0222 - Im Schloß der Riesen
entschied Wilhelm hoheitsvoll. »Aber jenes Bier war schlecht, und so ließ ich es erst von den anderen austrinken, bevor ich eintraf…«
Zamorra machte eine abwehrende Handbewegung. »Es gibt Wichtigeres zu bereden«, sagte er. »Hauptsache, wir kommen nicht gerade mitten im Maul eines Dämons heraus…«
»Keine Sorge«, versicherte Wilhelm. »Vertraut euch mir an.«
Aber ganz so zuversichtlich schien er selbst nicht zu sein, weil er vorsichtshalber sein Schwert zog. Erlik von Twerne tat es ihm gleich. Dann griff er nach Nicoles Hand, und der Fürst langte nach Zamorra.
»Hokus, pokus, Abrakadabra«, murmelte Nicole spöttisch.
Im nächsten Moment wuchs ihre Umgebung ins Riesenhafte.
***
Gregor richtete sich wieder auf. Seine Hand umklammerte das Schwert. Er sah sich um. Wo war die Tür, durch die die Gegner kommen mußten?
Da!
Lauter und drohender wurde das Stampfen. Dann flog die Tür auf, und der Luftzug wehte den Baron fast um. Und das, obgleich die Tür gut hundert Meter von ihm entfernt war!
Aber was machte das schon, wenn der Gegner mit jedem Schritt zehn Meter und mehr überbrückte?
Der Baron legte den Kopf in den Nacken. Turmhoch überragte der Mann ihn, der eintrat und dem zwei weitere folgten.
Ja, das waren Riesen… Echte Riesen, nicht solch verunglückte Entartungen, wie sie Asmodis’ Experimente mit den Kleinen Riesen erzeugt hatten. Diese hier waren wirklich beeindruckende Gestalten…
Aber so beeindruckend sie auch waren, Gregor wußte, daß sie tödliche Feinde waren. Dies hier war Asmodis’ Domäne, und die Riesen waren seine Diener.
Gregor fühlte die schwarzmagischen Schwingungen fast körperlich, die von ihnen ausgingen.
Jetzt blieben sie stehen. Einer streckte den Arm aus. Ein mannsdicker Zeigefinger richtete sich auf ihn.
»Ein Mensch! Wie mag er hier hereingekommen sein?«
»Ich glaube, er wird es uns auch dann nicht sagen, wenn wir ihn höflichen fragen«, knurrte der zweite. »Schaut, er richtete seinen Zahnstocher gegen uns - oder sollte das ein Schwert sein?«
»Ihr werdet schon sehen, was ihr an mir habt«, murmelte der Baron erbittert. Er wußte, daß er keine Chance hatte. Er stand mitten im Zimmer, weit entfernt von jedem Möbelstück, unter das er sich verkriechen konnte. Und bis er es erreichte, erreichten ihn auch die Riesen…
Er murmelte einen Zauberspruch und konzentrierte sich darauf, den Riesen in gleicher Größe zu erscheinen.
Wieder durchfuhr ihn ein schmerzhafter Stich. Sekundenlang wurde ihm schwarz vor Augen.
Auch dieser Versuch klappte nicht. Dies hier war wirklich Asmodis’ Reich. Die Weiße Magie war blockiert…
»Machen wir’s kurz, Yhor«, sagte der erste Riese. »Er ist ungebeten eingedrungen, er richtet seine Waffe gegen uns, und er versucht zu zaubern. Das reicht. Er ist ein Feind.«
Der mit »Yhor« angesprochene Riese hob den Fuß und kam auf Gregor zu. Der erkannte die Absicht des anderen.
Der Riese Yhor wollte ihn zertreten.
Er begann zu laufen. Mit seinem Schwert konnte er gegen die drei Giganten nichts ausrichten, das war ihm klar. Aber war er schnell genug?
Nein! Er strauchelte, stürzte…
Da senkte sich der mächtige Fuß herab, um ihn zu zertreten wie ein lästiges Insekt…
***
In der gewaltigen Tür blieb Angelique stehen und lehnte sich an den Rahmen. Es war Unsinn schnell zu laufen, wie sie es tat. Damit erschöpfte sie sich nur zu früh.
Es kam nicht auf ein paar Sekunden oder Minuten an. Wenn sie ruhig blieb und langsam ging, kam sie vielleicht bei ihrer Flucht weiter, als wenn sie lief. Und sie mußte alles in Ruhe und Bedachtsamkeit angehen.
Langsam trat sie auf den Korridor hinaus.
Er erstreckte sich endlos nach beiden Seiten, und irgendwo rechts und links leuchteten Fenster. Dort, wo die Mitte des Gebäudetraktes zu sein schien, erweiterte er sich und umschloß eine nach oben und nach unten führende Treppe.
Angelique setzte sich in Bewegung, auf diese Treppe zu. Von dort aus würde sie rasch den Ausgang finden. Sie hatte nicht gedacht, daß es so einfach sein würde. Immer wieder sah sie sich um, ob die Riesen nicht irgendwo auftauchten, aber sie kamen nicht. Vielleicht waren sie anderweitig beschäftigt und stampften fremde Autos in den Boden.
Das bedeutete, daß sie wohl nach unten kam, indem sie sich von Stufe zu Stufe tiefer hangelte. Aber war sie erst einmal unten, gab es keinen Weg zurück. Sie kannte ihre Kräfte und schätzte sie richtig ein; mehr als drei, vier Stufen würde sie per Klimmzug
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