023 - Der Kopf des Vampirs
verstaute Cohens Brieftasche und die Dämonenbanner, die er entwendet hatte, in der blauen Tasche, zog einen seiner Schnürsenkel aus dem Schuh, zerbiß ihn in der Mitte und fesselte Donald Chapman damit an Armen und Beinen. Dann lutschte er das Blut von seiner Hand, verzog das Gesicht, drohte Chapman mit dem Finger und umwickelte die schmerzende Hand mit einem Taschentuch.
»Ich habe einen mächtigen Hunger«, sagte er zu Chapman. »Wollen mal sehen, was sie im Speisewagen Gutes haben. Du bist schön ruhig in deiner Tasche, ja? Vor dem Vampirkopf da brauchst du keine Angst zu haben. Der hat genug mit sich selbst zu tun. Der Knoblauch bekommt ihm nicht.«
»Was hast du mit mir vor?«
»Wenn du vernünftig bist, passiert dir nichts. Ich fasse dich nicht an, wenn ich nicht muß, trotzdem du mir in die Hand geschossen hast. Sag mal, weshalb bist du denn eigentlich so klein?«
»Ich bin eben so. Ich frage dich ja auch nicht, weshalb du so groß bist.«
Ndoyo lachte. Er nahm Chapman seine Keßheit nicht übel. Der Puppenmann gefiel ihm. Trotzdem würde er nicht zögern, ihn zu zerquetschen, wenn sein Meister es ihm befahl.
Er steckte Donald Chapman in die blaue Kunststofftasche und nahm ihn und den Vampirkopf mit in den Speisewagen. Wenn Hunter und die anderen das Verschwinden ihres kleinen Partners bemerkten, würden sie im Zug nach ihm suchen. Ndoyo hatte bereits einen Plan, wie er den zweiten Teil seiner Aufgabe ausführen und Dorian Hunter um sein Gehirn erleichtern konnte. Es sollte mit einer Konferenz im Speisewagen beginnen. Bei dieser Gelegenheit konnte Ndoyo auch einen Happen essen.
Dorian Hunter, Coco Zamis und Marvin Cohen trafen sich nach Beendigung ihrer erfolglosen Suche wieder in ihrem Abteil. Dorian rief nach Donald Chapman. Nichts regte sich.
»Vielleicht ist er in den Aschenbecher gerutscht«, sagte Cohen abfällig. »Oder ein Hund hat ihn gefressen.«
»Schade, daß du keine dreißig Zentimeter groß bist«, sagte Coco. »Dir würde das sicher eine Zeitlang nichts schaden. Vielleicht würde dann aus dir ein passabler und umgänglicher Mensch.«
»Was hast du denn eigentlich an mir auszusetzen, Süße? Wetten, daß du deine Meinung über mich ändern würdest, wenn du mich näher kennenlernst?«
»Ich kenne dich bereits gut genug, und auf eine noch engere Bekanntschaft kann ich recht gut verzichten.«
Dorian hatte sich unterdessen nach Donald Chapman umgesehen. Er sah die Blutstropfen auf dem Boden, dann entdeckte er Chapmans Minipistole, die unter einem Sitz lag. Er hob sie auf.
»Don muß etwas zugestoßen sein.« Er deutete auf das Blut am Boden. »Man hat ihn überwältigt. Vielleicht ist er sogar tot.«
»Vielleicht ist dieser Schwarze wieder ins Abteil gekommen«, sagte Coco. »Wir haben ihn im Zug nirgends zu Gesicht bekommen. Wenn er sich nun versteckt hatte und ins Abteil eingedrungen ist, als wir alle unterwegs waren?«
Cohen hatte seine Reisetasche aus dem Gepäcknetz gehoben. Sie war offen. Er hob auch den Koffer herunter.
»Tatsächlich – hier war jemand und hat unsere Sachen durchsucht. Wenn es dieser Kerl war, kann er sich auf etwas gefaßt machen.«
»Wenn es tatsächlich der Schwarze war«, sagte Dorian. »Wenn er sich versteckt und abgewartet hat, bis wir überall im Zug den Vampirkopf gesucht haben, dann heißt das, daß er auch mit dessen Verschwinden zu tun hat. Kommt, wir müssen ihn finden. Ein Mensch wie er dürfte nicht so leicht zu übersehen sein.«
Ndoyo hatte gerade die beiden Steaks bekommen, die er bestellt hatte, als er Dorian und Coco zwischen den Tischreihen auf sich zukommen sah. Marvin Cohen beobachtete den Schwarzen durch die gläserne Türscheibe; er sah Ndoyo seitlich von hinten.
Im Speisewagen befanden sich nur wenige Reisende; die meisten saßen vorn an der Theke oder im vorderen Teil des Wagens, so daß der hintere ziemlich leer war. In Ndoyos Nähe saß niemand.
»Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?« fragte Dorian.
Ndoyo nickte.
Dorian und Coco nahmen Platz. Dorian hatte wohl gesehen, daß der Schwarze die Hand in der Kunststofftasche hatte.
»Sie haben unser Gepäck durchwühlt?«
»Allerdings. Und wenn Sie Ihren kleinen Freund suchen, der liegt in der Tasche da. Ich warne Sie! Wenn Sie irgend etwas gegen mich unternehmen, was mir nicht gefällt, zerquetsche ich ihn.«
Wie zuvor mit Donald Chapman sprach Ndoyo auch mit Dorian Hunter Englisch. Er beherrschte diese Sprache fast akzentfrei.
»Wissen Sie etwas vom Verbleib von Thören
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