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027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre

027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre

Titel: 027 - Im Tempel der schwarzen Chimäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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über meine Worte nach und vergeßt nicht: Ich erwarte, daß von nun an wieder so viel Geld im Opferstock ist, daß es mir nicht die Schamrö- te ins Gesicht treibt, wenn ich ihn leere.«
    Nach dieser Predigt hätte die im Opferstock befindliche Summe wieder zufriedenstellend sein müssen, war es aber nicht.
    Obwohl keiner es wagte, den Opferstock unbeachtet zu lassen, war der Geldbetrag, den Pater Severin herausholte, lächerlich gering. Da mußte sich der Priester zwangsläufig sagen: »Jemand bestiehlt die Kirche!«
    Das weckte in ihm einen heiligen Zorn, und er legte sich vom Zeitpunkt dieser Erkenntnis an täglich auf die Lauer. So lange, bis er Erfolg hatte.
    Dashiell Baker, ein junger Luftikus, der gern und oft hinter Weiberröcken her war, war der Dieb. Mit einem Lineal, dessen Spitze mit Klebstoff präpariert war, holte er den größten Teil der Banknoten aus dem Opferstock. Flink und geschickt wie ein Taschendieb war er.
    An Pater Severins Schläfe pochte eine Ader. Er stand hinter der Figur des heiligen Antonius und schämte sich nicht der Gefühle, die seine Entrüstung in ihm hervorrief.
    Als Dashiell Baker sich davonstehlen wollte, trat der Priester hinter der Heiligenfigur hervor. »Halt!« sagte er mit schnarrender Stimme.
    Baker riß es herum. Er wurde schlagartig bleich. Entsetzt blickte er den Pater an. Er bemühte sich um Fassung, und sein erhitzter Geist suchte nach einer glaubhaften Geschichte.
    »Oh, Pater Severin«, sagte er nervös.
    »Du kommst so spät noch in die Kirche, mein Sohn?« fragte der Priester und ging langsam auf den Dieb zu.
    »Ja. Ich nahm mir Ihre Predigt von neulich zu Herzen und kam her, um zu spenden, was ich entbehren kann.«
    »Zu spenden, so, so.«
    »Ja, Pater.«
    »Sehr großzügig.«
    »Ich will schließlich nicht, daß uns das Dach erschlägt, während wir in unser Gebet versunken sind.«
    »Sehr lobenswert«, sagte Pater Severin. Seine Miene wurde ernst.
    »Ich glaube dir kein Wort, Dashiell Baker! Du hast nicht gespendet, sondern gestohlen.«
    »Aber Pater…«
    »Leugne nicht, ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen! Du kommst jetzt mit mir in die Sakristei, da wollen wir die Angelegenheit klären.«
    Dashiell Baker brach der Schweiß aus allen Poren. Er hätte fortlaufen können, aber der Priester wäre ihm mit Sicherheit nachgerannt, und er hätte ihn garantiert eingeholt, denn Pater Severin konnte trotz seines Schwergewichts laufen wie ein Windhund.
    Schweren Herzens begab sich Dashiell Baker mit dem Priester in die Sakristei.
    »Leg den Inhalt deiner Taschen hier auf diesen Tisch«, verlangte Pater Severin.
    »Das… das ist ja wie bei der Polizei.«
    »Das ist schlimmer als bei der Polizei, mein Sohn.«
    »Sie irren sich, Pater. Es würde mir doch nie im Traum einfallen, Sie zu bestehlen.«
    »Mich nicht, das glaube ich dir. Du würdest niemals den Mut aufbringen, mich zu bestehlen, denn du hättest viel zuviel Angst vor der Strafe. Aber die Kirche, die wagst du zu beklauen, denn die Kirche ist ja nur ein Haus, und der Opferstock nur ein Kasten ohne Hände, der dir keine schmieren kann. Die Sache hat für dich nur einen Haken, Dashiell Baker. Ich bin nicht nur Pater Severin, ich bin auch die Kirche, und ich habe Hände, mit denen ich dir eine herunterhauen kann!«
    Pater Severin schob die schwarzen Soutaneärmel hoch. Kräftige Männerarme kamen zum Vorschein.
    »Pater Severin, Sie werden doch nicht…«, stöhnte der Dieb.
    »O doch, ich werde!« sagte der Priester, und dann »redete« er Dashiell Baker auf seine Weise ins Gewissen.
    Die Sakristei war erfüllt vom Klatschen, Jammern, Schreien und Stöhnen.
    »So!« sagte Pater Severin, als er mit seiner handfesten Predigt zu Ende war. Er streifte die Ärmel wieder nach unten. Dashiell Baker stand mit feuerroten, brennenden Wangen vor ihm. »Den Inhalt deiner Taschen… auf den Tisch!« verlangte der Priester noch einmal.
    Und Dashiell Baker gehorchte.
    Ein Feuerzeug, ein Polizeiausweis, ein Führerschein, Wohnungsschlüssel, Taschenmesser, Lineal, Papiertaschentücher und…
    zwanzig Pfund.
    »Wieviel hast du aus dem Opferstock genommen?« wollte Pater Severin wissen.
    »Zwölf Pfund.«
    »Nicht mehr?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Hier liegen zwanzig Pfund.«
    »Der Rest gehört mir«, sagte Dashiell Baker.
    »Ich bin sicher, du wirst ihn mir überlassen«, sagte der Priester.
    »Acht Pfund?« ächzte der Dieb.
    »Du opferst sie, um zu sühnen.«
    »In Ordnung«, sagte Dashiell Baker zerknirscht.
    »Und

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