0272 - Der Dämonenjäger
nicht auszuschließen, denn wir hatten etwas aus der Vergangenheit mitgenommen, das unberechenbar war.
Als die Kuglers um die letzte Wegbiegung verschwunden waren, atmeten wir auf.
Uns hielt auch nichts mehr, und wir liefen den Weg zur Burg hoch. Es war nicht mehr weit. Nur einige Kehren, danach sahen wir schon das Tor.
Es gab vor dem Gemäuer keinen Hof oder freien Platz, und es sah mir auch nicht so aus, als würde es hinter dem Tor existieren.
Wahrscheinlich gelangten wir direkt in den Bau hinein, wenn wir das Tor aufstießen.
Bandor hatte es geschafft, also mußten wir es auch packen. Als Suko zweimal an der Klinke rüttelte, war uns klar geworden, daß wir die Tür nicht so einfach aufbekamen. Der Wilde mußte sie von innen verschlossen haben.
Jetzt war guter Rat teuer.
Ich schaute mich um und ging dabei drei Schritte zurück. Mein Blick flog auch an der rauhen Steinmauer hoch. Ich entdeckte einige Fenster, und als ich mich weiter nach rechts wandte, glaubte ich auch, hinter wenigen Fenstern Licht zu sehen.
»Da scheint jemand zu wohnen«, erklärte ich Suko.
»Der Professor.«
»Und der Wilde ist bei ihm.«
Der Inspektor schwieg. Da auch ich nichts mehr sagte, hörten wir das furchterregende Grollen doppelt laut. Die Mauern schienen zu erzittern, und da wußten wir, daß nicht nur Bandor allein aus der Urwelt mit in diese Zeit hinüber geschleift worden war, sondern auch das andere Untier namens Graax.
Diese Burg war praktisch ein Platz, der zwischen den Zeiten wandern konnte, ohne sich zu verändern. Wir dachten nicht länger darüber nach, sondern nahmen die Tatsache einfach hin.
Wir schauten uns das Schloß an.
Da war nicht viel zu machen. Es sah ziemlich stabil aus, wir hätten es sicherlich irgendwann einmal geknackt bekommen, dies jedoch hätte viel Zeit in Anspruch genommen, und die hatten wir nun überhaupt nicht.
Suko hatte den gleichen Gedanken wie ich. »Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit, in die Burg hineinzukommen«, meinte er und war schon verschwunden.
Es gab sie tatsächlich. Da wir uns nahe der Mauer hielten, sahen wir im Gras plötzlich das matte Blinken. Bei genauerem Hinsehen stellten, wir fest, daß es sich um Glas handelte. Gar nicht mal so hoch über uns war ein Fenster!
»Kommen wir da rauf?« fragte ich.
Suko gab mir ein Zeichen als Antwort. Er legte beide Hände zusammen, und ich begriff sofort.
Meinen Fuß setzte ich in Sukos gefaltete Hände, federte ein wenig nach und nickte dem Chinesen zu. Er schleuderte mich förmlich in die Höhe, so daß es mir gelang, mit den Händen meiner ausgestreckten Arme den Rand des Fensters zu erreichen.
Dort klammerte ich mich fest, hatte für einen Moment die Angst, dennoch abzurutschen, mußte nachgreifen und bekam die Kante zu packen. Jetzt ging es besser.
Wir hatten abgesprochen, daß ich, wenn ich erst einmal in der Burg war, zur Tür lief und sie aufschloß, denn Suko hätte schon ein Affe sein müssen, wollte er die Mauer hochklettern. Sie war einfach zu glatt.
Von außen hatte jemand die Scheibe zerstört. Daran zu erkennen, daß die meisten Scherben im Innern lagen. Vor der Burgmauer hatten wir nur wenige gesehen.
Im Zimmer dahinter brannten Kerzen. Sie leuchteten es soweit aus, daß ich auch Einzelheiten erkennen konnte. Ich sah die Reste eines Untiers auf dem Boden liegen.
Diese großen Vögel hatte ich zwar nie aus der Nähe gesehen, aber der lange Schnabel, der noch zu erkennen war, erinnerte mich daran, daß es sich nur um dieses Tier handeln konnte.
Es war durch einen Hieb in zwei Hälften geschlagen worden, wobei sich die Frage stellte, wer dies getan hatte.
Ich drehte mich wieder um, schaute aus dem Fenster und starrte nach unten, wo mir Sukos Gesicht entgegenleuchtete, denn er hatte seinen Kopf in den Nacken gelegt.
»Ich versuche die Tür zu…«
Das letzte Wort ging in dem gewaltigen Grollen unter, das durch die Burg hallte. Ich zuckte zusammen, wirbelte herum, sah allerdings keinen Gegner vor mir. Dafür hörte ich Sukos Stimme von unten.
»John, laß es sein. Der Weg zur Tür wird dir sicherlich verdammt schwergemacht.«
Da hatte mein Partner recht. Er konnte mir jetzt nur die Daumen drücken, und das tat er mir sicherlich auch, als ich mich abwandte und das Zimmer durchquerte.
Die Tür lag in meinem Blickfeld. So leise wie möglich huschte ich auf sie zu, vernahm wieder das Brüllen des urwelthaften Tieres und sah einen Augenblick später, wie die schwere Tür von der anderen Seite
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