0253a - Die Bestie mit dem Todeszeichen
Schwester Madge, sie hat mit ihr auf derselben Station Dienst gehabt. Sie wird Ihnen mehr sagen können.«
Wir ließen uns den Weg zeigen und gingen in den anderen Flügel.
Madge war eine nette ältere Frau. Sie nahm uns mit in ein kleines Aufenthaltszimmer und setzte Kaffeewasser auf.
Wir berichteten ihr, was uns der Pförtner berichtet hatte.
Sie sagte nichts. Erst als sie den heißen Kaffee in eine Tasse gefüllt hatte und die ersten Schlucke getrunken hatte, sah sie auf.
»Dieser Freund, ja, er war Patient bei uns. Das war, als Judith gerade bei uns anfing. Sie hatte auf der Männerstation Dienst, und dort lag der Mann als Patient, er hatte irgendeine Magengeschichte.«
Ich unterbrach sie. »Erinnern Sie sich noch an seinen Namen?«
»Nein, das ist komisch. Ich weiß, dass er eine Magengeschichte hatte, ein Geschwür, glaube ich, aber an seinen Namen kann ich mich nicht mehr erinnern. Er lag in einem Einzelzimmer erster Klasse.«
»Und dann?«
»Er wurde gesund, und dann holte er sie immer hier ab. Er fuhr irgendeinen Rennwagen und Judith war begeistert. Sie war von den ehrlichen Absichten des älteren Mannes überzeugt. Dennoch hatte sie eines Tages einen neuen Begleiter. Mit diesem verlobte sie sich auch.«
»Wollte er sie heiraten?«
»Judith verlobte sich mit diesem jungen Mann. Er schien ganz nett zu sein, ich habe ihn einmal gesehen.«
»Mit Bill Brooks?«
»Ja, Bill hieß er. Ein schmaler Junge mit Hornbrille.«
»Und wie der andere Mann hieß, der ältere, könnten Sie das noch herausfinden?«
»Ich könnte schon, wenn ich die Unterlagen über alle Magenfälle der letzten zwei Jahre heraussuche, aber dazu brauche ich Zeit, und jetzt muss ich wieder zum Dienst.«
»Es wäre sehr wichtig, wann haben Sie Zeit?«
»Sobald ich fertig bin, will ich Ihnen gern helfen. Ich mochte Judith sehr gem. Hat es Zeit bis heute Abend?«
»Natürlich, bitte, rufen Sie mich an, ja?« Ich gab ihr unsere Telefonnummer, und wir verabschiedeten uns.
Wir stiegen in den Jaguar und fuhren los.
***
Das Mädchen, das in der Yokohama Bar ermordet worden war, hieß Annie Smith. Wir fuhren zu ihrer Wohnung. Es war ein düsteres Mietshaus in der Vierten Ost. Sie hatte dort mit einem anderen Mädchen zusammen gewohnt. Wir fanden 30 den Namen und stiegen die vier Treppen hinauf. Wir mussten dreimal läuten, bevor sich etwas rührte.
Als die Tür aufging, wehte uns ein muffiger Gestank von Zigaretten, Bier und billigem Parfüm entgegen. Die Frau, die uns aufmachte, schien noch halb zu schlafen.
»Wollt ihr denn?«, lallte sie.
Wir zeigten unsere Ausweise. Sie ließ uns herein.
In dem kleinen Zimmer sah es aus wie nach einem Vulkanausbruch. Wir kämpften uns durch die Wäsche, die Strümpfe, die leeren Flaschen und Bierbüchsen.
»Miss…« begann ich. Sie winkte ab.
»Nennen Sie mich Lou, so nennen mich alle.« Mit einer Handbewegung fegte sie zwei Stühle frei Und schob sie uns hin, dann ließ sie sich auf ihr Bett fallen, und zündete sich eine Zigarette an.
»Hier bei Ihnen wohnte doch Annie Smith?«
Sie lachte.
»Haben Sie sich nicht mit ihr vertragen?«
»Ach, vertragen. Es war gut, dass sie hier wohnte. Allein hätte ich die Miete nicht zahlen können. Außerdem hat sie immer Geld aufgetrieben, wenn auch schon lange nicht mehr so viel wie früher.«
»Früher?«
»Ja, als sie noch regelmäßig arbeitete.«
»Wo hat sie gearbeitet?«
»In der Yokohama Bar. Ich habe ihr immer gesagt, sie soll nicht mehr hingehen, aber sie war nicht davon abzubringen.«
»Sie ist dort ermordet worden.«
»Ja, so etwas nimmt ein schlechtes Ende.«
»Was?«
»Also, vor gut zehn Jahren war sie dort auf gekreuzt. Ich war dort als Bardame beschäftigt. Die Bar ging nicht schlecht, es war die erste von dem Burschen.«
»Chris Ormand?«
»Ja. Damals war er noch selbst in der Bar tätig. Eines Tages kommt Annie, und es gab eine große Wiedersehensfeier. Die beiden kannten sich. Sie bekam sofort einen Job. Meinen Job, genau gesagt.«
»Und Sie flogen raus?«
»Klar. Ich überredete sie, zu mir zu ziehen, und so konnte ich mich einigermaßen über Wasser halten. Aber gemocht habe ich sie nie.«
»Und dann?«
»Ormand verdiente Geld. Eines Tages kam eine Neue, und er setzte Annie auf die Straße. Sie rannte immer wieder hin, obwohl Ormand schon lange nicht mehr selbst dort war. Der Barkeeper und der Geschäftsführer gaben ihr den Whisky immer zum halben Preis.«
»Und warum rieten Sie ihr, nicht mehr dorthin zu
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