022 - Ich der Vampir
zurückbekommen hatte.
Er erreichte die Tür. Sie war verschlossen. Fluchend rüttelte er an der Klinke. Vergeblich. Es gab kein Schloss, und dennoch war sie abgeschlossen. Vielleicht durch einen Riegel an der Außenseite, obwohl er sich nicht erinnern konnte, etwas Derartiges bemerkt zu haben, als Katalin ihn in diesen Raum; führte. Er war blind in eine Falle gerannt.
Er sah sich um. Es gab zwei Lampen in dem geräumigen Zimmer, lüsterartige Gebilde aus funkelndem Glas. Aber nirgends fand er einen Schalter dazu.
Das klopfende Geräusch des Fensterladens machte ihn verrückt. Das Licht war plötzlich grell in seinen Augen und rief einen Schmerz hervor. Die Sonne loderte wie Feuer. Schwindel erfasste ihn, dass er taumelte. Er klammerte sich am Bettgestell fest und unterdrückte das wahnsinnige Verlangen, das Fenster zu schließen und in dieser wohligen Dunkelheit einfach zu verlöschen.
Das Verlangen war stärker, aber seine physischen Kräfte reichten nicht mehr aus, bis zum Fenster zu gelangen. Er stürzte auf halbem Weg ohne es zu fühlen. Er lag am Boden, mit dem Gesicht nach oben und verfluchte das Licht. Alles war gefühllos, nur dieses Licht tat weh. Die Konturen des Zimmers verschwammen vor seinen Augen.
Er wusste nicht, wie lange er so lag. Aber es war endlos. Das Licht lähmte ihn. Er befand sich in einer totenähnlichen Starre. Er konnte denken, aber er spürte nichts außer dem Schmerz, der vom Licht herrührte.
Als endlich die Sonne hinter den Hügeln verschwand, wurde der goldene Glanz zum Dämmerlicht, und der Schmerz erträglicher. Doch es währte noch Stunden, bis die Abenddämmerung kam, und Vick Leben in sich hineinkriechen fühlte, und Wärme und Kraft.
Als die letzte Glut der Sonne den roten Widerschein des Himmels in den Fensterspalt warf und den Raum mit blutigem Licht erfüllte, das ihn seltsam erregte, war plötzlich Bewegung im Raum.
„Vick, mein Liebster“, sagte eine vertraute Stimme.
Katalins Hände streichelten sein Gesicht. Er spürte ihre Lippen auf seinen. Er versuchte sich aufzurichten und war dankbar für ihre hilfreichen Arme.
„Katalin“, sagte er schwach. „Was hast du mit mir vor?“
„Du bist krank, mein Liebster“, sagte sie. „Die Sonne macht dich ganz krank. Warte, bis sie untergegangen ist. Die Nacht ist kühl und wird deine Schmerzen lindern.“
„Die Sonne?“ fragte er. Langsam wurden die Dinge wieder klar. Selbst die Schwäche schien zu schwinden.
Sie half ihm hoch. Er sank schwer auf das Bett.
„Ja, die Sonne“, wiederholte sie. „Sie hat das Fieber geweckt. Du hast phantasiert. Du wolltest fort, mein Liebster, aber ich konnte dich nicht fortlassen in diesem Zustand. Deshalb musste ich dich vorübergehend einschließen.“
Wenigstens ein Teil des Alptraums schien Realität zu sein. Er war also nicht völlig verrückt. Er atmete auf. Dann dachte er an das Fenster. Verwundert starrte er darauf. Der Laden war wieder geschlossen. Das dazwischen geklemmte Stuhlbein war verschwunden. Vor dem Fenster stand der Stuhl – unversehrt.
Als könnte sie seine Gedanken lesen, sagte Katalin: „Du wolltest aus dem Fenster springen, Vick. Ich musste dich mit aller Kraft zurückhalten.“
War es möglich, fragte er sich, dass der Alptraum die Realität verfälscht hatte, dass er glaubte, sich mit einem windgepeitschten Fensterladen herumzuraufen, während in Wirklichkeit Katalin versuchte, ihn zurückzuhalten, aus dem Fenster zu springen? Er schüttelte sich unwillkürlich. Es klang plötzlich so verdammt plausibel. Was war nur mit ihm geschehen? Die Erinnerung an die Schwäche war deutlich. Er zweifelte nicht daran, dass er krank war. Er spürte es ja.
„Warst du heute Nacht bei mir, oder habe ich das auch nur geträumt?“ fragte er unsicher.
Sie nickte. „Ja, ich war bei dir, mein Liebster.“
„Du lagst bei mir im Bett, und wir …?“ begann er.
Erneut nickte sie. „Ja, wir haben einander geliebt, Vick. Du hast es nicht geträumt. Aber plötzlich begannst du von einem Abgrund zu reden, in den du fielst. Ich dachte erst, dass du mir von einem Erlebnis berichten wolltest, aber dann fingst du an zu schreien, da wusste ich, dass du phantasierst. Als gegen Mittag die Sonne ins Tal fiel, war es am schlimmsten.“ Sie streichelte seine Stirn. „Aber jetzt ist alles kühl und bleich. Jetzt gibt es nicht, das deinen Verstand trüben könnte.“
„Außer dir“, sagte er und lächelte matt.
Sie erwiderte sein Lächeln.
„Wo ist Fräulein
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