0222 - Im Schloß der Riesen
nicht überwinden können.
Sie sah nach unten.
War dort ein Ausgang? Oder war das alles nur eine Täuschung? Vielleicht wurde sie genarrt. Allein das Riesenschloß war eine Unmöglichkeit in sich; vielleicht war die Krönung des Ganzen ein Ausgang auf dem Dach.
Aber sie hatte doch unten ein Portal gesehen, vor dem die Riesen standen.
Und auf dieser Etage gab es nichts, das wie eine Tür nach draußen aussah.
Entschlossen kauerte sie sich nieder, schwang sich über die Kante und ließ sich hinabgleiten. Federnd kam sie auf.
Die erste Stufe.
Die Treppe besaß bis zur nächsten Etage zwanzig Stufen…
***
Beim zweiten Hinsehen erkannte Zamorra, daß die Umgebung sich nicht vergrößerte, sondern veränderte.
Sie befanden sich nicht mehr im Château Montagne.
Hier war alles riesenhaft, gigantisch und kaum übersehbar.
Nicole ließ Erlik von Twernes Hand los und machte einen Schritt seitwärts. »Wo sind wir denn hier?« stieß sie hervor. »Sind wir ganz nebenbei ein wenig geschrumpft, oder wie sehe ich das?«
»Wir sind nicht geschrumpft«, sagte Fürst Wilhelm düster.
Zamorras Hand tastete nach dem Amulett. Es vibrierte stark und fühlte sich warm an, beides für sich allein schon ein untrügliches Zeichen dämonischer, schwarzmagischer Aktivitäten ringsum.
»Asmodis’ Reich«, murmelte er. »Es ist gigantisch… Eine Dimension, in der alles anders ist… Riesenhaft… ob der Fürst der Finsternis hier ebenfalls als Riese auftaucht?«
Diese Möglichkeit war nicht auszuschließen. Asmodis vermochte seine Gestalt zu verändern. Überall auf der Welt besaß er Schlupfwinkel und Verstecke, teilweise in unserer, teilweise in fremden Dimensionen. Und in jedem der irdischen Stützpunkte besaß er ein anderes Aussehen, eine andere Identität als Künstler, Fabrikarbeiter, Generaldirektor… Einmal, entsann sich Zamorra, war er sogar als Frau aufgetaucht.
Aber was besagte das alles schon? Der Teufel hat tausend Gesichter. Und meist zeigt er sich als des Menschen eigenes Spiegelbild…
»Unheimlich«, flüsterte Nicole. »Spürt ihr es nicht? Es ist so… Bedrückend!«
Zamorra nickte ihr zu. Er empfand wie sie. Sie besaßen beide schwach ausgeprägte Para-Fähigkeiten, wobei die Nicoles kaum noch wahrnehmbar waren. Aber sie reichten aus, das Bedrückende der Schwarzen Magie zu empfinden, das hier wogte und schwebte.
»Was jetzt?« fragte Zamorra leise. »Ihr habt nicht zufällig einen Grundriß dieses Häuschens da, nach dem wir uns orientieren können?«
Fürst Wilhelm winkte ab.
»Wir müssen versuchen, unsere Freunde auf geistigem Weg zu finden«, sagte er. »Zamorra, wir müssen uns mit dir zu einer Einheit zusammenschließen und über dein Amulett nach den Gedanken Thors und Thalis forschen. Wenn wir sie empfangen, springen wir zu ihnen und sind da.«
»Und du glaubst«, sagte Zamorra spöttisch, »daß die Dämonen, die hier zweifelsohne hausen, das so einfach zulassen? Daß sie es uns so leicht machen?«
»Sie rechnen nicht mit unserem Angriff«, behauptete Wilhelm. »Deshalb sind wir auch jetzt noch ungeschoren. Und deshalb können wir uns auch frei bewegen bis zu dem Moment, in welchem wir zuschlagen. Zamorra, kannst du den Meegh unschädlich machen? Uns ist nicht daran gelegen, daß er hinterher hier alles vernichtet und jeden tötet…«
Zamorra klopfte auf die Strahlwaffe in dem Lederhalfter. »Damit«, sagte er.
»Nicht mit dem Amulett?« erkundigte sich Erlik mißtrauisch.
»Das Amulett wirkt gegen die Meeghs nicht«, erläuterte Nicole.. »Es schützt wohl teilweise vor ihrer dämonischen Kraft, aber es vermag sie nicht selbst anzugreifen. Ich habe selbst schon gesehen, wie ein Meegh es in die Hand nahm und eingehend betastete -ein anderer Dämon wäre dabei geschmolzen, dem Meegh schadete es nicht.«
»Gut, laßt uns jetzt endlich nach den beiden Entführten suchen«, sagte Wilhelm. »Was müssen wir tun, um mit euch beiden eine geistige Einheit zu bilden?«
Zamorra sagte es ihm, aber er war nicht damit einverstanden, daß sie sich alle vier in Trance versetzten. »Es ist zu gefährlich. Wir könnten überrascht werden. Einer muß aufpassen.«
»Ich«, entschied Nicole und streckte die Hand aus. Zamorra begriff und überreichte ihr die Waffe. Nicoles Hand umschloß den kühlen Griff der Waffe, deren Lauf von einer Art Kühlrippe spiralartig umlaufen wurde. Die Mündung erweiterte sich kaum merklich trichterförmig, und in der Mitte befand sich kein Loch wie bei einer Pistole,
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