0259 - Messalinas Höllentrank
knarrte die Stimme des Anführers der Männer, die hier das Amt des Henkers vollzogen. »Moriendum est! - Jetzt wird gestorben!«
Dann ging alles ganz schnell. Für die Sklaven war es ein Routinefall. Sie zerrten die drei Verurteilten zu den Kreuzen. Im Zurückschauen sah Zamorra, daß an die Schrägbalken Leitern angelegt wurden. Dann warf man über die Balken starke Taue. Zwei Männer preßten Zamorra mit dem Rücken an das Kreuz und zogen das Tau unter seinen Armen hindurch. Im nächsten Augenblick spürte der Parapsychologe, wie er den Halt unter den Füßen verlor. Mit ruckartigen Bewegungen zog man ihn am rauhen Holz des Kreuzes empor. Bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte man die Fesseln seiner Hände mit einem scharfen Messer aufgetrennt. Bevor er jedoch zu einer Abwehrreaktion fähig war, zerrte man ihm die Arme auf den Querbalken und band sie mit Lederschnüren fest. Im selben Augenblick wurde der Strick unter den Achseln weggezogen. Das volle Körpergewicht zerrte an den Armen.
Der Kopf des Parapsychologen fuhr herum. Auch Michael Ullich und Carsten Möbius hingen bereits an den Kreuzen.
War das diesmal das Ende? Gab es wirklich keine Hoffnung?
Schon kletterte einer der Sklaven die Leitersprossen empor, der in seiner Hand vier mächtige Nägel und einen Hammer hielt.
Professor Zamorra schloß die Augen und biß auf die Zähne, als er die Spitze des Nagels auf seinem Handgelenk verspürte. Gleich - gleich würde der Nagel mit wuchtigen Hammerschlägen durch seine Hand in das Holz getrieben werden…
***
»Bei diesem Fest werden wir uns vermählen, Silius!« gurrte Messalina in das Ohr des schlanken, gutaussehenden Mannes. »Danach erkläre ich Claudius für verrückt und unzurechnungsfähig und setze ihn ab !«
»Aber - hast du denn diese Macht, Messalina?« fragte Silius zaghaft. Er wußte, daß Claudius seiner Gemahlin viele Staatsgeschäfte überließ, die sie zusammen mit seinen Privatsekretären erledigte. Aber den Kaiser absetzen - das war so eine Sache. »Die Legionen und die germanische Leibwache sind ihm treu ergeben!«
»Aber die einflußreichsten Männer haben meinen Trank genommen!« sagte Messalina, über die Scuarus, der Dämon, jetzt wieder alle Kontrolle hatte. »Den gleichen Trank, den du auch getrunken hast. Auf meinen Befehl werden die Männer sich erheben und die wichtigsten Posten besetzen. Posten, die noch Männer innehaben, die nicht zu uns gehören!«
»Narcissus?!« fragte Cajus Silius.
»Der zuerst!« erklärte Messalina. »Dazu Pallas, das Finanzgenie, Callistus und Polybos. Nicht zu vergessen Xenophon, den Leibarzt meines göttlichen Gemahls. Wenn der rechte Augenblick gekommen ist, werden treue Diener dafür sorgen, daß sie Claudius auf dem Wege in den Orcus vorangehen. Ist der Cäsar erst tot, wird niemand unserem Glück im Wege stehen…«
Hinter einem schweren Brokatvorhang zuckte ein schlanker Mann zusammen, den man hätte hübsch nennen müssen, wenn über seinem Gesicht nicht ein Zug von Machtgier gelegen hätte. Doch nun war es kalkig geworden. Ohne ein Geräusch zu verursachen, schlich er sich hinweg. Einige Gänge weiter gaben die Prätorianer, die vor den Gemächern der Kaiserin standen, mit den präsentierten Speeren den Ehrengruß.
Mit schnellen Schritten eilte der Horcher in ein geschmackvoll eingerichtetes Gemach, dessen Tisch mit Buchrollen übersät war.
Auf sein Händeklatschen erschien ein Sklave.
»Rufe mir sofort Pallas, Callistus, Polybos und Xenophon!« klang mit scharfer Stimme der Befehl auf.
»Ich gehorche, edler Narcissus!« verbeugte sich der Sklave und eilte davon…
***
»Halt!« klang eine helle Stimme an Professor Zamorras Ohr. »Halt! Ich befehle es!«
Der Parapsychologe riß die Augen auf. Beiläufig nahm er wahr, daß der Henker den Hammer, mit dem er den langen Nagel durch die Handwurzel treiben wollte, sinken ließ. Aus seinem Mund kam ein häßlicher Fluch.
Vor den Kreuzen stand eine zierliche Gestalt in weißem Gewand. Ein über den Kopf geschlagenes Tuch verdeckte einen Teil der Gesichtspartien.
»Verschwinde! Wir tun, was uns befohlen wurde!« knurrte der Henker. Der Hammer wurde wieder zum Schlag erhoben.
»Ich befehle, die Männer freizulassen!« ertönte die Stimme wieder. Eine Frau oder ein Mädchen - Zamorra konnte es nicht genau erkennen. »Ich befehle es im Namen der Göttin Vesta!«
»Eine Vestalin… es ist uraltes Gesetz… der Verurteilte, der vor seiner Hinrichtung eine Vestalin sieht, muß
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