0283 - Xorrons Totenheer
Büsche auflockerten und kein Filzwerk mehr bildeten, bekamen wir eine freie Durchsicht und entdeckten die jungen Leute.
Ich zählte blitzschnell nach und kam auf die Zahl acht.
Acht Tote!
Es war wie ein Schlag in die Magengrube. Ich schüttelte den Kopf, weil ich es kaum glauben wollte, aber es stimmte. Vor einem umgekippten Tisch lagen sie wie hingeschleudert.
»Das darf doch nicht wahr sein«, hauchte Suko.
»Shimada!« zischte ich und zeigte nach links, wo wir schattenhaft den gewaltigen Ninja-Dämon sahen und auch seine vier schrecklichen Diener, deren Bekanntschaft wir ja bereits gemacht hatten.
Noch ein Untier hatte sich hinzugesellt. Mir kam es vor wie eine Mischung zwischen Bär und Werwolf. Zottig und pechschwarz das Fell, gefährlich anzusehen und die Augen rot leuchtend.
Dieses Wesen war uns unbekannt, aber es gehörte zu Shimada, denn es hielt sich dicht in seiner Nähe auf. Die Spannung verdichtete sich.
Alles lief auf einen dämonischen Krieg zwischen Shimada und Xorron hinaus. Aber war es wirklich so einfach? Ich wollte es nicht glauben, daß auf diesem Friedhof in London die Sache schon bald gelaufen war.
Mein Gefühl sagte mir, daß mehr, viel mehr dahintersteckte und sich noch gewaltige Dimensionen öffnen konnten.
»Sie atmen!« Sukos Stimme unterbrach meinen Gedankenstrom.
»Wie?«
»Die acht Jungen sind nicht tot«, wisperte mein Freund. »Ich sehe, daß sie atmen. Anscheinend hat man sie nur betäubt.«
»Endlich mal eine gute Nachricht.«
»Wir können sie dort nicht liegenlassen«, sagte mein Freund.
»Willst du sie wegholen?«
»Ja.«
»Und wann?«
»Jetzt.«
Suko hatte natürlich recht. Noch war Zeit, und vielleicht würde er es auch schaffen. Wenn nicht, wollte er auf jeden Fall in ihrer Nähe sein, denn für Zombies und Ghouls waren sie ideale Opfer. Das ging mir durch den Kopf, als ich über Sukos Worte nachdachte.
Abermals wehte uns ein Pesthauch entgegen. Er kam von links, und wir sahen einen Ghoul, der uns passierte und Kurs auf die Bewußtlosen nahm.
Das war auch für Suko das Zeichen. »Bis gleich«, sagte er und startete.
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Nur ahnte ich nicht, daß diese beiden Worte so ziemlich die letzten gewesen waren, die ich von Suko vorerst gehört hatte.
Ein Schrei!
Schrill, grauenhaft und markerschütternd. Ein Mensch konnte ihn nicht ausgestoßen haben. Wer so schrie, mußte schon ein Monstrum sein.
Er war es auch.
Kein Geringerer als Xorron. Und das in dem Augenblick, als er gelandet war.
Der »Spaß« konnte beginnen!
***
Die schrecklichen Zombies aus der Galeere verteilten sich. Keiner hatte sie gezählt. Es war auch unwichtig, wichtig war ihre Vernichtung.
Und Xorrons!
Da die Trauerweiden sehr dicht auf dem einsamen Totenacker standen, blieb es nicht aus, daß Xorron genau auf einen solchen Baum zufiel. Er hatte an Geschwindigkeit gewonnen und rauschte in den nach unten hängenden Wirrwarr der Zweige hinein, wobei er sie ab- und durchbrach und gut bis zum Boden kam.
Er war also da!
Und Shimada würde ihn töten.
Aber er zögerte noch, denn er wußte nicht, ob Xorron weiterhin unter Pandoras Schutz stand.
Deshalb schickte er das Monstrum los.
Say-Kurana, diese Mischung aus Bär und Werwolf, kannte keine Angst.
Vielleicht hatte es auch noch nie etwas von Xorron gehört. Jedenfalls stürmte es vor, als es von Shimada den dementsprechenden Befehl bekam.
Raubtiere halten sich nicht an Wege, wenn sie in ihrem Revier jagen. Sie brechen durch die Büsche, und das tat auch Say-Kurana. Wie ein Berserker wühlte er sich voran. Mit seinen scharfen Tatzen schlug und riß er regelrechte Schneisen. Er wühlte sich Stück für Stück weiter, nahm auf nichts Rücksicht, knickte ihm im Wege stehende Äste einfach weg und schaufelte sich seinen Weg frei.
Die Bestie kam aus der Deckung des Erdbodens, Xorron von oben.
Die Zweige der Trauerweide hatten sein Gewicht nicht abfangen können, und der Herr der Untoten brach hindurch.
Er hatte seinen mächtigen Schädel gesenkt, den Blick nach unten gerichtet, und er sah die Bestie, die geduckt dastand und auf ihn lauerte.
Breitbeinig hatte sich Say-Kurana aufgebaut, die mächtigen Arme gespreizt, die Tatzen geöffnet, so daß die Krallen wie kleine helle Messer hervorstachen.
Fast wäre ihm Xorron auf den Schädel gefallen. Im letzten Augenblick drehte er sich zur Seite und landete etwa einen Schritt von Say-Kurana entfernt.
Der griff sofort an!
Vielleicht war er es in seiner
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