich ja auch nicht jeder so ein Grab leisten, aber doch mehr Leute als man für möglich halten sollte. Das Ergebnis ist selbstverständlich, dass es bei uns dauernd an Platz fehlt. Was sollen wir machen? Wir
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