0225 - Blüten mit dem Todeszeichen
schließlich sechsundzwanzig Jahre gesessen!« rief ein junger Reporter von einem Skandalmagazin. »Und wenn man ihn begnadigt, soll man ihn auch in Ruhe lassen! Das ist sein gutes Recht! Lassen Sie ihn gefälligst aussprechen!«
Mock Brittan holte tief Luft. Es sah aus, als ob er eine heftige Entgegnung auf der Zunge hätte. Aber er zuckte dann nur die Achseln und setzte sich schweigend.
»Vielen Dank«, sagte Clifford. »Lassen Sie mich jetzt zu dem kommen, was ich Ihnen erzählen wollte. Ich muß dabei auf die Ereignisse aus dem Jahre 1935 zurückkommen, die zu meiner Verhaftung führten. Das FBI bildete damals eine Sonderkommission, die die Aufgabe hatte, meine Bande zu zerschlagen und mich selbst vor Gericht zu bringen. Damals hatte das FBI noch nicht so viel Personal, daß er alle möglichen Leute belästigen konnte. Die Sonderkommission bestand aus ganzen drei Mann. Drei G-men sollten mich unschädlich machen. Von einem habe ich den Namen vergessen, die beiden anderen hießen Neville und Tinbrook…«
Clifford machte eine kleine Pause.
»Neville war der Leiter der Kommission. Wir trafen uns eines Abends in der Fletcher Street in einer Toreinfahrt. Er sprach mich an. Er sagte mir, daß er mit zwei Kameraden zusammen Material gegen mich sammelte. Er sagte, er würde erst ruhen, wenn er mich auf den Elektrischen Stuhl gebracht hätte. Ehrlich gesagt, ich nahm ihn nicht sehr ernst. Drei gegen meine ganze Bande, dachte ich, was können die schon ausrichten… Aber dann wurde der G-man Tinbrook tot aufgefunden. Er war von vielen Kugeln aus einer Maschinenpistole getötet worden.«
»In Ihrem Auftrag?« rief Brittan.
»Nein«, sagte Clifford. »Nicht in meinem Auftrag. Ich hatte nichts mit seiner Ermordung zu tun. — Als man seine Leiche fand, fehlte das Dienstabzeichen des G-man. Einige Zeit später verhaftete mich Neville tatsächlich und brachte mich vor Gericht. Er hatte so viel Material zusammengetragen, daß ich verurteilt wurde, auf lebenslang ich, wie Sie wissen. Neville war das nicht genug. Er glaubte, ich hätte Tinbrook erschießen lassen. Er konnte es nicht beweisen, aber er glaubte es trotzdem. Als ich vor einigen Wochen entlassen wurde, stand dieser Neville vor dem Zuchthaus und wartete auf mich…«
»Was wollte er denn?« fragte einer von den jüngeren Männern.
»Er nahm mich in seinem Dienstwagen mit in die Stadt. Unterwegs fragte er mich, ob ich etwas mit dem Banküberfall zu tun hätte, der am Tage vorher verübt worden war. [1] Ich dachte zuerst, ich hörte nicht recht. Wie sollte ich einen Banküberfall verüben, wenn ich doch zu dieser Zeit noch im Zuchthaus gewesen war? Ich sagte es ihm. Er ließ sich nicht davon abbringen, daß ich etwas mit der Sache zu tun haben müßte. Einige Einzelheiten, erklärte er mir, seien genauso wie bei einem Überfall, den ich damals tatsächlich inszeniert hatte. Das machte mich stutzig. Ich erklärte dem ergrauten G-man Neville, daß mich vielleicht jemand in Mißkredit bringen will. Daß jemand mir etwas zuschieben will, um den Verdacht von sich abzulenken. Vielleicht hatte dieser Jemand erfahren, daß ich entlassen werden sollte, und er hatte sich nur im Tag meiner Entlassung geirrt. Aber Mister Neville wollte mir das nicht glauben. Ich sagte ihm, daß ich in der Stadt noch ein paar alte Bekannte von damals hätte und daß ich versuchen wollte, herauszufinden, wer diesen Banküberfall inszeniert hätte — und daß ich es ihm sagen würde, sobald ich's wüßte.«
»Warum wollten Sie das tun?« drang eine schneidende Stimme aus einer Wolke von Zigarrenqualm.
»Damit das FBI meinen guten Willen sehen sollte«, erklärte Clifford mit seiner heiseren, leisen Stimme. »Ich wollte ein für allemal in Ruhe gelassen werden. Deswegen hätte ich die Bande verraten, die den Banküberfall einen Tag vor meiner Entlassung ausgeführt hatte. Ich bat Mister Neville abends um elf in jenen Torweg zu kommen, wo wir uns 1935 zum ersten Male begegnet waren. Dort wollte ich ihm meine Kenntnisse übermitteln, falls ich bis dahin hätte herausbringen können, wer den Überfall ausgeführt hatte.«
»Das war also am Abend des Tages, da Sie entlassen wurden?« fragte ein Zwischenrufer von weit hinten.
»Ja. Ich hoffte, daß ich es so schnell würde erfahren können. Aber meine Hoffnung erwies sich als trügerisch. Trotzdem ging ich natürlich in die Fletcher Street, damit Mister Neville nicht umsonst wartete. Aber ich war sechsundzwanzig Jahre im Zuchthaus, meine Herren.
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