0220 - Die Stunde der Ghouls
dem Ende. Die Meute hetzte heran. Schon vermeinte Tina den heißen Atem in ihrem Nacken zu vernehmen. Ratschend glitt eine Krallenhand über ihre hautenge Jeans.
Da stieß sie mit dem rechten Fuß gegen einen kopfgroßen Stein. Mit einem gellenden Schrei vollführte sie einen halben Salto. Unsanft landete sie im Wüstensand.
Bevor sich das Mädchen wieder erheben konnte, war es eingekreist. Und diesmal, das wußte Tina, gab es kein Entrinnen. Klackend schlugen Zähne aufeinander. Sabbernder Speichel gab den Visagen der Ghouls ein Aussehen, das nur einem Alptraum entsprungen sein konnte.
Christina Berner erwartete den Tod. Gleich - gleich mußten sich die Leichenfresser auf sie stürzen. Hoffentlich, dachte sie, hoffentlich geht es schnell. Hoffentlich…
Aber vorerst geschah nichts. Die Kreaturen der Nacht, ihres Opfers nunmehr völlig sicher, begannen stampfend eine Art Tanz aufzuführen. In abartigen Bewegungen wanden sich ihre Körper. Ihre Klauenhände schwangen nach oben und schienen den Himmel herabreißen zu wollen.
Das knurrende Röhren aus ihren Kehlen war eine Melodie des Aberwitzes zu dieser Perversion auf die Kunst des Tanzes.
Es war ihre Nacht! Ihre Stunde! Und ihr Tanz!
Der Tanz der Ghouls.
***
Wenn Michael Ullich jemanden in Not sah, stellte er keine unnützen Fragen. Und er sah sich damit keineswegs als einen Typ an, der es darauf anlegt, stets den Helden zu spielen.
Normalerweise wägte er seine Chancen sehr gut ab. Aber hier hätte jedes Zögern den unzweifelhaften Tod des Mädchens zur Folge gehabt. Denn, daß er es hier nicht mit Gegnern aus normalem Fleisch und Blut zu tun hatte, das sagte ihm sein Verstand.
Wer einen Professor Zamorra zum Freund hat, der lernt schnell, die Welt der Dämonen und Gespenster als Realität zu betrachten. Denn der Mann, den sie den Meister des Übersinnlichen nannten, zog anscheinend die Geschöpfe der Hölle an wie der Honigtopf die Fliegen.
Michael Ullich hatte aber auch gelernt, daß Kraft und Schnelligkeit zwar keine direkten Waffen gegen dämonische Kräfte sind, daß man sich damit aber bis zu einem gewissen Grade wehren kann. Wenigstens gegen die unterste Schicht des Fußvolks von Satans Gefolge.
Der junge Mann, dessen Aussehen an einen Wikingerfürsten erinnerte, sah nur eine Chance. Durchbrechen und hinhaltender Kampf. Zamorra konnte nicht weit sein. Und der, das wußte Michael Ullich, würde mit seinem Amulett den Kampf viel wirkungsvoller fortsetzen können.
Wie von einem Katapult vorwärtsgeschleudert rannte Michael Ullich los. Mit wirbelnden Fäusten brach er sich Bahn. Es klatschte häßlich, als er die Körper der Ghouls traf. Stöhnen war die Antwort. Ächzend brachen zwei der Kreaturen zusammen.
Breitbeinig stellte sich Michael Ullich schützend über das Mädchen, die Arme angewinkelt, die Hände zu Abwehr und Angriff zu Fäusten geballt.
»Wer… wer sind Sie?« piepste es unter ihm.
»Der Märchenprinz von Bagdad!« knurrte Michael Ullich und fixierte die Meute, die das Paar lauernd umkreiste. »Kannst mich auch für ›Conan‹ halten oder für ›Luke Skywalker‹…«
»Luke… Luke Skywalker… « hauchte es unter ihm selig. In der Tat, es war Ullich noch nie aufgefallen, aber seine Ähnlichkeit mit Mark Hamill, dem Darsteller des Luke im »Krieg der Sterne«, war wirklich verblüffend.
Aber er hatte im Moment gar keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Die Ghouls hatten ihre Überraschung schnell überwunden.
Sehr schnell sogar. Denn das, was da ihren Kreis durchbrochen hatte, war zwar stark - aber ihrer waren viele. Es gab nun zwei Opfer.
Die Leichenfresser griffen an. Drei, vier und mehr düstere Gestalten drangen auf Michael Ullich ein. Fightend, stoßend und tretend versuchte der Junge, sich die unheimlichen Gegner vom Leibe zu halten. Und hinter seinen Fäusten saß enorme Kraft, denn seit er eine Art Leibwächter für Carsten Möbius darstellte, machte er in seiner Freizeit wieder Box- und Karatetraining.
Das rettete ihm in diesem Kampf ein über das andere Mal das Leben.
Er katapultierte seinen Körper in die Höhe und machte durch einen gezielten Tritt einen Gegner kampfunfähig. Und manch ein gezielter Uppercut, der auch einen gewichtigen Gegner von den Füßen gerissen hätte, schaffte ihm Raum.
Nicht einmal im Kino hatte Tina Berner einen solchen Kampf gesehen. Der Junge kämpfte wie Bruce Lee persönlich. Aber wie lange würde er das durchhalten können?
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