0266 - Der Flammengürtel
Rache der Locusta…! «
***
»Es sind nur noch wenige hundert Meter. Aber sie werden länger als hundert Kilometer werden!« erklärte Aurelian, der sich in Rom am besten auskannte. Sie hatten den Tempel des Flußgottes Posthumnus erreicht, der heute noch auf dem alten Forum Boarium in der Rundform zu sehen ist. Die Marmorwände waren zwar glühendheiß, aber sie waren für einen Moment vor den züngelnden Flammen sicher. Doch auch von hier war durch zusammengestürzte Häuser der Weg zum Fluß versperrt.
Regina Stubbe war am Ende ihrer Kräfte. Sie wurde von den beiden Männern mehr mitgeschleift als sie lief. Ihren Kopf hatte sie wie Zamorra und Aurelian mit Tüchern umwickelt, die sie zufällig beim Marcellustheater gefunden hatten. Dadurch waren sie einigermaßen vor der Wirkung des Feuers geschützt.
» Wasser! Nur einen Tropfen!« flüsterten ihre trockenen Lippen.
»Da hinten«, wies Professor Zamorra mit der rechten Hand auf ein Bauwerk, das sich wie ein Urweltungeheuer quer über die Dächer von Rom zog. »Das ist die Aqua Claudia, die Wasserleitung, die Kaiser Claudius bauen ließ. Wenn wir die erreichen, sind wir in Sicherheit!«
»Dann los!« nickte Aurelian. »Die Hitze zerstört unsere Kräfte! Reiß dich zusammen, Regina. Vorwärts!«
Die beiden Freunde ergriffen die Hände des Mädchens. Ohne noch einmal hinter sich zu blicken rannten sie los, Regina Stubbe mit sich reißend.
»Vorwärts! Wir müssen vorwärts!« keuchte Professor Zamorra. Der Meister des Übersinnlichen spürte, wie ihn seine Kräfte verließen. Der ausgelaugte Körper gab nichts mehr her. Er spürte, wie die Hand des Mädchens plötzlich schlaff wurde. Entsetzt erkannte er, daß Regina Stubbe ohnmächtig zusammensank.
»Faß mit an, Aurelian!« krächzte seine Stimme »Wir müssen … es schaffen. Wir … müssen … es…!«
***
»Zurück, göttlicher Kaiser. Du kommst nicht hindurch!« Der stämmige Mann in der Rüstung des Präfekten der Prätorianergarde hielt den gedrungenen Körper des Herrschers zurück. »Ganz Rom ist ein Flammenmeer. Auf dem Palatin wüten die Flammen am ärgsten. Der Palast ist verloren!«
»Meine Statuensammlung! Meine Zithern und Musikinstrumente!« jammerte Kaiser Nero. »Womit soll ich meine gottvolle Stimme begleiten, wenn ich singe?«
»Im Augenblick ist nicht der Moment, wo das Schicksal des Künstlers bedarf!« meldete sich ein schlanker Mann mit prachtvoller Toga zu Wort, dessen schwarzes Haar kurz gestutzt war. Gajus Petronius war nicht nur Neros Festveranstalter, sondern auch sein Kunstkritiker. Vor allem aber war er so etwas wie der gute Geist an der Seite des wankelmütigen Cäsaren.
»Das Schicksal will, daß der Herrscher Nero seine Tatkraft zeigt!« erklärte Petronius. Sein ausgestreckter Arm wies auf die drei Menschen, die taumelnd versuchten, der Flammenhölle zu entkommen.
»Du hast Recht, Petronius!« nickte der Kaiser. Seine Gestalt straffte sich. »Und das Höchste für einen Herrscher ist das Leben seiner Untertanen. Da ich nicht alle retten kann, will ich wenigstens diese drei Menschen hier retten. Voran, Sklaven. Folgt mir …«
Ehe Tigellinus den Kaiser zurückhalten konnte, begann Nero, auf die Flammen zuzulaufen. Bereitwillig folgten ihm mehrere Sklaven.
Professor Zamorra spürte, wie ihn kräftige Arme umfingen und stützten.
»Es sind Ausländer, Herr!« erklärte ein numidischer Sklave. »Keine römischen Bürger. Warum sollen wir ihnen helfen?!«
»Es sind Menschen!« erklärte ein anderer Sklave, dessen Heimat Griechenland war.
» Christ! « kam es verächtlich von den Lippen des Numidiers. Doch Nero hörte das Wort nicht. Seine Hand machte eine herrische Gebärde.
»Rettet sie!« befahl er kurz. »Ich werde diese Rettungstat in einem Lied verherrlichen – daß sich der Herr der Welt dazu herabließ, auch geringe Leute dem Flammenmeer zu entreißen!«
Professor Zamorra hörte diese Worte im Unterbewußtsein, während ihn die Sklaven davontrugen. Auch um Aurelian kümmerte man sich.
»Dieser hier ist sicher schon tot!« erklärte der Numidier und wollte sich erheben. Der ohnmächtige Körper gab keine Regung von sich. »Lassen wir ihn hier verbrennen. Nie besaß ein Sterblicher einen größeren Scheiterhaufen!« Doch Kaiser Nero war schon heran. Ein mächtiger Fausthieb warf den Sklaven nach hinten über. Neben der regungslosen Gestalt brach er zusammen. Im Fallen riß er das Tuch weg, mit dem das Gesicht verhüllt war. Goldblondes, langes Haar
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