0265 - Das Zeitauge
gewissen Fatalismus zu verfallen.
Rhodans Stimme riß sie aus ihrem dumpfen Brüten: „Und wir schaffen es doch!"
6.
Eine heftige Erschütterung ließ das Zeitauge schwanken. Als die Männer des Sonderkommandos wieder Halt gefunden hatten, bemerkten sie, daß es vor den Bildschirmen des Fahrzeugs dunkel geworden war.
„Was war das?" fragte Pierre Messier ächzend. Der kleine Marsianer blutete aus einer aufgeschlagenen Augenbraue. Achtlos fuhr er mit der Hand darüber und wirkte danach wie ein grell geschminkter Clown.
„Stromausfall", konstatierte Shelton gelassen. „Log, kannst du feststellen...?" Er unterbrach, als er merkte, daß der Psi-Roboter verschwunden war.
„Er wird sich draußen umschauen, schätze ich", warf Captain Uwanok ein. „Und wir sollten es ebenfalls tun.
Ich habe den Eindruck gewonnen, als wäre irgendwo in M'adun eine Bombe gefallen. Schätze, es wäre unangenehm, wenn wir hier von einem halutischen Vernichtungskommando überrascht würden."
Der Oberst überlegte sekundenlang, dann schüttelte er ablehnend den Kopf.
„Wir müssen abwarten, welche Nachricht Log uns bringt. Bestünde unmittelbare Gefahr für uns, würde der Zwerg uns nicht allein lassen."
Wie zur Antwort darauf materialisierte Logs winziger Metallkörper mitten zwischen den Menschen. Er imitierte eine Ehrenbezeigung und meldete: „Halutisches Kleinraumschiff zerstörte Hauptkraftwerk M'aduns durch Strahlkanonenbeschuß. Die Haluter waren gerade dabei, aus ihrem gelandeten Fahrzeug auszusteigen, als ich draußen ankam."
„Dann müssen wir fort!" erwiderte Shelton.
„Ihr Menschen lernt wohl nie, meine Fähigkeiten anzuerkennen", meinte der Roboter mit sanftem Vorwurf. „Dachtet ihr wirklich, ich würde wegen ein paar Halutern das Zeitauge im Stich lassen...?"
„Du hast sie vernichtet?" fragte Messier.
„Ich bin kein Freund physischer Gewalt. Außerdem: Wie leicht hätte einer dieser tollwütigen Giganten Icho Tolots direkter Vorfahr sein können! Welcher unersetzlicher Helfer wäre dann der Menschheit verlorengegangen!"
„Geschwafel!" knurrte Aino. „Was hast du unternommen?"
„Ihr organischen Fehlentwicklungen habt überhaupt keine Phantasie. Also gut: Die Haluter haben eingesehen", daß ihr Vorgehen verbrecherisch und gegen die Naturgesetze ist. Sie stiegen in ihr Schiff und flogen wieder ab, Richtung Halut. Wenn ich nicht irre, werden sie sich dort als Verkünder der Besinnung betätigen."
Oberleutnant Messier lehnte sich gegen die Wand, als wären seine Beine nicht mehr in der Lage, den Körper zu tragen. Sein Gesicht wirkte versonnen, so, als schaue er geistig in eine entfernte Zukunft.
Oberst Shelton schaute seinen Untergebenen ratlos an. Er, der „Eisberg", verfügte zwar über eine gehörige Portion mehr Kaltblütigkeit und Selbstbeherrschung als der kleine Marsianer, aber dieser Vorteil ging auf Kosten der Phantasie. Genau genommen besaß Shelton überhaupt keine Phantasie.
„Was ist los, Messier?" fragte er.
Pierre lächelte wie ein unschuldiges Kind, das von einem Sonnenstrahl geweckt wurde und noch seinem Traum nachhängt.
„Oh, ich dachte nur daran, daß Log etwas ausgesät hat, das in unserer Zeit Früchte tragen wird."
Der Oberst stutzte. Sein Gesicht wirkte wie ein einziges Fragezeichen.
Captain Uwanok lachte heiser.
„Der Kleine meint, unser Robot hätte den Grundstein gelegt zur späteren friedlichen Entwicklung der halutischen Rasse."
„Und das, glauben Sie?"
Der Eskimo hob die Schultern.
„Jedes Wesen hat zwei Seelen, eine, die im Körper wohnt und eine, die zu seinem geistigen Schatten gehört. So heißt es jedenfalls in der uralten Religion der Innuit, wie sich mein Volk heute noch nennt. Der geistige Schatten verkörpert das Überirdische, das zur Vollkommenheit strebt."
Seine Augen glänzten.
„Auch die Haluter haben ihre 'Schatten', Sir. Ich bin sicher, daß Log nichts getan hat, was nicht ohnehin als Keim in den Seelen der Giganten liegt. Vielleicht hat er den schlafenden Keim nur geweckt, aber auch ohne seine Hilfe wäre er früher oder später aufgebrochen."
„Das übersteigt meine Vorstellungskraft", gab Shelton zu. „Ich bin Praktiker, und deshalb denke ich, wir könnten jetzt, da die Sicherheitsanlagen vorübergehend keinen Strom bekommen, hinausgehen und uns M'adun näher ansehen. Vielleicht finden wir etwas, das uns bei unserem Problem weiterhilft."
„Du hast es erfaßt, Terraner!" Log kicherte wieder einmal.
Aino Uwanok warf sich
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