0272 - Der Dämonenjäger
verstand.
Was interessierte ihn so an meinem Kreuz?
Er kam näher. Dabei verschwand der leichte Druck der Schwertspitze nicht von meiner Brust, nur sein rechter Arm winkelte sich dabei an, ansonsten blieb alles normal.
Plötzlich streckte er seine linke Hand aus. Ich zuckte leicht zusammen, als ich die Berührung seiner Fingerspitzen auf meiner Haut spürte. Sie waren warm, feucht, ein wenig schweißig, und ich nahm jetzt auch den scharfen Geruch auf, den er ausströmte. Es war ein strenger, wilder Geruch, der in diese Zeit und in dieses Land hineinpaßte.
Längst kamen mir seine Augen nicht mehr so dunkel vor. Etwas wie eine Erinnerung schien darin zu stehen. Erinnerung an die Zukunft vielleicht?
Paradox, dennoch nicht von der Hand zu weisen.
Eine winzige Bewegung nur, und er schaffte es, mein Kreuz zu berühren.
Im selben Augenblick löste sich ein heller Schrei aus seinem Mund, er zuckte zurück, hob die Hände und wollte etwas sagen, aber wir verstanden die kehligen Laute nicht. Zudem hörten wir auch ein anderes Geräusch.
Es drang aus dem Schloß, und es glich dem Donnern und Fauchen, daß wir schon mehrere Male vernommen hatten.
Graax!
Plötzlich schrie der kleine Peter: »Er ist da! Graax mit der Schlange, jetzt…«
Seine nächsten Worte gingen in einem rasenden Wirbel unter. Ich sah noch das entsetzte Gesicht des Dämonenjägers, dann packte auch uns ein gewaltiger Strudel, dem wir nichts entgegenzusetzen hatten.
Wir wurden zu Opfern der Zeiten…
***
Vor ihr stand Graax, der Barbar. Daran gab es nichts zu zweifeln und zu rütteln!
Maria Kugler spürte die unheimliche Angst, die sie umfangen hielt. Ihr Atem ging für einen Moment so flach, daß ihr Herzschlag wesentlich lauter klang.
Die alten Legenden und Sagen hatten nicht gelogen. Der Autor oder Erzähler, der von Graax geschrieben hatte, mußte ihn gesehen haben, anders konnte sich Maria die detailgenaue Beschreibung nicht erklären.
Sein Reittier war die Schlange.
Eine Riesenschlange mit einem Körper so hoch wie die Hälfte eines ausgewachsenen Menschen. Schuppig die Haut, an der unteren Seite rötlich schimmernd und an der zweiten Hälfte des Körpers mit einem Kamm versehen.
Graax selbst sah ebenfalls zum Fürchten aus. Die Teile der Rüstung schienen an seinem Körper zu kleben, in der rechten Hand hielt er die Streitaxt, und Maria Kugler erkannte, daß von der Klinge etwas in dicken Tropfen zu Boden fiel.
Es war Blut!
Allerdings schimmerte es nicht so rot wie das der Menschen, sondern wesentlich dunkler, als wäre es mit einer schwarzen Flüssigkeit gefärbt worden.
Graax hatte getötet.
Aber wen?
Maria Kugler dachte an die großen Vögel, die sie so steil nach unten fliegen gesehen hatte. Wahrscheinlich war Graax im Kampf gegen sie der große Sieger geblieben. Daß er es geschafft hatte und sein Körper auch keine Verletzungen oder Schrammen zeigte, bewies der Frau, wie gefährlich er sich wehren konnte.
Dem machten auch drei Monstervögel nichts aus. Hinzu kam die Schlange, dieses grausame Untier, das sein Maul weit aufgerissen hatte, so daß Maria die beiden scharfen Zähne und auch die Zunge erkennen konnte.
Gehört hatte sie den anderen leider nicht. Er konnte sich zu lautlos bewegen und wurde von der Schlange unterstützt, die trotz ihrer Größe die Geschmeidigkeit ihrer Nachfahren besaß.
Bandor war ihr gegenübergetreten, sie hatte vor ihm Angst gehabt, aber dieser Graax flößte ihr auf seiner Schlange sitzend ein namenloses Grauen ein.
Bandor war ein Dämonentöter gewesen. Einer, der das Böse jagte, doch dieser Krieger hier verkörperte es. Er wollte töten, seine Streitaxt mit der blutigen Klinge bewies es.
Maria bekam mit, wie seine Beinmuskeln zuckten. Für einen Moment klemmten sich die Oberschenkel härter um den Leib der Schlange, und das war für sie ein Zeichen.
Sie bewegte sich.
Der gesamte Körper schien anzurollen, und er hatte sich als Ziel, Maria Kugler ausgesucht.
Das bärtige Gesicht des Kriegers verzog sich. Aus seinem offenen Mund, der wie eine helle Höhle innerhalb des schwarzen Barts klaffte, drangen urige Laute.
Kampfschreie!
Und die galten ihr.
Maria wußte nicht, wohin sie sich wenden sollte. Sie konnte nicht nach vorn in den Gang fliehen, denn dort versperrte ihr die Riesenschlange den Weg.
Was blieb ihr? Zurück!
Ja, sie mußte zurück. Wenn sie in das andere Zimmer floh, dann überlebte sie noch ein paar Minuten länger. Unter Umständen konnte sie auch aus dem Fenster
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