0215 - Endstation des Grauens
den Mund öffnete. „Wenn Sie mit ‚ja' geantwortet hätten, würde ich Ihnen nämlich entgegenhalten, daß auch Sie nicht von allein auf den Gedanken gekommen wären, man könnte sechs gigantische Sonnen wie Erbsen auflesen und zu einem Sechseck ordnen und sie noch dazu so beeinflussen, daß sie bei Annäherung eines Raumschiffes automatisch ihren Transmitterbogen aufbauen!"
Professor Kalups Hängebacken zitterten vor Empörung. Er gab ein Schnaufen von sich, das sich wie entweichender Dampf anhörte.
Aber bevor er etwas sagen konnte, schrillte die Alarmglocke.
Eine dröhnende Baßstimme hallte durch die Zentrale.
„Bitte schnallen Sie sich an, meine Herren! Automatortung meldet einen schweren Magnetsturm aus Sektor Grün; nur 0,210613 Grad Überhöhung. Es könnte etwas ungemütlich werden."
Julian Tifflor hatte im gleichen Augenblick den Hyperphysiker vergessen. Angespannte Erwartung im Gesicht, ließ er sich in den Sessel neben Oberst Halle Trontor fallen, den epsalischen Kommandanten der PERIKLES, eines Superschlachtschiffes der Solaren Flotte.
Er richtete keine Frage an Trontor. Wenn der Epsaler vor einem Magnetsturm warnte, dann meinte er keinen der hier üblichen Entladungsstürme. Besorgt musterte Tifflor die Anzeigen der Ortung. Hier sah es ein wenig anders aus als auf den Bildschirmen der Panoramagalerie. Das, was dort von Zeit zu Zeit wie eine Kette kugelförmiger Reflektoren aufgeflammt war, stand hier als unüberschaubarer Schwarm grünlicher Ortungsreflexe relativ unbeweglich im Raum: Achttausend Raumschiffe der Solaren Flotte...!
Des Großadministrators Befehl, überbracht von dem Kommandanten der ANDROTEST I, dem ersten terranischen Raumschiff mit einer Reichweite von einer Million Lichtjahren, hatte eine gewaltige Streitmacht vor das Sonnensechseck im Zentrum der Galaxis hervorgerufen. Fünftausend der achttausend Raumschiffe waren schwere und schwerste Einheiten der Solarflotte, die restlichen dreitausend stellten quasi nur gigantische Transporthüllen dar, ausgerüstet mit allen Gütern, die zur Errichtung eines Stützpunktes inmitten des Leerraums benötigt wurden.
Und nun bangte der Oberbefehlshaber dieser Streitmacht um seinen titanischen Schiffsverband, weil eine Automatortung einen Magnetsturm gemeldet hatte.
„Überlegen Sie, ob die Besatzungen aufgeweckt werden sollten...?"
Julian Tifflor wandte sich nicht um. Er nickte nur. Professor Kalup hatte genau sein Hauptproblem berührt. Das galaktische Zentrum war wegen seiner unvorhersehbaren Magnetstürme berüchtigt.
Immer wieder verschwanden Raumschiffe, darunter selbst schwerste Einheiten, spurlos in diesem energetischen Hexensabbat. Normalerweise hätte für einen dicht aufgeschlossenen Pulk dieser Größenordnung jene Gefahr nicht bestanden. Auch ein schwer angeschlagenes Schiff verschwand nicht von einer Sekunde zur anderen. Stets würde Zeit genug bleiben, zumindest die Besatzung zu retten.
Wenn die Besatzung in der Lage war, sich retten zu lassen!
Keine von den achttausend Schiffsbesatzungen war augenblicklich dazu in der Lage. Die fürchterlichen Ent und Rematerialisierungsschocks beim Durchgang durch den Sechsecktransmitter ließen sich nur dann ohne schwerwiegende psychische Schäden ertragen, wenn die organische Besatzung sich in einer Tiefkühlnarkose befand.
Die Flotte stand zum Transmitterdurchgang bereit. Tifflor wartete nur noch auf die Bestätigung, daß die ersten drei ausgesandten Spezialschiffe wohlbehalten im Twin-Empfänger angekommen waren.
Und achttausend Schiffsbesatzungen - mit Ausnahme der zahlenmäßig geringen Zentrale-Bereitschaften - befanden sich in der Tiefkühlnarkose und damit in einem Zustand, der von der Medizin als nahezu gleichbedeutend mit „klinisch tot" bezeichnet wurde.
„Nein!" sagte Tifflor laut, und seine Stimme klang rauh. „Es wäre sinnlos. Keiner würde schnell genug zu sich kommen, um in einem Katastrophenfall handlungsfähig zu sein. Statt dessen würden sie nur die Zentrale-Bereitschaften behindern."
Außerdem - aber das äußerte Tifflor nicht laut - wäre es für eine von vornherein verlorene Schiffsbesatzung besser, nicht zum untätigen Zuschauer ihres eigenen grausigen Todes zu werden.
„Ich werde verrückt!" äußerte Oberst Trontor spontan.
„Entschuldigung, Sir", fügte er etwas verlegen hinzu.
Tifflor winkte ungeduldig ab.
„Was gibt es?"
Haile Trontor schüttelte seinen mächtigen Schädel. Offenbar kämpfte er noch mit schweren Zweifeln. Dann gab er
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