0268 - Wikkas Rache
ihrer menschlichen Gestalt. Der Sumpf fraß sie ebenso wie mich, aber ich weiß, daß sie nicht tot sind. Sie werden zurückkommen, die Moorleichen der lebenden Hexen warten auf Rache. Und sie tun sich mit denen zusammen, die im Dorf bereits warten, so daß sie eine unschlagbare Armee bilden.«
»Muß ich damit rechnen, daß sie aus dem Moor steigen und als lebende Tote umherspuken?«
»Ja, das mußt du, Geisterjäger!«
»Wann?«
»Vielleicht schon in dieser Nacht. Alle Zeichen deuten darauf hin. Aber dies wird auch die Nacht der Rache und der Vergeltung. Meiner Rache. Ich räume fürchterlich unter den Hexen auf, darauf kannst du dich verlassen. Nicht umsonst habe ich so lange warten müssen.«
»Traust du dir zu, es mit allen Hexen aufzunehmen?« erkundigte ich mich spöttisch.
»Wäre ich sonst zurückgekommen?«
»Sicher, aber da ist noch jemand, der dir gefährlich werden könnte. Eine sehr starke Hexe. Sie ist die Königin, und sie hört auf den Namen Wikka. Du wirst sie kennen, denn als der Stein die Zeiten durcheinanderbrachte, erlebte ich mit, wie das Schloß brannte. Da habe ich dich sowie Wikka in der Vergangenheit gesehen. Ich sah euch aus dem Schloß in das Moor flüchten. Und Wikka lauert nur darauf, dir den Garaus zu machen. Sie will dich ebenso vernichten wie du sie. Ich weiß nicht, wer in diesem Kampf Sieger bleiben wird.«
Der Hexenwürger lachte. »Ich natürlich. Meiner Peitsche entgeht niemand. Zudem werde ich den Stein an mich nehmen, denn er sorgt für die Vernichtung von Wikka und ihren Helfershelfern.«
Trotz seiner großen Worte zweifelte ich an ihm. Er war ein Hexenjäger, jemand, der in der Vergangenheit gnadenlos Menschen getötet hatte. Dabei war es ihm nicht darauf angekommen, ob sie schuldig oder unschuldig waren. Sobald eine Frau oder ein Mädchen denunziert wurden, hatte er sich der Person angenommen. Und mir fiel noch etwas ein. Ich dachte an die Bewohner aus Blackmoor. Sie waren zum Sumpf gegangen, hatten den Hexenwürger aus dem zähen Schlamm geholt, doch er hatte ihnen befohlen, die christlichen Symbole in den Sumpf zu werfen.
Er konnte also nicht auf meiner Seite stehen, wenigstens nicht so, wie ich es gern haben wollte.
»Wikka wartet schon auf dich«, fuhr ich fort. »Sie befand sich hier in der Burg, ich habe sie gesehen, und sie ist nicht ohne Verstärkung gekommen. Ihre beste Schülerin befindet sich bei ihr. Jane Collins. Du wirst auch gegen sie kämpfen müssen.«
»Ich fürchte mich vor keiner Hexe!« Er kam noch einen Schritt näher. »Und jetzt will ich den Stein.«
Sollte ich ihm den Hexenstein überlassen? Ich wußte es noch immer nicht.
»Geh weg!« zischte er.
Blitzschnell entschloß ich mich. »Nein!« sagte ich mit harter Stimme. »Ich werde den Stein an mich nehmen!«
Zuerst wollte er es nicht glauben. Sein Gesicht verzog sich ungläubig. So etwas wie ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. »Das hast du doch nicht im Ernst gemeint?«
»Sicher ist es mir ernst.«
»Dann werden wir um den Stein kämpfen, und ich werde dich töten!« erwiderte er…
***
Das Moor lag still, das Moor lag ruhig!
Nichts regte sich. Doch die Ruhe und Stille waren trügerisch. Die Schwärze der Fläche verbarg die unheimlichen Dinge, die noch tief in ihr ruhten.
Wäre die Oberfläche zu einem Spiegel geworden und man hätte hindurchschauen können, wäre dem Betrachter das Grauen aufgefallen. Denn tief im Sumpf lauerte nicht nur etwas, da bewegte sich auch was.
Es waren die Hexen, die vor langer Zeit, als die Burg in Flammen stand, in den Sumpf gelaufen und von ihm gefressen worden waren.
Auf der Lauer hatten sie gelegen und gewartet, bis die Zeit kam. Nun brach ihre Stunde an.
Die Moorgräber öffneten sich…
***
Irgendwann hatte sie das Leben einfach satt. Da wollte sie ausflippen und dem verdammten Alltag entfliehen. Keinen Streß mehr im Büro, keinen Ärger, keine Hetze, keine neidischen Kolleginnen, die sie trotzdem mit falscher Freundlichkeit überhäuften und nicht mehr das ewige Lächeln auf dem Gesicht, das eben zu einer Chefsekretärin gehörte, ob es ihr nun schlecht ging oder nicht.
Lydia Barrows machte Schluß.
Knall auf Fall sprach sie die Kündigung aus. Damit überraschte sie alle in der Firma. Man versuchte mit Engelsgeduld, sie zu überreden, doch Lydia hatte die Nase voll. Sie wollte einfach nicht mehr. Vielleicht später mal, aber in den folgenden zwei Jahren sah sie sich schon als Aussteigerin.
Irgendwie imponierte es
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