0280 - Turm der weißen Vampire
Weg. Die Körper hielten wir gebeugt, da wir uns gegen den Wind anstemmen mußten. Wir schauten auch nach Spuren, sahen leider keine, weil das Unwetter in der Nacht alles vernichtet hatte.
Da das Gelände leicht anstieg, mußten wir irgendwann einmal an einen Gipfel gelangen.
Das schafften wir auch und hatten einen relativ guten Rundblick.
Sogar die Burg sahen wir.
Verfallen, aber auf eine gewisse Art und Weise trutzig stand sie dort und schien uns zu grüßen.
Ich drehte schon den Kopf, um den Pater zu fragen, als er meine Gedanken erriet. »Tut mir leid, John, ich bin über die Burg nicht informiert. Wir müssen da wirklich andere fragen.«
Klar, und die mußten wir erst einmal finden. Die ersten Gehöfte sahen mir nicht gerade bewohnt aus, eher verlassen. Der Wind orgelte über die Dächer oder sang um die Ecken.
Wir untersuchten sicherheitshalber die Scheunen.
Keinen Lebenden und keinen Toten fanden wir.
Es gab einen schmalen Weg, dem wir folgten. Er war von Steinen einigermaßen befreit worden, so daß wir bequem weitergehen konnten.
Dann sahen wir das erste Dorf. Es lag im Sichtschatten der Burg, eingebettet in eine Talmulde. Der spitze Kirchturm überragte alle anderen Dächer, und wir entdeckten uns gegenüber ein breites Feld, aus dem graue Steine und Kreuze wuchsen.
Ein Friedhof.
Dort lag auch der verstorbene Pater Robanus. Das alles interessierte uns im Moment nicht, denn auf den Wegen befand sich kein Mensch.
Selbst die Häuser schienen verlassen zu sein. Irgendwie merkt man, wenn ein Haus bewohnt ist. Das war hier nicht der Fall. Niemand ließ sich blicken.
»Die scheinen geflohen zu sein«, bemerkte Suko. Er sprach uns damit aus der Seele.
»Wollen wir mal weiterschauen«, schlug ich vor. Hintereinander gingen wir und näherten uns dem Ort.
Es gab keine direkte Hauptstraße. Wir mußten einfache Trampelpfade benutzen, um zwischen den einzelnen Gebäuden einherzugehen. Die Türen der Häuser waren geschlossen. Bei manchen nur standen die Fenster offen, der Wind spielte mit den Läden und ließ sie klappern.
Still war es nicht.
Die Bewohner hatten die Tiere, sollten sie tatsächlich geflohen sein, zurückgelassen. Wir hörten sie in den Ställen. Mal muhte eine Kuh, dann wieder blökte ein Schaf.
Von Hunden wurden wir beobachtet, aber wir sahen keine Menschen. Was wir als Dorfmitte einschätzten, dort genau blieben wir stehen und berieten.
Zu einem genauen Ergebnis kamen wir nicht, denn niemand von uns wußte, ob dieses Dorf bereits »Besuch« bekommen hatte.
»Wenn sich die sieben Vampire tatsächlich die Menschen geholt haben, dann können wir uns das an die Fahne schreiben«, bemerkte ich mit düsterer Stimme.
»Ja, wir hätten nicht im Turm bleiben sollen«, stand mir der Pater bei.
»Wann ist Father Robanus denn gestorben?« wollte Suko wissen.
»Das muß jetzt vier Tage her sein.«
»Und die Bewohner wußten über die sieben Vampire Bescheid?«
»Ja, so schien es.«
»Dann sind sie auch schon vorher geflohen«, erklärte Suko. »Ich kann es mir anders nicht vorstellen.«
Wenn man die Sachlage aus diesem Blickwinkel betrachtete, hatte mein Freund sicherlich recht, und der Optimismus keimte wieder einmal in uns hoch.
»Fragt sich nur, wo sie stecken«, sagte ich.
»Tagsüber werden sie sich verborgen halten«, vermutete Suko. »Vergiß nie, daß Vampire Geschöpfe der Dunkelheit sind.«
»Bis auf Ausnahmen.«
»Denkst du an die Vampirpillen und Lady X?«
»Genau.«
»Das ist ja nun vorbei. Und ob noch Pillen existieren, weiß kein Mensch.«
Es stimmte. Wir wußten es nicht, aber das war kein Thema für uns. Wir mußten uns auf die weißen Vampire konzentrieren.
»Ich wäre dafür, uns den Friedhof anzuschauen«, schlug Father Ignatius vor.
»Glaubst du, daß wir sie dort finden?«
Er schaute mich an. »Kaum. Aber ich möchte das Grab meines alten Freundes Robanus sehen.«
Dagegen hatte niemand von uns etwas einzuwenden. Wir machten uns auf den Weg. Weit brauchten wir nicht zu laufen. An der Kirche gingen wir vorbei. Das Portal stand weit offen. Unser Blick fiel bis zum Altar, wo rot das ewige Licht brannte.
Ich ging in die Kirche hinein und fand sie ebenfalls leer. Niemand hielt sich dort auf.
Auf dem Friedhof spürten wir etwas von der Atmosphäre, die über dem Dorf lag. Hier roch es nach Tod, nach Verwesung, verfaulenden Blumen, nach Moder und Vergänglichkeit.
Die meisten Gräber waren schon älter. Nur ein frisches fiel uns auf. Dort mußte Pater Robanus
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