0266 - Der Grachten-Teufel
willst du holen?«
»Wenn es geht.«
»Wo wohnt er denn?«
»In London.«
»Ach je.« Carla winkte ab. »Da kannst du lange suchen und telefonieren. Der wird etwas anderes zu tun haben, als nach Den Haag zu kommen, um irgendwelche Monster zu jagen.«
»Da würde ich nicht einmal so sicher sein. Nein, John Sinclair wird uns helfen.«
»Aber was soll einer allein gegen ein Monstrum wie Kraal ausrichten können? Nichts, gar nichts.«
»Das glaube ich eben nicht. Vielleicht kommt er auch nicht allein und bringt seinen Kollegen mit, einen chinesischen Inspektor. Das ist gut möglich.«
»Ich bin trotzdem skeptisch«, sagte Carla.
»Das ist auch dein gutes Recht.«
***
Wir grübelten noch über den letzten Fall und damit über Arkonada nach, als mich der Anruf erreichte. Zunächst konnte ich mich nicht erinnern, als ich den Namen Dieter Hoven hörte. Dann half er mir auf die Sprünge, berichtete von dem Geistergrab an der Zonengrenze in Deutschland, und ich wußte Bescheid. [1]
Hoven gehörte zu denjenigen, die es geschafft hatten. Er hatte nicht nur dem anderen Staat den Rücken gekehrt, sondern war auch den Einflüssen einer schrecklichen Magie entkommen.
Sein Anruf hatte mich nach Feierabend in meiner Privatwohnung erreicht. Ich kannte ihn zwar kaum, dennoch gut genug, um zu wissen, daß er kein Spinner war. Und auch als ich von dem Monster hörte, war mir klar, daß Dieter nicht log. So etwas saugte man sich nicht aus den Fingern. Zudem hatte ich mit Monstern, die aus irgendwelchen finsteren Tiefen stiegen, so meine Erfahrungen gesammelt. Ich wußte, daß es sie gab und daß sie stets in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Schwarzer Magie standen. Deshalb brauchte ich nicht lange zu überlegen, ich sagte zu.
»Und wann kommen Sie?«
»Mit der nächsten Maschine.«
»Ich hole Sie dann…«
»Nein, nein, Dieter, das brauchen Sie nicht. Sagen Sie mir den Namen Ihres Hotels, ich bin dann bei Ihnen.«
Die Adresse schrieb ich mir auf. Zwar hätten wir uns gern noch näher mit dem Rätsel der Flammenden Steine und auch um Arkonada gekümmert, aber der Fall in Holland hatte Vorrang. Es war schon etwas passiert, und es hatte einen Toten gegeben.
Natürlich brauchte ich für diese Reise die Einwilligung meines Chefs. Die bekam ich sofort.
»Nehmen Sie Suko mit?«
»Möchte ich gern.«
Nach einigem Zögern war der Superintendent einverstanden. »Aber sehen Sie zu, daß Sie die Sache schnell hinter sich bringen. Die anderen Gegner schlafen nicht.«
»Das weiß ich, Sir.«
»Dann gute Reise.«
Suko wohnt mit seiner Freundin Shao bei mir nebenan. Als ich klingelte, öffnete die dunkelhaarige Chinesin und erklärte mir, daß Suko in der Badewanne säße.
»Dann setzte ich mich dazu.«
Shaos Augen wurden groß. »In das Wasser?«
»Wenn genug da ist.«
»John, ich…«
»Keine Angst«, sagte ich lachend und ging an ihr vorbei, um die Tür zum Bad aufzustoßen.
Als Suko mich sah, tauchte er unter. Ich pflanzte mich auf den Wannenrand, bekam noch einen nassen Hosenboden und wartete, bis das Gesicht meines Freundes wieder erschien.
»Je später der Abend…«
»Um so erquickender und labend«, führte ich den einmal angefangenen Satz fort.
Suko schüttelte das Wasser aus seinem Gesicht. »Was willst du, John? Auch baden?«
»Klar, aber nicht hier, sondern in Den Haag.«
»Da fährst du hin?«
»Du ebenfalls.«
»Davon wußte ich ja nichts.«
»Aber jetzt, Alter.« Ich berichtete ihm von Hovens Anruf und auch davon, daß uns Sir James freie Bahn gegeben hatte. »Was dran ist, weiß ich nicht, ich halte den Zeugen allerdings nicht für einen Spinner.«
»Da kannst du recht haben.«
»Wann soll's denn losgehen?«
»So früh wie möglich. Ich rufe mal am Flughafen an und lasse mir die entsprechende Maschine raussuchen.«
»Sprichst du denn Holländisch?«
»Nein, aber die meisten verstehen Deutsch. Wir werden schon klarkommen.« Als ich mich umdrehte, stand Shao in der Tür. Sie hatte unser Gespräch mit angehört. An ihrem Gesicht las ich ab, daß sie nicht gerade begeistert war.
»Das ist eben unser Job«, sagte ich zu ihr und hob die Schultern.
»Manchmal verfluche ich ihn.«
»Ich auch, Shao, wirklich…« Und das war ehrlich gemeint.
***
Carla van der Laan wohnte in Monster!
Eigentlich zum Lachen, aber dieser Vorort von Den Haag hieß wirklich so.
Er sah so aus, wie sich der Fremde die Niederlande vorstellt. Sauber, gepflegt, mit viel Grün, dazu flach und angefüllt mit buntem Leben,
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