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022 - Der Sarg der tausend Tode

022 - Der Sarg der tausend Tode

Titel: 022 - Der Sarg der tausend Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Dunkelheit sie vollends auf.
    Für mich ergab sich nun die Frage, ob ich im Glashaus bleiben oder versuchen sollte, mir einen dieser Blinden zu holen. Die zweite Möglichkeit entsprach eher meinem Naturell.
    Ich wartete und verkroch mich nicht gern. Ich packte den Stier lieber bei den Hörnern. Vorsichtig richtete ich mich auf. Auf den Colt Diamondback mußte ich in dieser Situation verzichten.
    Es lag nicht in meiner Absicht, einen dieser Menschen zu verletzen. Die schwarze Macht hatte sie schon mit Blindheit geschlagen. Es sollte ihnen nicht noch mehr zustoßen.
    Langsam pirschte ich durch das Glashaus auf einen der Ausgänge zu. Bevor ich die Tür öffnete, ballte ich meine Rechte zur Faust. Der magische Ring mußte mich vor Schaden bewahren.
    Die Tür schwang zur Seite. Die kühle Luft, die über mein Gesicht strich, empfand ich angenehmer als die Luft im Glashaus. Ich schlich in die Richtung, die auch die Blinden eingeschlagen hatten.
    Vorbei am zweiten Glashaus, auf eine kleine Baumgruppe zu – und plötzlich entdeckte ich den Mann, der sich in meinen Wagen gesetzt hatte. Er stand neben einem blattlosen Busch, wandte mir den Rücken zu.
    Er sollte derjenige sein, welcher… Ich war neugierig, wie er auf meinen Ring reagierte. Vier Schritte trennten mich nur noch von ihm. Ich schob meinen Fuß sachte über den Boden und belastete ihn erst, wenn ich ganz sicher sein konnte, daß kein Geräusch mich verraten würde.
    Der Mann ging zwei Schritte weiter, blieb wieder stehen. Als ich nur noch einen Schritt von ihm entfernt war, holte ich zum Schlag aus. Dann machte ich den letzten, den entscheidenden Schritt, der mich ganz an meinen Gegner heranbrachte.
    Ich schlug zu, traf den Mann, und er fiel wie ein gefällter Baum um. Reglos lag er auf dem Boden. Ich beugte mich über ihn, um zu sehen, wie stark die Magie meines Rings auf ihn ein eingewirkt hatte.
    Da knackte hinter mir ein Ast, und ich fuhr wie von der Natter gebissen herum. Da stand ein wasserstoffblondes Mädchen. Mit beiden Händen umklammerte sie den Stiel eines Spatens, den sie zum Schlag erhoben hatte.
    Das Eisenblatt sauste auf mich zu. Ich ließ mich fallen, doch zu spät. Der Spaten traf meinen Kopf – und für mich riß der Film.
    ***
    Den Rekord hatte Neville O’Neill vor etwa einem halben Jahr aufgestellt. Da hatte er mit seinem Telefonpartner mal bis vier Uhr früh Schach gespielt, und in dieser Nacht schien wieder einmal so eine Marathonpartie zu laufen.
    John Flobster in Glasgow war eine harte Nuß. Ein fuchsschlauer Schachspieler war das, der sich nur selten überlisten ließ und selbst eine Vielzahl raffiniertester Tricks beherrschte.
    Es existierte eine Abmachung zwischen O’Neill und Flobster.
    Keiner von ihnen würde je irgendein schlaues Buch zu Rate ziehen, um die Partie für sich zu entscheiden, und beide waren so ehrlich und so fair, sich an diese Vereinbarung zu halten.
    O’Neill hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt, daß Flobster niemals schummelte, und umgekehrt war es genauso. Seit drei Jahren spielten sie nun schon Telefonschach.
    Sie hatten einander auf einem britischen Turnier kennengelernt und frönten ihrer Leidenschaft seither mit größtmöglicher Regelmäßigkeit. Soeben hatte John Flobster angerufen und seinen Zug durchgegeben.
    Flobster hatte Weiß. Neville O’Neill stellte die Figur des Gegners auf das gewünschte Feld und erkannte, daß Flobster seinen beabsichtigten Angriff durchschaut und mit diesem Zug zunichte gemacht hatte.
    O’Neill, ein behäbiger, grauhaariger Mann, der selbst dann korrekt gekleidet war, wenn er allein zu Hause war, kratzte sich schmunzelnd hinter dem Ohr.
    »Verflixter Kerl«, sagte er, und in seiner Stimme schwang Anerkennung mit. Es war ein Vergnügen, mit Flobster zu spielen. O’Neill schätzte die intelligente Wachsamkeit seines Gegners sehr.
    Noch nie war es ihm gelungen, John Flobster zu überfahren, denn der Mann in Glasgow war immer auf der Hut, da konnte es noch so spät sein. Flobsters Konzentration ließ niemals nach.
    »So ein verflixter Kerl«, sagte Neville O’Neill noch einmal und umrundete das Schachbrett, das mitten im Wohnzimmer seines Hauses stand.
    Er strich mit dem Zeigefinger nachdenklich über den sorgfältig gestutzten Oberlippenbart, während er hin und her überlegte, wie er Flobster doch noch erwischen konnte.
    Die Partie war noch ausgeglichen, mit einem hauchdünnen Vorteil für Schwarz. Weiß war bisher ständig im Zugzwang gewesen und hatte noch keinen

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