0270 - Geistertanz der Teufelsmönche
früherer Jahrhunderte, von denen heute noch die Experten behaupteten, daß diese Bilder so genau gemalt worden wären, als würden die Figuren leben.
»Jetzt ist dein Kunstwerk fertig!« hauchte der Mann in ihr rechtes Ohr. »Du hast es gut gemacht.«
»Und was soll das bedeuten?«
»Oh, das wirst du noch sehen. Du hast hier etwas Großes geleistet. Du bist vor allen Dingen nach Paris gefahren und hast die Dinge geholt, die ich unbedingt brauchte und die sie auch brauchten. Die Kugel und den Kelch.«
»Wer brauchte die Sachen? Wer sind sie?«
»Die Mönche!«
Fedora schüttelte den Kopf. »Sie können den Kelch und die Kugel nicht gebrauchen. Es sind keine Menschen, es sind Figuren auf einem Bild…«
»Das schon, meine Liebe. Aber bist du dir sicher, daß es tatsächlich keine Menschen sind?«
»Wieso? Ich…«
Da lachte der andere nur, zuckte jedoch im nächsten Augenblick zusammen.
»Was ist?« fragte Fedora.
»Ein Feind ist da!«
»Wieso?«
Der Mann löste sich vor ihr. »Ich spüre es!« flüsterte er. »Ich spüre es genau…«
»Aber wer soll gekommen sein?«
Der andere lachte. »Wer? Das kann ich dir genau sagen, meine Liebe, aber ich lasse es. Der Mord in Paris hat Aufsehen erregt. Man wird deine Spur gefunden haben, und ausgerechnet er ist gekommen. Aber das wird ihm auch nicht mehr helfen…«
Fedora war überrascht. Sie begriff die Vorgänge nicht so recht, wandte ihren Blick vom Gemälde ab und schaute zu dem hin, dem sie hörig geworden war.
Er stand neben der Tür.
Von einer Sekunde zur anderen veränderte sich seine Gestalt.
Plötzlich flammte grünes Licht um sie herum und zeichnete die Formen des Körpers genau nach. Aber noch etwas entdeckte Fedora.
Einen zweiten Körper. Er hatte sich über den ersten gelegt, war allerdings nicht existent, sondern nur eine Scheingestalt.
Sie tanzte über dem Originalkörper und besaß ein widerliches Aussehen. Ein dreieckiges Gesicht in der Art eines Ziegenbocks, dazu glühende Augen und einen breiten Mund mit bleckenden, stiftartigen Zähnen.
Sah so der Teufel aus?
Die Frau schüttelte sich und bekam den nächsten Schock, als plötzlich innerhalb des Bildes die Gestalt ihrer Tochter erschien. Sie überlagerte die fünf Mönche, und Fedora konnte erkennen, daß sich die Tochter am Strand aufhielt und aus ihren Händen Blut quoll.
Dann war der Eindruck weg. Auch der Mann sah wieder normal aus, als er ihr ins Gesicht schaute.
Die Malerin trat zurück. Ihre Beine zitterten, in den Knien hatte sie ein Gummigefühl, und als sie über ihr Gesicht wischte, stellte sie fest, daß es schweißnaß war.
»Was… was war das?« Nur mit großer Mühe brachte sie die Frage hervor.
Der Bärtige lächelte, während seine Augen seltsam leuchteten.
»Magie«, hauchte er. »Höllenmagie…«
Fedora faßte es nicht. Sie stand da und ballte die Hände. Noch einmal erinnerte sie sich daran, was sie gesehen hatte. Es war ihre eigene Tochter gewesen, ein Teil ihrer Familie, an der sie trotz allem sehr hing. In diesen Augenblicken kam sie sich vor wie eine Raubtiermutter, die ihre Jungen verteidigt, und sie schüttelte wild den Kopf. »Laß sie aus dem Spiel!« fuhr sie den Mann an. »Es reicht, wenn du mich in deinen Bann gezogen hast. Lisa hat damit nichts zu tun. Das alles geht nur uns beide an!«
»Närrin!« erwiderte der Bärtige kalt. »Du Närrin. Glaubst du wirklich, die anderen herausfiltern zu können? Nein, da hast du dich geirrt. Sogar schwer geirrt. Was ich einmal habe, das werde ich nie mehr loslassen, daran mußt du dich gewöhnen. Ich gebe nichts mehr freiwillig zurück, und der Kreis hat sich geschlossen, denn du hast die beiden Dinge aus Paris geholt die mir fehlten.«
»Aber ich habe sie nicht…«
»Was hast du nicht?« höhnte der andere.
Fedora winkte ab. »Schon gut, laß es. Es hat sowieso keinen Sinn, wenn ich weiterrede.«
Der andere hörte ihr nicht zu. Er hatte eine gespannte Haltung angenommen und schaute in die Höhe. Sein Blick schien sich an der Decke festzufressen, als gäbe es dort etwas Besonderes zu sehen.
»Was hast du?« fragte Fedora.
Die Antwort bekam sie auf eine Art und Weise, mit der sie nie gerechnet hätte. Plötzlich zitterte der Boden unter ihren Füßen. Es waren Schwingungen, die sich durch das Haus fortpflanzten und die Mauern sowie den Boden erschütterten. Einem leichten Erdbeben glich dies, und die Frau taumelte bis zur Wand zurück, um sich an ihr abzustützen.
So rasch wie die Erdstöße gekommen
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