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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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weiteren dieser ovalen Gegenstände von seinem Gurt, steckte ihn Kharnov in die Kutte und schleuderte ihn mit einer fast lässig anmutenden Bewegung meterweit von sich.
    »Möge der HERR deine verkommene Seele richten!«, rief er.
    Der Donner erfolgte, kaum dass Kharnov den Boden berührt hatte. Die Explosion zerriss den wahnsinnigen Zwerg in schmorende Fetzen. Es stank durchdringend nach verbranntem Fleisch und versengtem Haar.
    Schweigend löste der Rev'rend die Fesseln um Rhians Arme. Dann nahm er sie hoch und trug sie fort aus dieser Hölle, in die er vom Fuß der Treppe aus noch weitere jener »Donnereier« warf.
    »Halte dich stets hinter mir, Kind«, sagte er, als sie oben anlangten.
    Wie der Gestalt gewordene Tod marschierte der Rev'rend durch die Korridore und Räume, Rhian immer dicht hinter ihm, und keiner der Vasallen, die ihren Weg kreuzten, überlebte die Begegnung.
    Schließlich befreiten sie die anderen Kinder aus ihren Zellen, unter ihnen Teeve und Quinlan - der arme Quinlan, den Khian seit ewiger Zeit nicht mehr gesehen hatte, aber das geschwisterliche Band zwischen ihnen war nie abgerissen. Deshalb hatte Rhian geahnt, was aus ihm geworden war; dennoch, es mit eigenen Augen zu sehen war entsetzlich…
    Vanna war nicht unter den anderen Kindern; das Mädchen war gestorben, so wie Garney. Rhian, Quinlan und Teeve mitgezählt waren sie zu zwölft.
    »Zwölf«, sagte der Rev'rend und nickte zufrieden. »Eine gute Zahl.«
    Sie standen im Hof, der von den hohen Außenmauern umgrenzt wurde. Im Staub lagen die Kadaver der anderen Vögel, die der Mann in Schwarz getötet haben musste, als er sich Einlass verschafft hatte. Jetzt saß er auf einem mächtigen zweirädrigen Gefährt, das wie ein wütendes Raubtier grollte.
    »Der HERR sei mit euch«, sagte der Rev'rend und zeichnete mit der Hand ein unsichtbares Kreuz in die Luft.
    »Du verlässt uns?«, fragte Rhian sorgenvoll.
    »Der HERR bestimmt meine Wege und mein Tun. Ich bin sein Diener und habe IHM zu folgen.«
    »Aber… was…«, stieß Rhian hervor, »… was soll aus uns werden?«
    Der Rev'rend streckte die Hand aus und legte sie ihr auf den Kopf.
    »Hilf dir selbst, dann hilft dir GOTT«, sagte er, so leise, als sei es nur für sie ganz allein bestimmt.
    Und in ihr regte sich etwas, angerührt und ausgelöst von seinen Worten. Etwas das noch nicht zur Gänze erwacht, aber spürbar war. Und es war ein gutes Gefühl…
    Der Mann in Schwarz griff unter seinen Mantel und holte etwas hervor, das er Rhian reichte. Ein… Buk. Eine… »Eine Bybell?«, entfuhr es ihr beinahe entgeistert. Ehrfürchtig nahm sie es entgegen.
    »Das Buch des HERRN«, sagte der Rev'rend. »Es enthält alles, was ein Mensch im Leben braucht. Und wer es versteht, findet darin alle Kraft der Welt.«
    »Ich danke dir, Rev…«, begann Rhian, doch der Rev'rend unterbrach sie.
    »Danke nicht mir - danke dem HERRN. Immerdar.« Sein Finger wies nach oben, vielleicht beabsichtigt, vielleicht nur zufällig…
    »Das werde ich«, gelobte Rhian, »so lange ich lebe - und darüber hinaus.«
    »Dann«, behauptete der Rev'rend, »sehen wir uns wieder - vor SEINEM Thron.«
    Und damit setzte er sein Gefährt in Bewegung und donnerte zum Tor hinaus. Die Kinder sahen ihm nach, bis er in einer Staubwolke verschwand, als hätte es ihn nie gegeben. Dann hörten sie nur noch das Grollen des Zweirades, das von den Bergen widerhallte, und schließlich kehrte vollkommene Stille ein.
    »Was tun wir jetzt?«, fragte eines der Kinder. »Warten«, erwiderte Rhian, das Buch mit beiden Armen an sich gepresst. »Warten? Worauf denn?«
    Zu Fuß würden sie nicht weit kommen. Sie hatten keine Ahnung, wo sie waren, wie weit es bis zur nächsten menschlichen Ansiedlung war. Ein Marsch ins Ungewisse konnte nur in den Tod führen.
    Doch Rhian wusste, was zu tun war. Was ihre Chance war, nicht nur von hier fort-, sondern auch irgendwo anzukommen.
    »Wir warten«, sagte sie, »auf den Sammler.«
    Stille hatte sich über die Schlafenden gelegt wie eine gewaltige Decke. Nur draußen heulte, sang und wisperte der Wind um das Gebäude, und für Matt klang es, als unterhielten sich die steinernen Gar- goyles in einer fremden Sprache.
    ***
    Er war todmüde, aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Er zwang seine Lider zusammen, versuchte an nichts zu denken - vergebens. Sein Denken hatte sich in ein Perpetuum mobile verwandelt, das sich nicht stoppen ließ. Und es kreiste unentwegt um die Nosfera. Die alte Fabrik. Was

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