0243 - Raumaufklärer 008
etwas, überlegte er, während er sich bemühte, die Verriegelung des Schrankschotts zu lösen. Je weniger Haß er für Melbar Kasom empfand, desto geringer wurde seine Bewunderung für Unklaich, als ob die beiden Empfindungen auf den Schalen einer Waage lägen, so daß die eine nach unten sinken mußte, während sich die andere erhob.
Das elektronische Schloß zeigte durch ein helles Summen an, daß es geöffnet war. Bob streckte die Hand nach dem Griff aus, der dicht über dem Schloß angebracht war, aber das schwere Schott kam ihm entgegen, noch bevor er das Metall berührt hatte. Verwirrt warf er sich nach vorne, um das Schott am schnellen Aufschwingen zu hindern. Vielleicht war eine der Waffen aus der Halterung gerutscht und drückte gegen die Schottwand. Er durfte sie nicht herausfallen lassen, denn der Sturz auf den Boden würde die empfindlichen Armaturen beschädigen. Während er sich mit der Schulter gegen das Schott stemmte, spürte er den Druck, der auf der Schottwand lastete. Vorsichtig, Zentimeter um Zentimeter, gab er nach und griff gleichzeitig mit der linken Hand hinter die Schottplatte, um die Waffe, die sich dort befinden mußte, am Herausfallen zu hindern.
Was die Hand zu fassen bekam, war in Wirklichkeit eine lederartige, nachgiebige Fläche, die unter dem Druck des Arms zurückwich und den tastenden Fingern keinen Halt bot. Erschreckt hielt Bob einen Augenblick lang in der Bewegung inne. Instinktiv zog er die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt. Durch den schmalen Spalt drang ein scharrendes Geräusch, als glitte etwas mit einer rauhen Oberfläche an der Schottwand entlang.
In einem plötzlichen Entschluß trat Bob einen Schritt zurück und riß das Schott auf. Für das, was dahinter war, kam die Bewegung zu schnell. Einen schrecklichen Augenblick lang verharrte es in der Lage, in der es die Schottwand gehalten hatte. Dann kippte es nach vorne und fiel polternd zu Boden.
Ein würgender Schrei stieg Bob in die Kehle. Fassungslos, unfähig sich zu bewegen, stand er halb vornübergebeugt und starrte auf den reglosen Körper, der zu seinen Füßen lag. Wie mit magnetischer Kraft zog ihn der merkwürdige Blick der großen, starren Augen an. Er beugte sich tiefer, und weit hinten in seinem Verstand schien eine schwere, dröhnende Glocke zu läuten. Die Umrisse der Dinge ringsum verschwammen und verschwanden. Er sah nur noch das blasse Gesicht mit den großen, leblosen Augen.
Von ganz weitem hörte er Liggetts Stimme sagen: „Warum haben Sie Sol Rosenblatt ausgerechnet in den Waffenschrank gelegt?"
Die Unruhe war wie ein beißendes Feuer. Noch nie in seinem Leben hatte Melbar Kasom sich so aus vollem Herzen gewünscht, daß die Zeit schneller verstrich. Mit dröhnenden Schritten, die Arme auf dem Rücken verschränkt, stapfte er durch den Kommandoraum des twonosischen Schiffes, und alle zehn Sekunden einmal warf er einen Blick auf den Bugbildschirm, von dem ihn die silberne Scheibe des Mondes Siren wie ein höhnisch verzogenes Gesicht angrinste.
Noch war kein Anzeichen dafür zu sehen, daß die Mutanten ihr Ziel erreicht hatten. Siren schwebte ruhig auf seiner Bahn. Seit Guckys Sprung war mehr als eine halbe Stunde vergangen. Der quälende Gedanke, daß etwas schiefgegangen sein könne, ließ Melbar nicht los.
Das gekaperte Schiff war inzwischen in die Formation des innersten Flottenrings eingedrungen. Die Twonoser verhielten sich jedoch ruhig. Das große, fremde Fahrzeug war auf vierzigtausend Kilometer Distanz geblieben. Melbar war nahezu sicher, daß es sich um das Flaggschiff handelte, von dem Whiley Liggett gesprochen hatte. Es bedeutete also keine Gefahr.
Auf einem der kleinen Seitenbildschirme erschien jetzt die Silhouette der Space-Jet, die sich langsam und vorsichtig an das gekaperte Schiff heranmanövrierte. Eine Sekunde lang empfand Kasom tiefe Bewunderung für Captain Liggett, der selbst in diesen Augenblicken der höchsten Aufregung die Ruhe nicht verlor, sondern seine Manöver so korrekt durchführte, als müßte er einer Prüfungskommission beweisen, daß er ein fähiger Pilot war.
Was das feindliche Flaggschiff betraf, so hatte Kasom noch keinen Entschluß gefaßt. Feststand lediglich, daß der Gegner die Informationen, die er aus der Untersuchung der Gefangenen erhalten hatte, nicht weiterleiten durfte. Der Gedanke, die Rückreise zur CREST an Bord eines komfortablen Großschiffes anstatt einer Space-Jet zu machen, war verlockend. Aber auf der anderen Seite lief ein
Weitere Kostenlose Bücher