0213 - Wir stiegen ein ins Sarggeschäft
die schwere Last abzuschütteln, aber ein Paar affenartige Arme schlangen sich von hinten her um meinen Hals.
Aufs Geratewohl schlug ich mit der Pistole nach hinten. Ein dumpfer, nur halb unterdrückter Schrei wurde laut. Ich zog die Knie an und schüttelte mich. Der Griff an meinem Hals lockerte sich. Ein weiterer Ruck befreite mich von der Last meines Gegners.
Ich kam auf die Beine. Der Gegner aber auch. Aber ich hatte meinen Hut verloren, und der dichte Regen lief mir schon über die Brauen in die Augen. Etwas Schwarzes, Undeutliches schoss auf mich zu. Ich hörte meinen Ärmel ratschen. Die Klinge eines Messers fuhr mir glutheiß über den linken Unterarm. Blindlings schlug ich mit der Pistole nach vorn.
Ein lautes Stöhnen war die Antwort auf meinen Schlag. Der Gangster taumelte einen Schritt zurück. Ich stolperte nach vorn und bekam ihn zu fassen. Meine Linke krallte sich in den Aufschlag seines Regenmantels. Mit der Rechten drückte ich ihm die Pistole gegen die Rippen.
»Gib’s auf«, keuchte ich atemlos.
Ein paar Sekunden lang standen wir beide völlig regungslos. Irgendwo in der Feme heulte eine Polizeisirene. Ein Hund kläffte wütend. Der Regen prasselte noch immer in gleich bleibender Wucht herab. Unser Atem ging pfeifend. Mein Gehirn registrierte jedes einzelne Geräusch, während sich meine Augen vergeblich bemühten, Einzelheiten in seinem Gesicht auszumachen. Erst als seine Haltung schlaffer wurde, glaubte ich, der Bursche wollte endlich aufgeben.
»Los«, stieß ich hervor. »Lass das Messer fallen.«
Er zögerte nur eine Sekunde. Dann verriet ein Klatschen zu meinen Füßen, dass er meinem Befehl nachgekommen war. Ich trat einen halben Schritt zurück.
»Hände hoch«, sagte ich.
Wieder zögerte der Gangster. Unendlich langsam krochen seine Arme hoch.
Und dann ging auf einmal alles blitzschnell. Ich sah undeutlich, wie seine beiden Fäuste herunterfuhren, ich spürte den harte Schlag auf mein rechtes Handgelenk, und ich hörte im selben Sekundenbruchteil auch schon den Schuss, der sich aus meiner Waffe gelöst hatte.
Ich sprang zwei, drei Schritte zurück. Mein linker Unterarm brannte wie Feuer. Der rechte Arm hing an meiner Seite herunter, als ob er mir gar nicht gehörte. Wenn der Kerl jetzt noch seine Kanone zieht… schoss es mir durch den Kopf.
Aber der Mann sackte bereits langsam zur Seite, kippte gegen eine der Mülltonnen und riss sie mit sich zu Boden. Fluchend suchte ich meine Taschenlampe, knipste sie an und trat vorsichtig einen Schritt auf ihn zu.
Der Gangster lag auf der Seite. Der Regen tropfte in sein verzerrtes Gesicht und in die weit offenstehenden Augen. Er bewegte sich nicht mehr.
***
»Bleiben Sie ruhig sitzen, Sir«, sagte der Sergeant aus dem Streifenwagen, während er mit beiden Händen das Verbandspäckchen auseinander riss. »Eine Fleischwunde, Sir, nicht einmal sehr tief. Aber trotzdem sollten Sie möglichst schnell einen Arzt auf suchen. Man kann auch an einer Blutvergiftung sterben.«
Der Sergeant zeigte mit dem Daumen über seine Schulter. »Was war denn das für einer?«
»Ein Erpresser«, antwortete ich. »Ein kleiner Erpresser. Nicht einmal ein großer Fisch. Nur eine ganz kleine Nummer.«
Der Sergeant stutzte.
»Komisch«, murmelte er und schüttelte den Kopf. »Ich dachte immer, Erpresser wären so was Ähnliches wie Taschendiebe oder Heiratsschwindler. Die neigen doch selten zur Gewalt. Aber der da muss wohl eine Ausnahme gewesen sein.«
Ich schnipste den Zigarettenrest in die nächste Pfütze, in der er mit einem Zischen erlosch.
»Ja«, sagte ich nachdenklich. »Der Kerl muss wirklich eine Ausnahme gewesen sein. Es gibt nicht viele Gangster, die einen G-men noch angreifen, wenn er ihnen schon die Pistole gegen die Rippen drückt.«
Phil kam heran und brachte meinen Hut mit.
»Alles in Ordnung, Jerry?«, fragte er besorgt.
»Bei mir… ja«, erwiderte ich. »Die Schramme auf dem Arm ist nicht der Rede wert.«
Mein Freund nickte und drehte sich um. Bei den Mülltonnen war jetzt alles taghell erleuchtet. Die Cops vom nächsten Revier hatten zwei Standscheinwerfer aufgebaut Ein Mann in Zivil hüpfte auf Zehenspitzen um die Pfützen herum. Er fotografierte die Leiche. Gerade ein G-men kann einen Gangster nicht einfach erschießen, ohne genauestens Rechenschaft abzulegen.
Nach einiger Zeit kam der Lieutenant vom nächsten Revier heran, wischte sich das Regenwasser aus dem Gesicht und erkundigte sich nach unseren Namen. Wir sagten sie ihm
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