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022 - Schreie aus dem Sarg

022 - Schreie aus dem Sarg

Titel: 022 - Schreie aus dem Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Minuten später war der Sarg mit einem rasch herbeigeholten Brecheisen
geöffnet. Die angenagelten Bronzescharniere hingen klappernd an den Seiten
herab. Als der Deckel dumpf auf den rohen Boden fiel, war Madame Simonelle die
erste, die sich über den geöffneten Sarg beugte.
    Bleich und leblos lag Charlene Simonelle darin. Sie hatte die schmalen
Hände auf der Brust gefaltet. Die Augen und der Mund waren ein wenig geöffnet.
Sie erweckte den Eindruck, als würde sie nur schlafen. Ihr Gesicht war ruhig
und entspannt, und um ihre Lippen lag ein leichtes Lächeln. Langsam kamen die
Umstehenden näher und riskierten ebenfalls einen Blick in den geöffneten Sarg.
    »Charlene ist tot«, flüsterte Philipe Simonelle. »Das Ganze war ein
Irrtum.«
    »Irrtum, Philipe! Der Schrei kam aus
dem Sarg !«
    Philipe Simonelle erschrak über die hartnäckige Stimme seiner Gattin.
    Madeleine Simonelle wandte sich an ihren Sohn Jean-Pierre. »Geh hinüber ins
Haus«, sagte sie mit ruhiger Stimme. Sie sah sich nicht um, obwohl sie die
Blicke der anderen beinahe körperlich spürte. Nichts war ihr peinlich. Sie ging
von einer anderen Überlegung aus als Philipe.
    »Ruf Dr. de Freille an, bitte! Er soll sofort kommen!«
    Jean-Pierre nickte nur und verschwand. Seine Schritte hallten durch das
Gewölbe. Dann klappte die Tür zur Kapelle.
    Qualvolle Minuten vergingen. Niemand wagte es, eine Bemerkung zu machen.
Man sah sich nur an und schwieg, und man war schließlich froh, als Jean-Pierre
zurückkam.
    »Er ist sofort da, Mutter«, sagte er leise. Er brachte es nicht fertig,
laut zu sprechen. Die Umgebung, die Situation hinderte ihn automatisch daran.
    Dr. de Freille ließ genau zehn Minuten auf sich warten. Er war der Hausarzt
der Familie, ein hervorragender Mediziner, der bereits den Totenschein für
Charlene Simonelle ausgestellt hatte.
    De Freille brauchte nicht zu fragen, was sich ereignet hatte. Jean-Pierre
Simonelle hatte ihn bereits am Telefon über den Vorfall unterrichtet.
    »Ich möchte, dass Sie noch einmal eine Untersuchung vornehmen, Doktor«,
sagte Madame Simonelle. Die Augen hinter dem schwarzen Schleier funkelten. »Ich
fürchte – dass meine Tochter scheintot ist!«
    Dr. de Freille schüttelte kaum merklich den Kopf. »Aber Madame«, sagte er
leise.
    »So etwas gibt es doch, nicht wahr?« Sie ließ ihn erst gar nicht dazu
kommen, weiterzureden. Philipe Simonelle sah hilflos auf den Arzt.
    »Ja, natürlich, Madame«, erwiderte de Freille. »Aber es kommt sehr selten
vor, und meistens bemerkt man es rechtzeitig.«
    »Das ist ein schwacher Trost, den Sie mir da geben. Bitte, untersuchen Sie
Charlene noch einmal! Aber gründlich!«
    Er tat es. Nichts in seiner Miene ließ erkennen, ob mit Widerwillen oder
nicht. Dies hier war nicht nur peinlich für die ganze Gesellschaft, sondern der
Vorfall war auch eine Blamage für die Familie Simonelle.
    De Freille horchte die Herztöne ab und hielt der Toten einen Spiegel vor
den Mund. Bedauernd schüttelte er den Kopf. »Charlene ist tot, Madame! Und
keine Macht der Welt kann sie wieder lebendig machen!«
    »Aber der Schrei, wir haben es gehört – wir haben es doch alle gehört«,
schrie Madeleine plötzlich, und ihre Stimme hallte laut und schrecklich durch
das Gewölbe und die dämmrige Kapelle. »Wir haben es doch alle gehört! Oder etwa
nicht?«
    Hilfeheischend sah sie sich um. Man wich vor ihr zurück wie vor einer
Wahnsinnigen, die plötzlich gefährlich wurde. Madeleine Simonelle lachte
plötzlich, und es hörte sich in dieser Umgebung so schaurig an, dass es Philipe
Simonelle eiskalt über den Rücken lief.
    »Oder bin ich etwa schon verrückt? Leide ich unter Halluzinationen?« Sie
sah einen nach dem anderen an. Aber niemand antwortete ihr.
    »Wir haben es gehört, Cherie, wir alle. Aber niemand ist sich offenbar
sicher, ob der Schrei wirklich aus dem Sarg kam. Er kann auch von der Tür her
gekommen sein.« Philipe Simonelle legte den Arm um die Schultern seiner Gattin.
Sie schmiegte sich an ihn, und dann folgte der Zusammenbruch. Ein Schluchzen
schüttelte ihren Körper.
    Die Blicke des Arztes und Simonelles trafen sich.
    »Ich werde mich um sie kümmern«, sagte Dr. de Freille. »Sie braucht
dringend Ruhe. Das alles war zu viel für sie. Wir sollten sie hinüber ins Haus
bringen. Ich werde ihr eine Spritze geben.«
    »Sie kann die Wirklichkeit nicht mehr von der Wunschwelt unterscheiden,
Doktor«, flüsterte Philipe Simonelle ihm zu. »Auch mir war es so, als ob der
Schrei

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