0261 - Vom Teufel besessen
denn sie wußte von ihrer Gabe, und wenn andere davon erfuhren, konnte das oft lästig sein und eine Freundschaft zerstören. Zwar kannte sie relativ viele Menschen, jemand mit dem außergewöhnlichen Vornamen Isabella war jedoch nicht dabei.
Es mußte trotz allem eine Fremde sein.
Aber diese Isabella Norton schien sich in Gefahr zu befinden. Und Miriam di Carlo mußte etwas tun.
Mitten im Raum blieb sie stehen. Ihre Stirn legte sich in Falten, glättete sich wieder, und schon hatte sie einen Entschluß gefaßt Sie besaß die Telefonbücher von London. Der Name Norton war zwar häufig, doch in Verbindung mit dem Vornamen Isabella sicherlich nicht.
Es dauerte trotzdem fast eine halbe Stunde, bis ihre Sucherei den gewünschten Erfolg zeigte.
Der Name stand sogar fettgedruckt, denn er diente gleichzeitig als Firmenbezeichnung. Isabella Norton besaß eine Boutique nahe der King's Road.
Die Privatadresse lag ebenfalls in Chelsea und mußte sich nicht weit von der Themse befinden. Miriam di Carlo überlegte nicht mehr lange, holte sich das Telefon heran und tippte die Rufnummer ein. Besetzt war der Anschluß nicht, es läutete ein paarmal durch, aber es hob niemand ab.
Da gab es zwei Möglichkeiten für Miriam. Entweder war die Frau nicht zu Hause oder ihr war bereits etwas zugestoßen. Sehr nachdenklich legte Miriam auf; bevor sie aus dem Sessel schnellte, in die Diele lief und ihre dreiviertellange Winterjacke aus Blousonstoff vom Haken nahm. Sie hatte plötzlich keine Ruhe mehr. Wenn sich die Frau tatsächlich in Gefahr befand und sie nichts unternahm, würde sie sich ihr Leben lang nur Vorwürfe machen.
Mit dem Fahrstuhl fuhr sie nach unten in die Tiefgarage, wo ihr kleiner Honda parkte.
Unterwegs merkte sie bereits, daß sich etwas zusammenbraute. Miriam hatte viel auf ihre Gefühle gegeben, das tat sie auch jetzt. Und das Gefühl kündete ihr Gefahr an.
Nicht nur für Isabella Norton, auch für sie…
***
Der Vorort Chelsea gehört noch immer zu den Vierteln von London, wo Begüterte wohnen. Neben den alten Häusern gab es auch moderne Bauten. Apartment-Burgen mit unverschämt hohen Mieten und nicht selten Penthäusern auf den Dächern.
Das Haus, auf dessen Dach Isabella Norton wohnte, lag innerhalb eines kleinen Parks. Man konnte es auch als künstliche Grünfläche vom Reißbrett ansehen, mit gepflegten Wegen, Bänken und einem schalenförmig angelegten See.
Laternen säumten die Zufahrt zum Parkplatz und auch den Weg zum Haus hin.
Wir hatten eine verschlossene Tür zu überwinden und einen störrischen Hausmeister.
Daß wir zu dritt bei ihm erschienen, war ihm suspekt. Er blieb in schräger Haltung in seiner Kabine hocken, wobei er einen Arm unter sein Pult geschoben hatte, denn sicherlich umklammerte er irgendeine Waffe.
»Was wollen Sie?« fragte er knurrig.
Ich hatte meinen Ausweis bereits in der Hand und hielt ihn so hoch, daß er ihn sehen konnte.
»Polizei?«
Es waren immer dieselben Fragen, die wir gestellt bekamen, und ich nickte.
»Es geht um eine Mieterin, die hier lebt«, fuhr Suko fort. »Sie heißt Isabella Norton.«
Die Augen des Mannes wurden groß. »Ja, die wohnt hier. Sogar im Penthouse, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Mrs. Norton…«
»Das brauchen Sie auch nicht«, unterbrach ich ihn. »Für uns stellt sich die Frage, ob Mrs. Norton zu Hause ist?«
»Ja, ich habe sie reinkommen sehen.«
»Allein?« fragte Bill.
Der Portier drehte den Kopf, so daß er den Reporter anschauen konnte.
»Natürlich.«
Bill zeigte beim Grinsen seine Zähne. »So natürlich ist es ja wohl nicht. Sie kann auch einen Begleiter gehabt haben.«
»Schon…«
»Ist Ihnen etwas an ihr aufgefallen?« wollte ich wissen.
»Wieso?«
»War sie anders als sonst?«
»Ja, schon.« Der Mann strich über seinen schmalen Nasenrücken. »Sie war nicht so aufgeräumt und freundlich, wissen Sie.«
»Hatte sie schlechte Laune?«
»Das kann ich nicht beurteilen, Sir. Jedenfalls ist sie grußlos zum Lift gegangen. Sie besitzt für ihr Penthouse nämlich einen Extra-Fahrstuhl.«
»Wo ist er?«
Jetzt kam der Knabe aus seiner Loge. »Da, ganz links außen, aber den können Sie nicht benutzen. Die Tür ist immer abgeschlossen. Mrs. Norton hat den Schlüssel.«
»Sie doch sicherlich auch?«
Der Hausmeister bekam einen roten Kopf. »Ja, für den Notfall…«
»Dann schließen Sie auf!«
»Ohne Mrs. Norton zu fragen, Sir?«
»Genau, das ist nämlich ein Notfall«
»Ob das ohne weiteres geht,
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