0255 - Als die Pflanzen Rache nahmen
Nicole kämpfte, sagte ihm genug. Zudem war sie geflohen, als der Polizeiwagen kam.
Plötzlich fühlte er die Gefahr.
Sie war ganz nah, viel näher, als er dachte.
Er hob die Hände, ballte sie zu Fäusten und fühlte den Windzug. Er kam nicht mehr dazu, sich zu drehen. An seinem Hinterkopf explodierte das Universum und stürzte ihn in einen dunklen Schacht ohne Ende.
***
Verwirrt sah Laury Garrick auf den Mann zu ihren Füßen herab. Sie wußte nicht, warum sie ihn niedergeschlagen hatte. Sie verstand überhaupt nichts mehr. Alles in ihr war ein einziger tobender Orkan. Sie verlor längst die Übersicht.
Flucht, weil sie das Ungeheuer nicht hatte töten können… der Verfolger… kannte sie ihn nicht? Aber woher? Da war eine Erinnerung in ihr, die nicht ihre eigene war. Und da war das Wissen, daß sie diesen Mann töten mußte.
Der Zwang wurde immer stärker.
»Aber warum soll ich ihn töten?« flüsterte sie heiser. »Warum? Was hat er mir getan?«
Sie erhielt keine Antwort darauf, aber der Druck auf ihren Geist wuchs wie das Pflanzenmonster in ihr, das sich ausbreitete, seine Nahrung aus dem schwarzen Nichts der Magie erhielt und immer mehr Einfluß gewann.
Laury Garrick besaß bei weitem nicht den Widerstandswillen, über den Nicole Duval verfügte. Zudem waren die Anstrengungen der letzten vierundzwanzig Stunden nicht überwunden, der Schock über den Pflanzenangriff und die Poltergeist-Effekte, der Schock über Steves Tod.
Der grüne Tod hatte leichtes Spiel.
Laury Garrick kniete neben dem Bewußtlosen nieder. Ihre Hand tastete nach einem Stein und hob ihn empor. Weit holte sie aus, um dem Mann mit diesem Stein den Kopf zu zerschmettern.
***
MacClany erhob sich. Die junge Frau in der schwarzen, zerrupften Kleidung war benommen, aber nicht ernstlich verletzt. Er hob sie vom Boden und bettete sie auf den Fahrersitz der Jaguar-Limousine. Dann sah er sich wieder nach Zamorra um.
Der Gespensterseher war nirgends zu sehen.
MacClany eilte ihm jetzt doch nach. Aus der Tür des Hauses, neben dem die Flüchtige und Zamorra verschwunden waren, tauchte ein Mann auf, der besonders mutig sein mußte. Er begnügte sich nicht damit, vom Fenster aus zu beobachten, sondern wagte sich ins Freie.
»He! Sie da!« schrie er MacClany an, der gerade über den Zaun hinwegsetzte. »Was soll das? Was machen Sie auf meinem Grundstück?«
MacClany winkte ab und verschwand neben dem Haus.
Jetzt wurde der empörte Besitzer aktiv. Er jagte hinter MacClany her. Der gehörte zur Kripo, war deshalb in Zivil und nicht auf Anhieb als Polizist zu erkennen. So setzte der Mann ihm nach und ließ dabei bereits seine gewaltigen Muskeln spielen.
Plötzlich sah MacClany einen Schatten vor sich, der mit etwas ausholte.
»Halt!« schrie MacClany. »Keine Bewegung! Polizei!«
Er riß die Dienstwaffe aus dem Schulterholster und feuerte einen Schuß in die Luft ab.
Die Gestalt sprang auf. MacClany sah, daß es die flüchtige Frau war. Im nächsten Moment sah er Sterne. Der Hausbesitzer packte zu, riß MacClany herum und versetzte ihm dazu eine Ohrfeige, daß es schallte. Der Polizist stolperte, stürzte. Sofort war der Bullige über ihm, riß ihm die Pistole aus der Hand und warf sie zur Seite.
»So, Freundchen, und jetzt erzählst du mal, was es auf meinem Grundstück zu schießen gibt! Anschließend gehen wir beide zur Polizei…«
»Selber Polizei«, keuchte MacClany. »Lassen Sie mich los, Sie Narr!«
»Wie nennst du mich?« fauchte der Bullige.
Es dauerte einige Zeit, bis MacClany sich ausgewiesen hatte. Die Frau war natürlich endgültig spurlos verschwunden, und es bestand keine Aussicht, ihre Spur wieder aufzunehmen.
MacClany konnte den Bulligen immerhin überreden, zusammen mit ihm den Bewußtlosen zur Straße zu bringen. Dort war Nicole wieder einigermaßen bei Besinnung. Fassungslos sah sie Zamorra an.
Der kam erst nach einer Viertelstunde wieder auf die Beine.
Er griff nach Nicoles Hand. Sie zog sie zurück, und da sah Zamorra die grünen Punkte an den Fingerkuppen. Die hervorgewachsenen Zweige waren inzwischen abgefallen, weil sie im Moment nicht mehr gebraucht wurden, aber es gab unauslöschliche Spuren.
Zamorras Stirn umwölkte sich.
»So ist das also«, murmelte er. »Ich hatte gehofft, das Ungeheuer sei tot. Jetzt sehe ich es in dir, Nici…«
Nicole schluckte.
»Es hat mich nicht mehr unter Kontrolle«, sagte sie. »Ich habe es verdrängt, aber es ist noch da… faß mich lieber nicht an. Ich kann nicht
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