0222 - Letzter Gruß für einen G-man
Freundinnen soll man unter Verschluss halten, damit sie einem nicht gestohlen oder geraubt werden.«
»Hast du eigentlich die blonde Phyllis einmal wiedergesehen?«, fragte ich.
»Ach die. Nein, wie kommst du darauf?«
»Nur so. Ich finde, sie ist ein recht nettes, hübsches Mädchen.«
»Das ist Geschmacksache. Mein Fall ist sie nicht.«
»Aber neulich schienst du doch recht intim mit ihr zu sein«, sagte ich.
»Neulich war ich voll, und wenn ich voll bin, mache ich gewöhnlich irgendwelchen Unsinn. Ich weiß tatsächlich nicht mehr, wie ich nach Hause gekommen bin. Ich fand mich am nächsten Morgen auf der Couch.«
»Wohin wir dich mit Hilfe des Taxifahrers gepackt haben.«
»Unglaublich.« Er schüttelte den Kopf, »habe ich euch denn meinen Wohnungsschlüssel gegeben oder selbst aufgeschlossen?«
»Du hast gar nichts. Du warst einfach nicht mehr da. Deine Wohnungsschlüssel habe ich erst suchen müssen. Beim nächsten Mal weiß ich, dass du sie in der linken Hosentasche trägst. Warum schleppst du eigentlich eine Kanone mit dir herum?«, fragte ich.
Einen Augenblick sah es aus, als ob er erschrecke, aber dann lachte er.
»Vielleicht leide ich an Verfolgungswahn. Ich habe mich so daran gewöhnt, dass ich mir ohne das Ding halbnackt vorkomme. Außerdem ist es nicht einmal geladen.«
Das letzte war Schwindel. Ich hatte mich davon überzeugt, dass das Magazin der Waffe gefüllt, und dass sie sogar durchgeladen war. Ich sagte nichts. Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen.
»Übrigens habe ich deine Einkommensteuer durchgeackert. Du hast mir zwar nicht gesagt, was du verdienst, aber ich kann dir genau angeben, was du abziehen und unter Umständen mogeln kannst.«
Er ging hinüber zum Schreibtisch, brachte das Schreiben des Finanzamtes und einen Zettel mit Notizen zurück.
»Am besten notierst du dir das selbst. Meine Klaue kannst du doch nicht lesen«, sagte er und schob mir einen Block hin.
Ich griff nach der Tasche und stellte fest, dass ich meinen Füller zu Hause gelassen hatte.
»Kannst du mir etwas zu schreiben leihen?«, fragte ich.
»Aber gem.« Er griff in die Tasche, in der mehrere Kugelschreiber steckten und reichte mir einen herüber.
Dann diktierte er. Es waren ein paar sehr aufschlussreiche Erklärungen und Anweisungen dabei, die ich zu befolgen beschloss.
Ich bedankte mich und steckte die Papiere ein.
Um zwölf Uhr trommelte ich zum Aufbruch und alles Bitten half nichts. Wir waren eine ganze Reihe von Nächten unterwegs gewesen und wollten endlich einmal ausschlafen.
»Ihr seid eine langweilige Gesellschaft«, sagte Bill zum Schluss. »Übrigens könntet ihr mir einen Gefallen tun und unterwegs für mich eine Postkarte in den Briefkasten werfen.«
»Mit Vergnügen. Wenn du sonst nichts willst.«
Er drückte mir die Karte in die Hand, die ich einsteckte.
»Vergiss sie aber nicht. Sie ist wichtig.«
Am Central Park stoppte ich und holte Bills Karte heraus. Ich hatte sie versehentlich in dieselbe Tasche wie das Steuerformular und die Notizen gesteckt und musste sie erst heraus sortieren. Dabei sah ich, dass ich den Zettel, auf dem Bill seine Anweisungen notiert hatte, mitgenommen hatte. Das war nicht schlimm. Er brauchte ihn ja nicht. Gleich hinter diesem Zettel steckte die Postkarte, und da stutze ich.
Die Karte war an eine Firma, für Herrenausstattung gerichtet, bei der Bill sechs Hemden bestellte.
Merkwürdig. Die Schrift war eine ganz andere als die auf dem Notizzettel. In diesem Augenblick erfasste ich, dass mein unbewusster-Verdacht, Bill habe mir und wahrscheinlich auch anderen mit dem Steuerberater etwas vorgemacht, begründet war. Er hatte sich keine Blöße geben wollen und war zu einem wirklichen Steuerberater gegangen, von dessen Hand die Notizen stammten.
Ich machte Phil darauf aufmerksam, und wir lachten weidlich darüber. Ich hätte nur gerne gewusst, mit was für Schiebergeschäften der tüchtige Bill in Wirklichkeit seine Dollars verdiente.
Wir schliefen alle beide bereits um ein Uhr, und ich war dementsprechend pünktlich im Office.
Dort erwartete mich die Nachricht, man habe während der Nacht, allerdings erfolglos, einen Raubversuch bei New Yorks berühmtester Juwelenfirma Tiffany gemacht. Bei dem Versuch, durch den Keller und die Decke einzudringen, waren bereits die Alarmanlagen in Betrieb gesetzt worden, obwohl ein Streif enwagen der Polizei bereits neunzig Sekunden später zur Stelle war, hatten es die Gangster geschafft, wegzukommen. Allerdings
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