025 - New York, New York!
Tunnel? Waren es fünf Minuten oder schon sechs?
Matt widerstand mühsam der Versuchung, das Display zu öffnen, um den Countdown zu überprüfen. Das hätte nur Zeit gekostet, die er nicht hatte.
Der Boden stieg langsam an, aber noch immer war kein Ende des Gangs und keine Tür nach draußen zu sehen. Eine weitere Minute verging, ohne dass sich an dem Bild etwas änderte.
Dann endlich kam eine Biegung. Matts Hoffnungen stiegen. Schlitternd bog er um die Ecke und stoppte. Vor ihm befand sich eine vielfach mit Holz ausgebesserte verrostete Eisentür. Die Klinke ließ sich nicht herunterdrücken, also zog er kräftig daran - und wurde vom eigenen Schwung beinahe umgeworfen.
Die Tür öffnete sich mühelos. Matt vermutete, dass der Gang regelmäßig genutzt wurde.
Helles Tageslicht fiel durch eine dünne Eisschicht in den Korridor. Ein Tritt zerbrach sie wie Glas. Matt sah hinaus auf die spiegelnde weiße Fläche der Bucht.
Vorsichtig machte er einen Schritt ins Freie. Der Gang hatte ihn bis zur Hafenmauer geführt, die sich hinter seinem Rücken erstreckte. Kleinere Eissegler lagen rechts und links von ihm und gaben ihm Deckung, als er weiter auf das gefrorene Meer hinaus ging.
Der Hauptmast der Santanna ragte über den Schiffen auf. Matt schätzte, dass sie vielleicht hundert Meter entfernt war. Er sah hinauf zur Hafenmauer und drückte sich rasch gegen den Stein. Schwerbewaffnete Soldaten patrouillierten über seinem Kopf. Zwischen ihnen bewegten sich Bürger, die mit Knüppeln und Äxten ausgerüstet waren. Es war klar, nach wem sie suchten.
Ich bin wohl der Staatsfeind Nummer eins, dachte Matt, während er an der Mauer entlang schlich. Solange niemand auf die Idee kam, gezielt nach unten zu sehen, war er relativ sicher.
Die meisten der Schiffe lagen verlassen vor ihm. Er tauchte unter Seilen und Planken hindurch, watete angewidert durch Abfall und Exkremente. Der Hafen stank wie eine Müllkippe.
Der massive Rumpf der Santanna tauchte vor ihm auf. Matt wusste, dass ihm der schwierige Teil erst noch bevorstand.
Es gab nur zwei Möglichkeiten, um auf das Schiff zu gelangen. Den Weg über die Planke - Selbstmord -, oder eine einhändige Kletterpartie über den Ausleger. Beides setzte ihm dem Blick der Soldaten aus, aber auf dem Ausleger hatte er wenigstens noch den Hauch einer Chance.
Matt stieß sich von der Mauer ab und lief geduckt über das Eis. Er rechnete jede Sekunde mit einem Alarmschrei, aber der blieb aus. Als er die hafenabgewandte Seite der Santanna erreichte, lehnte er sich erleichtert gegen die Bordwand und beruhigte seinen Herzschlag.
So weit, so gut, dachte er. Ein letzter Blick auf die leere Bucht, dann sprang er auf die breite Kufe.
Der Ausleger war durch zwei Holzbalken mit dem Rumpf des Schiffes verbunden. Matt kletterte auf den hinteren und richtete sich vorsichtig auf. Mit dem Sprengkopf in der Hand balancierte er über den vereisten Balken. Jeder Schritt brachte ihn näher an den Rumpf heran und weiter aus der Sicht der Soldaten. Nur noch wenige Meter… »Ich hab ihn! Da ist er!« Der Ruf gellte über die Bucht und ließ Matt zusammenzucken. Sein Fuß glitt vom Balken ab. Einen Moment kämpfte er um sein Gleichgewicht, dann stand er wieder sicher auf dem Holz.
Hinter ihm glitt ein Schlitten am Schiff vorbei. Der Lenker zeigte auf ihn und brüllte wie ein Wahnsinniger. Die Schreie wurden im Hafen aufgenommen. In die Soldaten kam Bewegung.
Matt überwand die letzten Meter eher durch Glück als durch Können. Er stieß sich vom Balken ab und zog sich an einem Arm über die Reling. Die Atombombe glitt ihm aus der Hand.
Er biss die Zähne zusammen, als sie polternd auf das Deck fiel und liegen blieb.
Nichts passierte.
Matt stieß die angehaltene Luft aus und schwang sich endgültig an Deck. Soldaten liefen auf das Schiff zu. Die ersten Lanzen und Pfeile flogen. Wütende Bürger schrien Flüche.
Der Amerikaner bemerkte einige Schwerter, die Colombs Leute wohl zurückgelassen hatten. Er griff nach einem und lief geduckt zwischen die Aufbauten.
Zwei gezielte Schläge in die Takelage reichten. Das Hauptsegel entfaltete sich knatternd und blähte sich im Wind.
Die Kufen knirschten, lösten sich vom Eis. Matt hastete zwischen den Seilen hindurch.
Pfeile zischten an ihm vorbei. Der Bolzen einer Armbrust bohrte sich direkt neben ihm in den Mast. Er ließ sich fallen, robbte wie im Manöver über den Boden. Seine Blicke fanden die Reling.
Die Planke, dachte er entsetzt, aber da war es
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