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0270 - Mordnacht der Wölfe

0270 - Mordnacht der Wölfe

Titel: 0270 - Mordnacht der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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geworden?«
    Der Wolf hetzte los und sprang zur Seite. Julio drehte das Gewehr mit und zog den Stecher durch. Im gleichen Moment traf ihn ein heftiger Schlag, der aus dem Nichts kam, und ließ ihn torkeln. Die Kugel fräste ein Loch in die Morgenluft. Julio konnte das Gewehr nicht mehr halten. Es schwebte durch die Luft, drehte sich einige Male und flog dann dem Baum entgegen. Auf einer Astgabel blieb es liegen.
    Ich werde wahnsinnig, dachte Julio entsetzt.
    Mach nur keine leeren Versprechungen, sagte etwas in seinen Gedanken.
    Er stöhnte auf, starrte abwechselnd den großen grauen Wolf und das fremde Mädchen an, das jäh für ihn zur Inkarnation des Bösen geworden war. Rechts und links in den kleinen Häusern gingen die Türen auf. Der Schuß war nicht ungehört geblieben. Männer kamen heraus. Einige hielten Knüppel in den Fäusten, andere trugen Schußwaffen oder Messer.
    »Aufhören«, schrie das Mädchen mit den goldenen Haaren. Der Wolf duckte sich, drehte sich einmal witternd im Kreis und kam dann zu der Goldhaarigen zurück. Er leckte ihr die Hand und setzte sich.
    Er griff nicht an.
    Julio daRaca verstand das nicht. Es war schon ungewöhnlich, daß der Wolf sich mitten ins Dorf wagte. Das paßte nicht zu ihm. Zumal dieser Besuch nicht von der Alten angekündigt worden war. Und daß er jetzt weder die Flucht ergriff noch einen Amoklauf startete, paßte auch nicht zu diesem mörderischen Menschenkiller, der schon fast ein Dutzend Menschen auf dem Gewissen hatte.
    »Wohl verrückt geworden, Señor?« schrie das Mädchen. »Schießt du immer auf Leute, die dir helfen wollen?«
    »Helfen?« Julio fand die Sprache wieder. »Bring den verdammten Wolf um, dann hilfst du uns besser!«
    »Der Wolf hilft euch auch«, sagte die Goldhaarige. »Er ist ein Gegner dessen, den ihr jagt. Er ist echt, im Gegensatz zu eurem Werwolf! Oder warum würde er sonst am Tage in Wolfsgestalt herumlaufen?«
    Das zog.
    Daran hatte noch keiner gedacht. Ein Werwolf wurde bei Tagesanbruch wieder zum Menschen! Demzufolge konnte dieser Gçaue wirklich nichts damit zu tun haben. Oder… vielleicht war es ja doch kein Werwolf, der die Leute und die Jäger umgebracht hatte. Vielleicht war es ja ein richtiger Wolf, aber der würde sich nicht so offen zwischen die Menschen trauen.
    DaRaca wurde unsicher, und seine Unsicherheit teilte sich auch den anderen Männern mit. Sie bildeten einen weiten Kreis um die Wagen und die Personen und hörten sich alles schweigend an.
    Das Mädchen muß eine Hexe sein, dachte Julio daRaca. Er sah zum Baum hinauf, wo sein Gewehr hing. Wie kam es dorthin? Nur durch einen Zaubertrick konnte das geschehen sein. Eine Hexe…
    Da klang wieder die fremde Stimme in seinen Gedanken auf: Teri ist ebensowenig eine Hexe, wie es die Alte ist!
    Ich drehe noch durch, dachte Julio verwirrt. Ich höre Stimmen, die es gar nicht gibt…
    Mit traumhafter Sicherheit drehte das fremde Mädchen sich, zeigte erst auf Julio, dann auf den Alkalden. Woher zum Teufel wußte sie, daß das der Bürgermeister war? »Ihr zwei… ich will mit euch reden. Möglichst ungestört. Wohin gehen wir?«
    »Zu Ferreira in die Bodega«, sagte Mendez, der Alkalde, überrascht, bevor er begriff, was er sich da aufhalste. Ferreira, der Wirt, streckte abwehrend die Hand aus. »Ich habe doch noch nicht geöffnet…«
    »Das macht nichts. Wir wollen uns ja nur in Ruhe unterhalten«, sagte das Mädchen. Sie schnipste mit den Fingern und setzte sich in Bewegung. Der Wolf folgte ihr wie ein treuer Hund. Wider Willen setzte sich auch Julio in Bewegung. Constanca, die aus dem Toyota geklettert war, schloß sich ihnen an.
    Wenig später befanden sie sich in Ferreiras Bodega, der kleinen Dorfkneipe. Ferreira machte mißmutig einen Tisch frei und rückte die Stühle zurecht. Dann zog er sich zurück. Immer wieder hatte er den Wolf mißtrauisch angesehen. Er traute Fenrir nicht oder fürchtete sich zumindest vor ihm.
    Nun, es ist ja auch nicht jedermanns Sache, einem leibhaftigen großen Wolf aus den Steppen und Wäldern Sibiriens gegenüberzustehen.
    Fenrir streckte sich unweit des Tisches auf den Dielen aus, streckte die Vorderpfoten lang und legte den mächtigen Schädel flach drauf. Die Wolfsaugen waren halbgeschlossen, aber das Tier war hellwach.
    Julio daRaca hatte jetzt endlich Zeit, das ihm gegenübersitzende Mädchen eingehend zu mustern. Es war von geradezu berauschender Schönheit. Die weißen Jeans saßen fast noch enger als die Haut darunter, die Füße

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