0261 - Vom Teufel besessen
verdammte Wahnsinn denn schon wieder?
Im Geschäft hatte sie sich sicherer gefühlt, da waren Möglichkeiten zur Flucht gegeben. In der Wohnung kam sie sich vor wie in einem Gefängnis.
Sie konnte nicht raus, nicht aus dem Fenster springen — und…
Mit einem Ruck wollte sie hoch. Doch da war etwas, das sie hinderte.
Sie hatte es nicht gesehen, nicht gehört, aber es war da und lauerte unter dem Bett.
Zwei krakenartige, lange, grüne, glitschige Arme stießen rechts und links des Betts hervor, wurden immer länger und umfaßten blitzschnell ihren Körper.
Gegen diese Kraft kam Isabella nicht an.
Die Arme hatten sie genau im richtigen Augenblick erwischt und übten den entsprechenden Gegendruck aus. So wurde sie auf das Bett gepreßt und konnte sich nicht mehr rühren.
Der Teufel aber lachte. Seine Fratze unter der Decke bewegte sich zuckend.
»So!« flüsterte er dann. »So, mein Täubchen, jetzt werden wir mal zur Sache kommen. Warte es ab…«
***
Nicht sehr weit von der Wohnung der Isabella Norton entfernt, saß eine andere Frau vor dem Fernsehapparat. Sie war um gute zehn Jahre jünger als die Geschäfts-Inhaberin. Auch sie trug das rötliche Haar mit den braunen Streifen ziemlich lang, und sie war von der Figur her ebenso schlank wie Isabella Norton.
Die andere Frau hieß Miriam di Carlo, und sie war ein Medium!
Ein Erbe und ein Fluch. Beides lastete auf ihr, denn Miriam empfand dies nicht als Beglückung. Sie ging sogar so weit, daß sie ihre hellseherischen Begabungen nicht kommerziell nutzte, sondern sie mit sich allein ausmachte.
Immer wenn etwas Ungewöhnliches geschah, spürte sie es vorher. Am schlimmsten war es damals gewesen, als sie in einem ihrer Wachträume den Untergang der Millionenstadt London erlebt hatte. Über allem schwebte das Gesicht einer Frau, die man als die Teufelstochter Asmodina bezeichnet hatte.
Ihre schlimmen Befürchtungen waren nicht eingetreten, es hatte sich um einen magischen Bluff gehandelt, und ein Mann namens John Sinclair hatte sich hart eingesetzt und der Teufelstochter eine Niederlage in London bereitet. [2]
Lange Zeit nach diesem schrecklichen Vorfall hatte Miriam di Carlo nichts mehr von ihren sensitiven Begabungen gespürt, hin und wieder war etwas aufgeflackert, doch eine konkrete Gefahr hatte sie nicht herausfinden können.
Bis zu diesem Tage.
Es hatte schon am Mittag begonnen, als sie aus der Pause kam und ihren Arbeitsplatz innerhalb des Großraumbüros einnahm. Da hatten die Kopfschmerzen angefangen, gegen die auch die Einnahme von zwei Tabletten nichts halfen. Die Stunden waren quälend vergangen, der Schmerz hämmerte hinter ihrer Stirn, und sie hatte eine Stunde vor Feierabend das Büro verlassen.
In der U-Bahn waren die Schmerzen noch stärker geworden, an der frischen Luft flauten sie ab, und gegen Abend fühlte sich Miriam di Carlo immerhin so wohl, daß sie einen Blick auf das Fernsehprogramm werfen konnte.
Als die Nachrichten anfingen, schaltete sie aus. Sie wollte die Meldungen von Elend, Krieg und Terror einfach nicht hören. Es reichte ihr. Die Erde war zu einem Kessel der Gewalt geworden, der irgendwann explodieren konnte.
Sie trat an das Wohnzimmer-Fenster ihres Hochhaus-Apartments und schaute über die Dächer von London. Immer wenn sie das tat, wurde sie an den schlimmen Fall damals erinnert, und sie suchte automatisch den Himmel nach dem Gesicht dieser grausamen Frau ab.
Er war leer geblieben, und auch heute blieb er grau. Behängt mit Wolken, die das Licht der Sterne verdeckten.
Sie drehte sich wieder um. Eigentlich hatte sie ins Kino gehen wollen.
Dustin Hoffman in seiner herrlichen Frauenrolle als Tootsie, aber daraus wurde nichts, sie hatte Angst, daß die Kopfschmerzen zurückkehrten, und sie sollte sich nicht getäuscht haben.
Die Schmerzen kehrten zurück.
Es war ein harter Stich, der da durch ihren Schädel zuckte. So schmerzhaft, daß Miriam sich krümmte und nach vorn fiel. Torkelnd bewegte sie sich weiter, passierte den Tisch und faßte neben die Sesselkante, an der sie sich abstützen wollte.
Im Zimmer stand auch ein Schreibtisch. Auf den Stuhl davor ließ sie sich fallen und blieb erst einmal sitzen.
Im selben Augenblick verschwanden auch die Schmerzen, doch etwas blieb zurück.
Ein seltsames Gefühl, das den Willen der Frau beeinträchtigte. Sie stellte dies fest, als sie an etwas Bestimmtes denken wollte, doch dieser Gedanke von einem anderen überlagert wurde.
Weshalb sie zu einem Kugelschreiber griff,
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