024 - Die Rattenkönigin
… Tagedieb, lebt vom Vermögen seines Vaters … Keine Sorge, ich weiß mit solchen Bürschchen umzugehen … Ja, ja ich bin ganz Ohr.« In den nächsten Minuten beschränkte sich Cohen aufs Zuhören und gab nur gelegentlich Laute der Zustimmung von sich. Abschließend versprach er: »Ich werde ihn mir sofort vorknöpfen.« Dann hängte er ein.
»Ich muß dich jetzt leider mit Pussy allein lassen, Don«, wandte er sich mit gespieltem Bedauern an den Puppenmann. »Dorian hat mir einen wichtigen Auftrag gegeben, der keinen Aufschub duldet.«
»Dann nimm das Biest mit, oder ich knalle es ab!«
»Na, meinetwegen.«
»Bevor du gehst, mach die Kellertür für mich auf. Ich möchte mich dort unten ein wenig umsehen.«
Das war der Grund gewesen, warum Chapman überhaupt zu Marvin Cohen ins Wohnzimmer gekommen war.
»Klar, mache ich, Don.«
Marvin Cohen durchschritt das Wohnzimmer und trat dabei so fest auf, daß jeder seiner Schritte Don bis ins Innerste erschütterte.
Nachdem er die Kellertür geöffnet hatte, sprang Chapman die Treppe hinunter. Die Tür fiel hinter ihm mit einem Knall ins Schloß. Chapman wirbelte herum, trommelte gegen die Tür, schrie nach Cohen, doch er bekam keine Antwort. Cohen stellte sich taub, und Chapman war sicher, daß er die Tür absichtlich zugestoßen hatte.
Chapman wartete noch kurz und stieg dann die Treppe hinunter, was bei seiner Größe nicht ganz leicht war. Als er das Treppenende erreichte, erstarrte er plötzlich. Vor einem der Kellerfenster hörte er die Katze. Sie kletterte durch eine Öffnung in den Keller. Die Katze und Chapman beschnüffelten einander. Er hatte seine winzige Waffe gezogen, bereit, sein Leben zu verteidigen. Seit er einige unliebsame Erlebnisse gehabt hatte, unterschätzte er die Gefährlichkeit von Haustieren nicht mehr; denn selbst wenn sie nur mit ihm spielen wollten, konnte das für ihn tödliche Folgen haben.
Die Katze duckte sich und sprang auf einen Stapel von Kisten. Als diese unter ihrer Belastung zu schwanken begannen, setzte sie auf eine recht wackelige Kommode über.
Chapman behielt sie im Auge, die Waffe hatte er unablässig auf sie gerichtet. Noch machte sie keine Anstalten, sich auf ihn zu stürzen, aber sie war von einer Unrast erfüllt, die ihm zeigte, daß ihre Geduld bald am Ende sein würde. Sie sprang in eines der unteren Fächer eines Regals, duckte sich, streckte eine Pfote aus und machte eine Bewegung, als wollte sie ihn zu sich winken.
Chapman rührte sich nicht vom Fleck. Er hatte nur Augen für die Katze, denn er wollte den Moment nicht versäumen, wenn sie sich abschnellte und auf ihn stürzte.
Plötzlich wurde er aber doch abgelenkt. Links von sich vernahm er ein Rascheln, und dann sah er einen großen, langgestreckten Körper über den Boden huschen und hinter einer Batterie von Töpfen verschwinden. Eine Ratte! Wenn sich Chapman nicht getäuscht hatte, war sie nicht viel kleiner als die Katze.
Die Katze! Chapman wandte ihr wieder seine Aufmerksamkeit zu. Doch sie beachtete ihn nicht mehr. Sie hatte die Ratte erspäht und blickte zu den Töpfen hinüber.
Es dauerte nicht lange, da tauchte die Ratte wieder auf. Sie zwängte ihren fetten Körper zwischen den Töpfen hindurch und schnupperte mit zitternden Barthaaren in der Luft. Dann stellte sie sich auf die Hinterbeine, hielt sich mit den Vorderbeinen am oberen Topfrand fest, streckte sich und inspizierte den Inhalt des Topfes. Sie schien mit dem Ergebnis ihrer Untersuchung nicht zufrieden, denn sie ließ von dem Topf wieder ab und setzte ihren Erkundungsgang fort. Als sie zwischen Chapman und die Katze kam, erschien ihr plötzlich etwas verdächtig.
Da sprang die Katze mit einem mächtigen Satz vom Regal. Die Ratte wandte sich sofort zur Flucht, doch sie kam nicht weit. Die Katze landete auf ihrem Rücken und schnappte nach ihrem Genick. Die Ratte krümmte sich, zog den Kopf ein, um keine Angriffsfläche zu bieten und rollte sich zusammen, so daß die Katze abrutschte.
Chapman beobachtete den Kampf der beiden fast gleichgroßen Geschöpfe gebannt. Noch nie in seinem Leben hatte er eine so riesige Ratte gesehen; und noch nie hatte er eine Ratte gesehen, die so beherzt und so klug kämpfte. Sie hielt den Attacken der Katze nicht nur stand, nein, es zeigte sich bald, daß sie der Katze an Intelligenz überlegen war.
Einige Augenblicke lang konnte Chapman keine Einzelheiten erkennen. Die beiden Tiere hatten sich ineinander verbissen und bildeten ein unentwirrbares
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