0240 - Totentanz im Dollar-Club
erklärte ich und legte meinen Schlafanzug ab. »Als sie mir eins über den Schädel gaben, hatte ich eine kleine Gehirnerschütterung. Die ist durch die Ruhe längst auskuriert. Hunger und Durst sind auch vergessen. Und sonst fehlte mir ja nichts. Ich bin ganz okay. Und ich werde jetzt ein Höllentempo vorlegen, Chef. Wir haben sowieso kostbare Zeit verloren. Die muss aufgeholt werden.«
Eine halbe Stunde später verließ ich mit Mr. High das Krankenhaus und fuhr in seiner Dienstlimousine mit zum Distriktgebäude. Mein Jaguar stand dort in der großen Halle, wo die FBI-Fahrzeuge geparkt werden.
»Was wollen Sie unternehmen, Jerry?«, fragte der Chef unterwegs.
Ich zuckte die Achseln.
»Keine Ahnung, Chef. Was ist denn bisher unternommen worden?«
»Alle Firmen der verschwundenen Herren, die leitenden Angestellten, die Sekretärinnen und so weiter, sind von uns befragt worden. Wir haben versucht, eine Spur aufzutreiben. Alles umsonst. Alle Flugplätze sind kontrolliert worden. Vergeblich. Die Herren sind nicht mit einem Flugzeug abgereist. Vielleicht sind sie überhaupt nicht abgereist. Vielleicht stecken sie, ähnlich wie Sie, Jerry, auf einem Dachboden, in einem Keller, einer Garage oder einem Schuppen. Irgendwo in Manhattan. Oder drüben in der Bronx, in Brooklyn, in Queens, auf Long Island - alles ist möglich.«
»Ja«, seufzte ich. »Leider. Wir müssen also sieben Millionäre und Phil suchen, ohne die blässeste Ahnung zu haben, in welchem Winkel der Welt sie stecken können. Heitere Aussichten. Was sagt man denn in den Firmen und Büros der Herren? Die Leute müssen doch stutzig geworden sein, als ihre Chefs so plötzlich verschwanden?«
»Leider nicht«, erwiderte der Chef. »Lindser hatte es sehr geschickt angefangen. Er sagte bei einigen Banken, dass die Herren vom Klub sich plötzlich zu einer Urlaubsreise entschlossen hätten und unter keinen Umständen gestört werden möchten. So etwas sei in den letzten acht Jahren schon zweimal vorgekommen, sagte man uns. Wie wir feststellten, stimmt diese Behauptung. Die Herren machten sich mit ein paar Mädchen ein paar schöne Tage, was sie deshalb so heimlich veranstalteten, damit die Zeitungen nicht dahinterkommen sollten. Lindser gab sogar eine Adresse an, wo sie im alleräußersten Notfall zu erreichen seien. Aber das war natürlich eine erfundene Adresse, das wissen wit schon seit ein paar Tagen. Das Grand Hotel auf Hawaii hat die Leute nie gesehen.«
»Hawaii«, murmelte ich. »Dann gibt’s eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten, wenn Lindser Hawaii sagte. Entweder sind die Leute noch in der Stadt oder aber wir müssen sie in die entgegengesetzte Richtung als Hawaii suchen. Also etwa Europa.«
»Ich glaube nicht, dass Lindser die Leute nach Europa bringen lässt«, sagte der Chef kopfschüttelnd. »Es ist nicht leicht für einen Gangster, acht Männer in Europa gegen ihren Willen zu verstecken.«
»Dann vielleicht Afrika«, sagte ich achselzuckend, »aber es hat überhaupt keinen Sinn, dass wir Spekulationen anstellen, solange wir nicht die Idee einer Spur haben. Praktisch kann Lindser die Leute überall hingebracht haben, an jede beliebige Stelle des Globus. Haben Sie auch die ausgelaufenen Schiffe kontrolliert?«
»Selbstverständlich. Auch die Bahnhöfe. Und die Busunternehmen. Wir haben keine Spur gefunden.«
»Dann ist er vielleicht wirklich noch in New York«, murmelte ich. »In unserer Betonwüste gibt es sicher genug Möglichkeiten, ein paar Leute zu verstecken. Wir sollten vielleicht doch eine Großfahndung nach Lindser einleiten.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, gab Mr. High zu. »Es ist ja auch das Einzige, was wir noch tun können…«
Mit dieser nicht sehr ermutigenden Feststellung kamen wir beim Distriktgebäude an.
***
»Towell«, sagte Phil unwillkürlich mit gedämpfter Stimme, »Sie gehen raus und rauchen eine von Ihren Zigarren. Wenn sich jemand unserer Kajütentür nähert, lassen Sie die Zigarre einfach ins Wasser fallen. Wir beobachten es durch das Bullauge und sind dann gewarnt.«
Der alte Mann nickte. Er stand entschlossen auf. Bevor er die Tür der großen Kajüte öffnete, sagte er: »Sie sind unsere letzte Hoffnung, Agent Decker.«
Phil grinste. »Besser eine letzte Hoffnung als gar keine.«
Towell ging hinaus. Seit sieben Tagen waren sie nun unterwegs. Längst hatten sie auf Phils Vorschlag hin erkundet, wie viele Männer sich insgesamt an Bord der Jacht befanden. Es waren außer Lindser nur noch vier
Weitere Kostenlose Bücher