0219 - Das Grab im Korallenriff
das hübsche Mädchen würde nun genau das Richtige sein. Ihre samtweiche Haut, ihr schlanker, biegsamer Körper, ihr…
An mehr vermochte Esteban nicht zu denken, da im gleichen Moment etwas in seinem Schädel explodierte. Mit verwunderten Augen starrte er auf das nackte Mädchen, das in der rechten Hand noch den fragmentarischen Rest einer Weinflasche hielt. Dann raste der schwarze Schatten der Ohnmacht auf Esteban zu und nahm ihn auf.
Elke Dörr atmete tief durch. Die Gefahr war gebannt. Vorläufig wenigstens. Sie mußte Nicole suchen und befreien. Denn die Segel dort am Horizont, wer wußte denn, ob das nicht auch ein Kahn von Verbrechern war? Von den drei Booten, die von der Küste her schnurgerade auf die Jacht zuhielten, ganz zu schweigen.
Das blonde Mädchen wollte eben unter Deck gehen, als etwas Ekligschleimiges sich um ihr Fußgelenk ringelte…
***
»Die Wesen auf dem Schiff denken böse Gedanken!« hörte er den Befehl des Gebieters aus dem Grab. »Hole sie zu mir herab!«
Und der gewaltige Polyp gehorchte. Aber er konnte zwar Menschen orten, jedoch nicht ihre Gedanken lesen. Und das einzige Wesen, was sich derzeit an Bord der Jacht bewegte und dachte, das war Elke Dörr.
Für den Kraken war es das Opfer, das der Gebieter beschrieben hatte. Und er würde es holen.
Wie Schlangen begannen sich die Spitzen der Tentakel über das Deck zu ringeln. Und dann… Dann ertasteten die empfindlichen Saugnäpfe das Bein des Mädchens. Im nächsten Moment ringelte es sich in tödlicher Umschlingung darum.
Elke Dörr kreischte auf, als sie bemerkte, was ihren Fuß festhielt. Im gleichen Augenblick fiel ein anderer Fangarm wie eine Peitsche um ihre schlanke Hüfte.
Elke Dörr bekämpfte den aufkommenden Ekel. Verzweifelt griff sie in die nachgiebige Fleischmasse und versuchte, den Tentakel von ihrem Körper loszureißen.
Es war wie der Versuch einer Fliege, aus einem Spinnennetz zu entkommen. Und schon ringelte sich der nächste Fangarm heran, sogen sich die Saugnäpfe fest.
Verzweifelt ließ das Mädchen ihren Blick hin- und herirren. Eine Axt -oder ein Messer! Hier mußte doch so etwas herumliegen! Aber es war nichts da.
Langsam, stetig, fühlte sich das Mädchen fortgezogen. Sie hatte schon viele Gruselgeschichten von Riesenkraken gelesen - und sich immer davor gefürchtet. Und nun - in wenigen Atemzügen würde sie das Untier über Bord gerissen haben. Dann die letzte, tödliche Umarmung und das schwere Ende des Ertrinkens. Und das Grab im papageienartigen Schnabel des Untiers. Trotz der heißen Sonnenstrahlen fröstelte eine Gänsehaut über Elke Dörrs Körper.
Ihre Finger grabschten die Reling und klammerten sich daran. Unter sich im Wasser sah sie wie einen dunklen, vielarmigen Stern die Silhouette des Riesenkraken. Die starken Tentakel schüttelten das schreiende Mädchen. Gleich… Gleich mußten ihre Kräfte erlahmen…
***
»Da ist was los auf der Jacht!« schrie Michael Ullich aus seinem Ausguck. »Da kämpfen welche…«
»Was noch, Micha?« fragte Zamorra aufgeregt. Er hatte von irgendwo Tauchgeräte aufgegabelt und machte sie mit fliegenden Fingern einsatzbereit. Die Reaktion des Amuletts hatte ihn in höchste Alarmstufe versetzt.
»Das ist ja… Das ist ja Elke!« hörte er die Stimme aus dem Mast. »Na warte, denen werden wir die Suppe versalzen. Laß mich ans Steuer, Carsten!« Und wie ein Klabautermann kam Michael Ullich an einem Seil heruntergerutscht.
Professor Zamorra hatte sich währenddessen das Fernrohr geangelt. Wie ein Radioreporter schilderte er den beiden Freunden die Vorgänge auf der Jacht, die sie im Moment noch als hilflose Statisten sahen.
Aber nicht mehr für lange! Denn mit vollen Segeln näherte sich die ULYSSES. Und Zamorra wußte, daß er dem, der Nicole auch nur ein Haar gekrümmt hatte, einige unangenehme Augenblicke bereiten würde.
Das Triumphgebrüll, daß Elke Dörr ihren Gegner niedergeschlagen hatte, wurde abgelöst von dem Entsetzensschrei dreier Kehlen, als sie die Tentakel des Kraken auftauchen sahen. Nahe genug waren sie heran, um die sich windende Mädchengestalt in den Fangarmen des Polypen mit bloßen Augen zu sehen. Höchstens noch fünfzig Meter… Und doch… Würde ihre Kraft ausreichen?
Mit einem Satz war Michael Ullich bei den Taucherausrüstungen. Professor Zamorra half ihm, die Preßluftflaschen aufzuschnallen. Das Aufsetzen der Taucherbrille, das Anziehen der Schwimmflossen und die Einstellung des Atemgerätes waren eins. In der
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