0287 - Wenn Satan sich die Hände reibt
Spieß noch herumzudrehen, aber mir fiel einfach nichts ein.
»Ob wir es noch einmal mit dem Kreuz versuchen?« fragte Suko in meine Gedanken hinein.
»Wieso?«
»Ich meine nur. Unter Umständen schaffen wir uns freie Bahn. Wenn ich durch Kraft oder Gewalt das Grab nicht öffnen konnte, dann möglicherweise durch Magie.«
Der Vorschlag war auch nur eine Notlösung, aber mit besseren Gegenargumenten konnte ich nicht aufwarten.
»Leg es auf die Platte!«
Ich tat das, was Suko mir vorgeschlagen hatte. Genau in die Mitte drapierte ich das Kreuz.
Wir warteten.
Die Sekunden vertickten. Nichts geschah. Das Kreuz reagierte überhaupt nicht. Die Magie hatte den Friedhof verlassen, und wir standen herum wie zwei dumme Jungen.
Etwa nach einer Minute bückte ich mich und hob das Kreuz wieder auf.
Ich schüttelte den Kopf.
»Dann können wir wohl gehen«, meinte Suko mit leiser Stimme.
Als ich diese Worte vernahm, rann über meinen Rücken ein Schauer. Ich hatte auch daran gedacht, mich aber gehütet, sie auszusprechen, weil sie mir einfach zu endgültig klangen. Es kam mir vor wie eine Flucht vor dem Feind. Wenn man jedoch realistisch darüber nachdachte, blieb uns eigentlich keine andere Möglichkeit. Was hätten wir auf diesem Friedhof noch alles erreichen können?
Nichts.
»Kommst du, John?«
Ich nickte, denn ich konnte in diesen Augenblicken nicht sprechen. Es war ein schreckliches Gefühl für mich, dem Grab der Sheila Conolly den Rücken zuzukehren und wegzugehen.
Depression, Verzweiflung, das Wissen, die eigenen Fähigkeiten überschätzt zu haben, all dies addierte sich und gab mir das Gefühl der großen Hilflosigkeit.
Seit Menschengedenken hatten die Bewohner der Erde immer über die Raffinesse und Schlauheit des Teufels berichtet. In diesem Fall mußte ich ihnen leider recht geben. Der Teufel war schlau und raffiniert. Er legte, wenn es darauf ankam, jeden Menschen rein.
Das hatte er bei uns bewiesen.
Die Grabsteine der Heldengräber schienen uns höhnisch zu grüßen, als wir an ihnen vorbeischritten. Ich hatte das Gefühl, als würden sich manche Figuren sogar bewegen. Bei genauerem Hinschauen erwies sich dies jedoch als Täuschung.
Vor dem Tor blieben wir stehen.
Beide warfen wir einen letzten Blick zurück und schauten in die dunkle Weite eines normalen Friedhofs, auf dem sich nicht einmal die Restspur einer Schwarzen Magie befand.
Suko drehte sich und kletterte als erster über den Zaun. Ich folgte ihm langsamer.
Der Bentley stand noch so, wie wir ihn verlassen hatten. Der Regen hatte aufgehört. Auf dem Dach des Fahrzeugs glänzten noch einige Tropfen.
»Soll ich fahren?« fragte Suko.
»Ja, ich hätte vielleicht Mist gebaut.«
»Das habe ich dir angesehen.«
Suko bekam den Schlüssel, öffnete den Wagenschlag, stieg aber noch nicht ein.
Ich bemerkte dies und fragte: »Was hast du?«
Suko holte tief Luft. »Es ist so«, sagte er. »Der Teufel hat es auf Sheila und Bill abgesehen, also auf die Conollys. Zwei aus dieser Familie hat er bereits bekommen, aber es gibt noch jemand.«
»Johnny!« stieß ich hervor.
»Genau. Und auch Shao. Die beiden sind allein…«
Plötzlich hielt uns nichts mehr. Es war eine Nacht, die dem Teufel gehörte. Und wie ich ihn kannte, nahm der Satan auch auf ein Kind keine Rücksicht, das hatte er schon hinlänglich bewiesen…
***
Shao fühlte sich einsam in dem Haus!
Sie war eine kleine Wohnung gewohnt, doch nun mußte sie auf ein Gebäude achtgeben, das einige Male so groß war wie ihr Apartment, welches sie mit Suko teilte.
Sie saß im Wohnraum, hatte die Rollos vor die Fenster fahren lassen und wartete. Es brannten nur wenige Lichter. Die sie umgebende Stille drückte wie eine Last. Aber es ist in einem Haus nie so recht ruhig. Hin und wieder bewegte sich etwas. Da knackte es, da klapperte es mal, und immer dann schreckte Shao hoch.
Eine beklemmende Furcht schnürte ihr Herz zu. Shao redete sich ein, daß überhaupt kein Grund vorhanden war, dennoch wollte dieses Gefühl einfach nicht weichen.
Um überhaupt etwas zu tun, erhob sie sich aus dem Sessel, verließ den Raum und schlug den Weg zu Johnnys Zimmer ein. Die Tür war nicht geschlossen. Halb stand sie offen, und durch den Spalt konnte Shao in das Zimmer hineinschauen.
Es fiel noch genügend Licht von der Diele in den Raum. Johnny lag auf dem Bett und schlief. Seine Decke hatte er zur Seite getreten, das rechte Bein war angewinkelt, in einer Hand hielt er seinen Lieblingsteddy.
Shao
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