0289 - In der Hölle verschollen
können es nicht immer bewachen. Es wäre ein Leichtes, Beamte abzustellen, mit ihnen hätte aber der Teufel leichtes Spiel. Stellt sich die Frage, wie lange Shao, Suko und auch die Wölfin Johnny wirklich schützen können.«
»Sie richten sich auf eine längere Zeit ein.«
»Das werden sie auch müssen.« Sir James wechselte das Thema.
»Kennen Sie einen Weg in die Hölle?«
»Leider nicht, Sir.«
»Wie wollen Sie die beiden dann zurückholen?«
»Ich habe mir da etwas gedacht, was allerdings noch auf sehr tönernen Füßen steht.«
»Erzählen Sie es trotzdem.«
»Ich wollte Myxin und Kara einschalten. Wenn sie einen Weg zum Teufel kennen, müßte es doch mit dem Henker zugehen, wenn wir es nicht schafften, dem Satan etwas Wertvolles abzunehmen. Etwas, das für ihn ebenso wertvoll ist, wie für uns die Familie Conolly.«
Sir James runzelte die Stirn. »Im Prinzip ist der Gedanke gut. Nur, was wäre da so wertvoll?«
»Das weiß ich eben nicht.«
»Wissen Sie, John, was mir an unserem Job nicht gefällt?«
Ich hob die Schultern. »Nein, Sir, aber ich nehme an, sehr, sehr viel.«
Er winkte mit der rechten Hand ab. »Ich denke da an etwas Bestimmtes. Gerade Ihr Beispiel hat es mir wieder klargemacht. Wir tappen zu oft im dunkeln. Wir haben meist keine konkreten Anhaltspunkte und sind zu sehr auf unsere Fantasie angewiesen. Was momentan vorliegt, ist ein an sich völlig normaler Fall von Kidnapping. Könnten wir mit den gleichen Voraussetzungen an diesen Fall herangehen wie die normalen Kollegen, sähe die Sache schon ganz anders aus. Wir können aber nicht arbeiten wie Kriminalisten und haben auch keine Spuren vom Täter. Allerdings wissen wir, wer es war. Nur kommen wir an ihn nicht heran, weil er eine Gestalt ist, die für die meisten Menschen überhaupt nicht existiert. Es kann sich kaum jemand vorstellen, daß wir in einer technisierten Welt leben und uns mit Dingen herumschlagen, die jenseits der gültigen Gesetze liegen. Mit der Hölle, mit Atlantis, mit alten Mythologien, so greift ein Rädchen ins andere, und wir stehen ziemlich allein. Bisher haben wir es einigermaßen geschafft, und John«, jetzt drehte sich mein Chef mit dem Gesicht zu mir, »tun Sie Ihr Bestes, und sogar noch ein bißchen mehr.«
Es war eine lange Rede, die mein Chef gehalten hatte. Er hatte sogar ein Stück seines Innenlebens preisgegeben. Ich würde versuchen, mein Bestes zu geben, da konnte sich Sir James fest auf mich verlassen.
Er reichte mir noch einmal die Hand.
»Soll ich Sie nicht rausfahren?« fragte ich.
»Nein, nein.«
»Aber ich begleite Sie.«
Wir nahmen den Lift, fuhren hoch zur Eingangshalle, und Sir James verließ das Haus. Ich schaute ihm so lange nach, bis er in den Wagen gestiegen war.
»So spät noch unterwegs?« fragte mich der Nachtportier.
»Sagen Sie lieber so früh.«
»Stimmt auch wieder, Sir.« Er verließ seinen Kasten. »Ich will ja nicht neugierig sein, aber was ist mit Ihren Nachbarn?«
Damit meinte er Suko und Shao. Er schien bemerkt zu haben, daß die beiden vorerst nicht mehr hier wohnten.
»Sie werden wiederkommen«, sagte ich. »Im Augenblick erfordert es die Lage, daß sie ihren Wohnplatz wechseln.«
»Sie meinen Urlaub?«
»So kann man es auch nennen.«
Nach dieser Antwort verabschiedete ich mich von dem Mann und fuhr hoch. Ob ich Schlaf finden würde, war die große Frage. Versuchen wollte ich es jedenfalls.
***
Sie sollte ihren eigenen Sohn töten!
Eiskalt hatte der Satan Sheila Conolly dies zu verstehen gegeben, und sie hielt auch bereits die dafür vorgesehenen Waffen in den Händen. Es waren zwei lange Dolche.
Ein teuflischer, ein brutaler, ein menschenunwürdiger Plan. So etwas konnte sich nur der Satan ausdenken, ein Mensch wäre nie auf den Gedanken gekommen.
Auch Bill hatte den Befehl verstanden. Er lag zwar bewegungslos im Nichts und der Fuß des Teufels drückte nach wie vor, in seinen Rücken, dennoch meldete er sich, denn sprechen konnte er.
»Sheila, nein!« ächzte er. »Tu es nicht! Du kannst doch nicht dein eigen Fleisch und Blut…«
»Und ob sie es kann«, unterbrach der Satan den Reporter. »Sie gehört und gehorcht mir, das darfst du nicht vergessen.«
Bill konnte seine Frau nicht sehen. Nach wie vor spürte er den mörderischen Druck auf seinem Rücken, aber er konnte ihr vielleicht mit seinem Rat helfen, deshalb wiederholte er seine Forderung.
Sheila antwortete nicht. Sie starrte ins Leere. Ihr Gesicht wurde vom zuckenden Schein der
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