0270 - Geistertanz der Teufelsmönche
schon entgegen. Sie fiel in meine Arme, zitterte wie Espenlaub und deutete auf die Tür. »Da«, sagte sie nur, »da hat er gestanden!«
»Wer?«
Ihr Kopf drehte sich schnell. Die großen Augen starrten mich an.
»Wer, fragen Sie? Der Teufel! Ich habe den Teufel gesehen!«
Die meisten Menschen hätten über die Antwort laut gelacht oder wären mit einem Achselzucken hinweggegangen. Ich allerdings hütete mich, so zu reagieren. Das Mädchen konnte recht haben, denn es gab den Teufel. Das wußte ich genau. Schließlich hatte ich oft genug mit ihm zu tun gehabt, und er war ein Dämon, der alle Tricks kannte.
Ich drängte das Mädchen zur Seite, schärfte ihm ein, stehenzubleiben und lief auf die Tür zu, die wieder zurückgeschwungen war.
Hart riß ich sie auf.
Vor mir stand jemand.
Nicht der Teufel, sondern eine Frau!
***
Ich war so überrascht, daß ich zunächst einmal kein Wort hervorbrachte. Dafür hörte ich Lisas Stimme.
»Mama!« rief sie. »Meine Güte, Mama!« Sie drängte sich an mir vorbei und fiel ihrer Mutter in die Arme.
Das also war Fedora Golon.
Eine schöne Frau, wie ich anerkennend feststellte. Irgendwie hatte sie sogar Ähnlichkeit mit der toten Tanith, wenn ihr Gesicht auch nicht den feinen Schnitt zeigte. Sie und Lisa besaßen dieselbe Haarfarbe. Die braune Pracht fiel bis auf die Schultern, und auch die Farbe der Augen war bei Mutter und Tochter gleich.
Sie preßte ihre Tochter an sich, streichelte sie sogar, doch sie schaute mich dabei an.
Ich hielt dem Blick stand. Bei ihr las ich keinen Funken Sympathie, sondern das Gegenteil.
Abneigung, vielleicht sogar Haß…
»Mama, ich… ich …« Lisa begann zu stottern und schüttelte sich dann.
»Was hast du denn, Kind?«
»Sie hat den Teufel gesehen, sagt sie!« mischte ich mich ein.
Für den Bruchteil einer Sekunde flammte es in den Augen der Frau auf. Diese Reaktion bewies mir, daß sie unter Strom stand und ich vielleicht mit meiner Frage genau ins Schwarze getroffen hatte.
Der Satan mischte hier mit. Dessen war ich sicher.
Dann überspielte Fedora Golon die Sache. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Wie kannst du so etwas Dummes nur behaupten, meine Kleine? Du mußt geträumt haben!«
»Das habe ich nicht!« Lisa schrie ihre Mutter an und wand sich aus ihrem Griff. Sie deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Tür. »Als ich sie aufriß, habe ich ihn gesehen. Ich schrie, aber plötzlich standest du vor mir, und der Teufel löste sich auf. So und nicht anders ist es gewesen!«
Fedora Golon schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht glauben, Kleines. Wirklich nicht. Du mußt dich geirrt haben. Es gibt keinen Teufel, nicht in diesem Haus.«
»Gerade hier!« fauchte die Tochter. »Was ich gesehen habe, das habe ich gesehen, und dabei bleibe ich.« Sie trat vor Wut mit dem Fuß auf und wurde zu einer richtigen Wildkatze.
Die Malerin zeigte sich verärgert. »Benimm dich jetzt, Lisa, und geh bitte nach unten.«
»Was soll ich da?«
»Ich habe mit diesem Herrn hier etwas zu besprechen.«
»Mit John?« Lisa lachte. »Da wirst du dich geschnitten haben. Er ist nämlich mein Freund.«
»Geh endlich!« Die Stimme der Frau klang scharf. Sie wollte jetzt keinen Widerspruch. Das merkte nicht nur ich, sondern auch ihre Tochter. Lisa nickte, warf mir noch einen Blick zu, sah mein Lächeln, drehte sich dann um und schritt davon.
Wir hörten ihre nackten Füßen auf den Stufen der Holztreppe.
Die Malerin wartete, bis die Schritte nicht mehr zu hören waren, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich mir zu. »Wer sind Sie, Monsieur?«
»Mein Name ist John Sinclair.«
»Bon, aber das sagt mir nichts.«
»Ich komme aus London.«
»Dann fahren Sie da wieder hin.«
»Lassen Sie mich ausreden«, bat ich. »Ich komme zwar aus London, aber ich habe einen Umweg über Paris gemacht, weil mich eine Freundin um Hilfe gebeten hat. Eine Freundin, Madame, deren Name Ihnen nicht unbekannt sein dürfte.«
»Sagen Sie ihn!« forderte sie mich mit kühl klingender Stimme auf.
»Tanith!«
Es lag auf der Hand, wie sie reagieren würde. Und ich wurde auch nicht enttäuscht, als sie erwiderte: »Tut mir leid, Monsieur Sinclair. Von einer Tanith habe ich noch nie etwas gehört.«
»Aber sie waren in Paris?«
»Das streite ich nicht ab.«
»Wann?«
Die Frau lächelte spöttisch.
»Ich durchschaue Sie, Monsieur Sinclair. Wahrscheinlich haben Sie schon mit meiner Tochter gesprochen und wissen längst Bescheid. Ich
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