0224 - Satan mit vier Armen
das Kapitel war sehr lang. Es lief über acht eng bedruckte Seiten, durch die wir uns regelrecht ackern mußten. Zum Verständnis jedoch möchte ich zusammenfassen.
Woher der Affendämon kam, wußte niemand. In den Überlieferungen sprach man nur von alten Göttern und davon, daß er, der Affenteufel, in einer Höhle gelebt hätte. Tief unter der Erde war sein Versteck, wo er die Magie seiner Schöpfer konservieren konnte. Eines Tages jedoch stieg er aus seiner Höhle an die Oberwelt. Er fand sie leer und verlassen vor. Nur Krokodile lebten an und in den großen Flüssen. Als sie den Affenteufel sahen, erkannten sie in ihm einen Feind. Sie rotteten sich gegen den aus der Höhle gekommenen Dämon zusammen und verlangten seine Unterwerfung. Daran dachte der Affenteufel nicht, so daß an einer Entscheidung einfach nichts mehr vorbeiging. Es mußte ausgekämpft werden. Der Sage nach schickten die Krokodile ihren stärksten Artgenossen. Es kam zum Kampf, der drei Tage und drei Nächte dauerte. Einen Sieger gab es nicht, aber der Affendämon mußte zuletzt hinnehmen, daß aus ihm eine gräßliche Mutation geworden war. Zwar hatte er seine vier Arme behalten, aber der Schädel des Krokodils war auf seinen Schultern gewachsen. Aus dem Affenteufel wurde ein Zwitter. Nicht nur den Schädel des Krokodils hatte er bekommen, auch dessen Gebiß und dessen unheilvolle Tiermagie. Krokodile zerbeißen ihre Feinde. Von diesem Augenblick an tat der Affendämon dies auch. Jedoch vermischten sich die beiden Magien miteinander. Während der Affenteufel die Kräfte von den alten Göttern bekommen hatte, die mehr auf einer starken magischen Basis standen, war die Magie des Krokodils auf die sofortige Vernichtung programmiert. Sögg-Ra konnte, wenn die alten Zauberformeln gesprochen wurden, Tote wieder zurück ins Leben holen. Das Krokodil zerbiß sie. So kam es zu einer Einigung. Die beiden Magien bekämpften sich nicht mehr, sondern gingen zusammen. Was die Magie des Krokodils zerstörte und tötete, wurde von der des Affendämons wieder ins Leben gerufen. So konnten Menschen weiterleben, die von der Schnauze verschluckt worden waren. Der Affenteufel spie sie wieder aus, damit sie als seine Diener und in seinem Namen ein untotes Leben fortsetzten. Ob Hände, Arme, Beine, alles war prall gefüllt von der Magie des Affendämons. Sie konnte man nicht töten. Hackte man einen Arm ab, so lebte er trotzdem weiter, denn er gehorchte nur der Magie, die innerhalb des Gehirns konzentriert war.
So ungefähr lautete die Erklärung. Eine relativ komplizierte Materie, das mußten wir alle drei zugeben, und Bill Conolly war es, der die Frage stellte: »Kommst du klar, John?«
»So einigermaßen.«
»Das heißt, wir müssen den Kopf zerstören, wenn wir etwas erreichen wollen«, sagte Suko.
»Aber die alten Formeln? Wo sind sie?« fragte der Reporter und blätterte weiter im Buch, ohne sie jedoch zu finden.
»Ich glaube kaum, daß Willard darüber Aufzeichnungen besitzt«, gab ich zur Antwort. »Die waren ihm sicherlich zu brisant.«
»Das ist möglich.«
»Vielleicht sollten wir noch einmal nachsehen«, nahm Suko den Faden wieder auf. »Wir haben ja nichts zu verlieren.«
Ich ging ein paar Schritte zur Seite, blieb dicht vor der Scheibe stehen und schaute in die Dunkelheit. Das im wahrsten Sinne des Wortes. Ich konnte nämlich nichts erkennen, höchstens Schatten, die von den hohen und dichtbelaubten Kronen der Bäume erzeugt wurden. Wir aber standen im Hellen, gewissermaßen auf dem Präsentierteller, und das wollte mir überhaupt nicht gefallen.
Hinter mir hörte ich Suko und Bill sprechen, auch das Rascheln von Papier, denn die beiden blätterten das Buch weiter durch. Ich aber ging zum Schalter und löschte das Licht.
Wie ein Sack fiel die Dunkelheit auch über uns.
»He«, beschwerte sich Bill. »Was ist los?«
Ich stand noch an der Tür und rief: »Schalte lieber die Schreibtischlampe ein, schließlich müssen wir mit Besuch rechnen.«
»John hat recht«, hörte ich Suko reden. »Lassen wir es lieber, Bill.«
»Meinetwegen.« Der Reporter knipste die Leuchte am Schreibtisch an.
Das Licht war so eingestellt, daß es nur auf die Platte fiel und dort eine helle Insel schuf.
Eine seltsame Atmosphäre hatte sich innerhalb des Zimmers ausgebreitet. Sie war kaum zu beschreiben. Man konnte sie vielleicht als gespannt und gleichzeitig bedrückend bezeichnen.
Über meinen Rücken lief es kalt. Ich spürte auch den Schweiß auf meiner Stirn,
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