026 - Stadt der Untoten
trug einen ampelroten Lippenstift, der ihr Gesicht wie eine Clownsmaske aussehen ließ. Um ihren Kopf und um die Schultern hatte sie ein Sülfell drapiert, dessen intakter Schädel auf ihren Haaren ruhte und Matt anzustarren schien.
Zu seiner Rechten: Si'Logah, ein hagerer Buchhaltertyp, der in Matts Alter war, aber bereits die Kohlenminen der Stadt unter sich hatte. Seit Beginn des Festes hatte er keine fünf Worte gesagt, worüber Matt nicht unbedingt traurig war.
Er warf einen sehnsüchtigen Blick zum zweiten Tisch, der am anderen Ende des Raums aufgebaut worden war. Dort saß Colombs Mannschaft, die - wenn man nach ihrer Lautstärke gehen konnte - wesentlich mehr Spaß hatte als die feine Gesellschaft am Haupttisch.
Auch Yuli saß bei der Mannschaft. Ihre Begegnung mit dem Frosen hatte sie ziemlich verstört. Nachdem er verschwunden war, hatte sie noch Stunden auf der Fackel ausgeharrt, bevor sie den Abstieg wagte. Eigentlich hatte sie nach diesem Erlebnis nicht zum Fest kommen wollen, aber Colomb hatte sie überredet.
Neben Matt saßen der Kapitaan, seine Hauptfrau Bieena und der Gelehrte Cosimus am Haupttisch. Man hatte sie zwischen den Würdenträgern verteilt, so dass alle etwas von den exotischen Gästen hatten.
Colomb war geradezu genötigt worden, die Geschichte seiner Überfahrt ein weiteres Mal zu erzählen, während Matt, als er auf die Beule an seiner Stirn angesprochen wurde, nur lahm behauptet hatte, er wäre eine Treppe heruntergefallen.
Den darauf folgenden Heiterkeitsausbruch konnte er sich nur damit erklären, dass er die Nuu'orks mit dieser Bemerkung auf die Idee gebracht hatte, in Euree gäbe es etwas so Fortschrittliches wie Treppen nicht.
»Maa'or«, sagte in diesem Moment ein übergewichtiger, rotgesichtiger Mann, neben dem Cosimus mit gequältem Gesichtsausdruck saß. »Das Pack auf der Straße ist unruhig wegen der Frosen. Was gedenkt Ihr in dieser Angelegenheit zu unternehmen?«
Der Maa'or sah aus, als habe er in eine Zitrone gebissen. Offensichtlich behagte ihm das Thema nicht.
»Nun«, entgegnete er, »ich bin wirklich froh, dass Ihr mir diese Frage gestellt habt, Si'Nomann.«
Matt unterdrückte ein Grinsen. Selbst nach fünfhundert Jahren Barbarei hatten sich die Floskeln der Politiker nicht geändert.
»Die Frosen«, fuhr der Maa'or fort, »sind ein Problem, aber keine Bedrohung. Ich habe die Präsenz der Soldaten in den Straßen erhöht, damit sie die Situation beobachten. Im Laufe des morgigen Tages erwarte ich die Einschätzung meines Kommandanten, die mir bei meiner Entscheidung helfen wird. Dann sehen wir weiter.«
»Ihr haltet sie also nicht für gefährlich?«, fragte Si'Nomann.
Der Maa'or schüttelte den Kopf. »Nein, höchstens für hässlich.«
Höfliches Lachen folgte dieser Antwort.
Matt stimmte der Einschätzung des Bürgermeisters nur zum Teil zu.
Die Frosen zeigten zwar keine Aggressivität, aber seine eigenen Erfahrungen, als er kurz von den Würmern befallen worden war, wiesen zumindest darauf hin, dass sie auch weiterhin Menschen angreifen würden. Er hatte den Eindruck, dass der Maa'or das Problem unterschätzte - vielleicht deshalb, weil die Seuche nur unter den verachteten Sabwejs grassierte.
»Einer meiner Aufseher berichtete heute, die Nomaden seien aus der Stadt gezogen«, mischte sich Si'Logah ein.
La'Elona legte Matt eine Hand auf den Arm. »Ein schmutziges und widerwärtiges Volk. Seid froh, dass Ihr es nur aus der Ferne gesehen habt.«
»Niemand weiß, aus welchen Gründen die Nomaden handeln«, sagte der Bürgermeister. »Vielleicht sind sie morgen schon wieder da, vielleicht erst nächsten Winter. Das hat wohl kaum etwas mit den Frosen zu tun.«
Sein Tonfall machte deutlich, dass er das Thema abschließen wollte, aber Si'Logah ließ sich nicht so leicht einschüchtern. Matt hatte den Eindruck, dass die beiden Männer sich nicht ausstehen konnten.
»Die Handlungen der Nomaden sind sehr klar abzuschätzen. Im Winter kommen sie zu uns, im Sommer ziehen sie nach Norden. Dieses Mal gehen sie jedoch nach Süden. Findet Ihr das nicht merkwürdig, Maa'or?«
Stille senkte sich über den Tisch. Jedem war klar, dass Si'Logah den Bürgermeister mit diesen Worten provoziert hatte.
Aus den Augenwinkeln nahm Matt eine kurze Bewegung wahr. La'Elonas Weinglas zerbrach laut klirrend auf dem Rand ihres Tellers.
»Huch!«, schrie sie auf. »Jetzt seht Ihr, was all dieses Gerede über Frosen und Nomaden anrichtet. Ich bin schon ganz nervös. Das
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