0221 - Satans Tagebuch
Buch in schwarzem Einband. Steddler drehte und wendete den Band und betrachtete ihn in der Dämmerung. Das Buch besaß eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Bibel.
Auf dem Umschlagdeckel war auch tatsächlich ein Kreuz aufgemalt.
Aber eine Bibel besaß doch kein auf dem Kopf stehendes Kreuz!
Steddlers Finger fuhren unangenehm berührt über den undefinierbaren Einband. Irgend etwas an diesem Leder, wenn es überhaupt Leder war, erregte seinen Ekel. Das Gefühl über fiel ihn so stark, daß ihm fast übel wurde, als hätte er in eine Grube voll dicken Schleimes gelangt.
Je länger Steddler das Buch in den Händen hielt, desto stärker wurde dieses Gefühl. Mit einem unterdrückten Stöhnlaut ließ er das Buch schließlich fallen. Er hätte es keine Minute länger halten können.
Mit einer Grimasse wischte er seine Finger an der Jacke ab. Doch soviel der Londoner auch rubbelte, das Gefühl hielt sich hartnäckig.
In diesem Moment ging die Sonne endgültig unter. Steddler stand in der Nacht. Die Atmosphäre der Kreuzung legte sich um ihn wie ein feuchtes, klammes Tuch.
Ihm stockte der Atem.
Aber da ist es nicht mehr geheuer! Seit jener Nacht spukt es da …
In diesem Moment gab Steddler dem Mann in der Gaststätte recht. An diesem Ort war es nicht geheuer!
Irgend etwas unsagbar Widerwärtiges und abgrundtief Böses hatte diese Kreuzung in einen Sumpf des Grauens verwandelt.
Fred Steddler konnte nicht wissen, daß er genau an der Stelle stand, an der der Dämon Asmodis mit dem fremden Halbdämon Damon um die Herrschaft über die Schwarze Familie gekämpft hatte. Gewaltige schwarzmagische Energien waren hier frei geworden und vergifteten nachhaltig den Boden.
Fred Steddler stand wie angewurzelt. Seine Hände brannten, wo er das Buch berührt hatte. Was hatte er nur getan?
Unwillkürlich suchte sein Blick das schwarze Buch.
Ein erstickter Aufschrei entfuhr seinen Lippen, als er sah, wie es plötzlich von einer rötlich wabernden Aura eingehüllt wurde. Das umgekehrte Kreuz - das unheilige Symbol der Teufelsanbeter - strahlte auf! Das Bild brannte sich in Steddler fest.
Mit einer plötzlichen Faszination des Grauens schaute sich der Mann das schwarze Buch an, das er so achtlos zu Boden geworfen hatte.
Das durfte er nicht tun! Er mußte es aufheben!
Zitternd streckten sich seine Finger wieder nach dem Buch aus, wie von einem eigenen Willen beherrscht, während sich der noch gesunde Teil von Steddlers Verstand mit aller Kraft gegen sein Tun wehrte.
Plötzlich wußte er mit hellsichtiger Klarheit, daß, wenn er das Buch wieder in seine Hände nahm, etwas Entsetzliches passieren mußte.
Doch eine andere, verführerische Stimme wisperte in seinem hin und her gerissenen Bewußtsein. Sie flüsterte von einem absoluten Glück. Hier hatte er etwas gefunden, das nicht mit Gold aufzuwiegen war. Es würde ihm die Erfüllung geben, seinem Leben einen neuen Sinn.
Die Stimme umschmeichelte ihn, wurde immer stärker und fordernder.
Und setzte sich durch.
Mit entrücktem Blick hob Fred Steddler das Buch wieder auf.
***
Nichts geschah!
Das schwarze Buch fühlte sich angenehm in seinen Händen, ganz und gar nicht ekelerregend. Steddler verstand sich selbst nicht mehr. Wie hatte er vorhin diesen Ekel empfinden können?
Vergessen waren Abscheu und Angst.
Fred Steddler fühlte sich wie neu geboren. Fest umschlossen seine Hände das Buch, wie um es nie wieder herzugeben.
Er bemerkte nicht, wie das Böse längst begonnen hatte, seinen Geist zu vergiften…
***
Die Geräuschkulisse in der 1. Klasse der Boeing 707 nach Rom war annehmbar. Ganz vorn saß jemand, der nur äußerlich wie ein ganz normaler Mensch aussah.
Asmodis, Fürst der Finsternis und Herr der Schwarzen Familie der Dämonen, liebte es, sich unerkannt unter die Menschen zu mischen und so an den Schnüren seiner Marionetten zu ziehen. Er besaß mehrere Tarnexistenzen, überall auf der Welt verteilt, die er auch mehr oder weniger regelmäßig benutzte. Er erschien in der Gestalt eines Großindustriellen, eines Fabrikarbeiters oder zuweilen auch in der einer Frau… Oft schon hatten sich diese menschlichen Fassaden als sehr nützlich erwiesen, und seit der damaligen Niederlage gegen Damon erweiterte der Dämon seine Auswahl beträchtlich.
Die anderen Dämonen kannten nur die wenigsten seiner Tarnexistenzen. Das war ganz in Asmodis’ Sinn. So konnte er nicht nur unerkannt unter den Menschen weilen, um sie in den Bann des Bösen zu ziehen, sondern auch
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