0214 - Die Leichenkutsche von London
zwar gefährliche Feinde, denen es nichts ausmachte, ihn zu töten. Die Warnung vorhin war nicht von ungefähr gekommen.
Der Weg vom Lokal zum Parkplatz wurde von Laternen beleuchtet. Es waren Gartenlampen. Die hellen Kugeln standen auf schwarzen Stielen, die etwa Hüfthöhe erreichten.
Nicht mehr als fünfzig Yard betrug die Entfernung, bevor der Weg in die Asphaltfläche mündete. Zuvor schlug er noch einen kleinen Bogen. Kane ging ein paar Schritte vor. Er suchte seine Autoschlüssel, die in irgendeiner Tasche steckten. Auch der Parkplatz war beleuchtet. Nur befanden sich hier regelrechte Bogenlampen, die ihr hartes Licht auf den Lack der Karossen warfen.
Als Kane den Parkplatz erreicht hatte und sich wunderte, daß der Aufpasser nicht erschien, da stolperte er über etwas Weiches. Sofort blieb er stehen.
Sein Blick fiel nach unten.
Der Mann lag am Boden.
Tot!
Und ihm fehlte das halbe Gesicht!
***
Sofort kam Kane die Warnung in den Sinn. Sein Mund wurde zu einem Strich, die Züge versteinerten, und in den Knien spürte er ein weiches Gefühl. Er roch Lanas Parfüm und wußte, daß sich die Frau dicht hinter ihm befand.
»Was ist denn?« fragte sie. »Warum gehst du nicht weiter?«
»Bleib hinter mir.«
Sie bewegte sich, schaute an Kane vorbei und sah ebenfalls die Leiche.
Der Gangster drehte den Kopf. Er erkannte das maskenhaft starre Gesicht seiner Freundin und wußte, daß es nur noch Sekunden dauern würde, bis Lana anfing zu schreien.
Seine rechte Hand legte sich auf ihren Mund. »Keinen Laut!« zischte er.
Große Augen starrten ihn an. Panik und Angst ließen den Blick daraus flirren, aber sie nickte, und der Mann löste vorsichtig seine Hand von ihren Lippen.
»Was…was willst du tun?« Lanas Brust hob und senkte sich unter schweren Atemzügen.
»Wir steigen in den Wagen und dampfen ab.«
»Wer hat ihn getötet?«
»Ich weiß es nicht.«
»Er sieht so schlimm aus.«
»Halt jetzt deinen Mund und komm.« Roh faßte Kane die Frau an und zog sie mit.
Der Jaguar stand am Anfang des Platzes, dicht an der Zufahrt. Sie mußten ein großes Stück freier Fläche überqueren, und jetzt nahmen ihnen auch keine Büsche mehr die Sicht, so daß beide erkennen konnten, was dort in der freien Mittelreihe zwischen den abgestellten Wagen stand.
Es paßte dorthin wie die Faust aufs Auge.
Eine schwarze Leichenkutsche!
***
Lana begann zu zittern, während Rod Kane seinen Schritt ruckartig gestoppt hatte. Er sah den Leichenwagen und glaubte, in einen Horrorfilm versetzt worden zu sein.
Im Licht der Lampen erkannte er deutlich die beiden pechschwarzen Pferde, die vor die Kutsche gespannt worden waren. Das Geschirr war ebenfalls schwarz. Die Tiere hielten die Köpfe gesenkt und starrten zu Boden, als ginge sie das alles nichts an.
Kein Mensch saß auf dem Bock, der von zwei einsamen brennenden Laternen eingerahmt wurde. Der Aufsatz des Wagens bestand aus schwarzlackiertem Holz, und Scheiben ließen einen Blick in das Innere zu, in das ebenfalls ein fahles Licht strahlte und zwei schwarze, aufgeklappte Särge aus dem Dunkeln riß.
Vier Federbüsche standen auf dem Dach der Kutsche, und die beiden Holzräder an jeder Seite zeigten ebenfalls eine schwarze Farbe. Sie glänzte, als wäre sie zusätzlich mit Klarlack bestrichen worden.
Ein schauriges, unheimliches Gefährt, das einem Menschen Angst machen konnte, und selbst dem abgebrühten Gangster Rod Kane wurde es verdammt unwohl.
Erst die Leiche, jetzt der Wagen. Gab es da vielleicht einen Zusammenhang?
Kane schüttelte sich, als hätte jemand Wasser über seinen nackten Körper gegossen, und seine Hand verschwand unter dem eleganten Jackett, wo die flache Luger steckte.
Er zog die Pistole.
Still war es.
Hinter den beiden lag der Tote. Der sagte sowieso nichts mehr. Vor ihnen standen als stumme Zeugen die Luxusschlitten der Clubbesucher, und die Bäume, die den Parkplatz umsäumten, schwiegen ebenfalls.
Aber da stand der alte Leichenwagen. Eine Kutsche aus dem vorigen Jahrhundert, und es befanden sich die beiden offenen Särge innerhalb des Wagens.
Für wen waren sie gedacht? Für ihn und das Mädchen etwa?
Rod Kane knirschte hörbar mit den Zähnen, als er darüber nachdachte und er wußte, daß er so rasch wie möglich seinen Wagen erreichen und starten mußte, denn irgendwo in den Büschen oder hinter den Bäumen lauerte die Gefahr.
Die Leichenkutsche versperrte den Weg zum Ausgang. Wenn Kane wegwollte, mußte er seinen Jaguar durch die
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