0292 - Das Signal stand auf Mord
liegen.
Der Boxkampf hatte genug Lärm verursacht, daß Ruff bestimmt davon aufgescheucht wäre, hätte er sich in seinem Bau befunden. — Der Junge war also unterwegs.
Ich stand immer noch bei dem ausgeknockten Gangster. Er war im Begriff, seine fünf Sinne wiederzufinden. Ich packte ihn an den Jackenaufschlägen, stellte ihn auf die Füße und drückte ihn gegen die Wand.
Sein Mut war verweht wie ein Herbstblatt im Wind. Er zog den Kopf ein und hob die Hände vor sein Gesicht.
»Nicht schlagen, G-man«, wimmerte er.
Ich hielt ihn fest, weil er noch nicht auf seinen Beinen stehen konnte.
»Ich will wissen, wo ich Ruff finden kann. Du weißt, daß ich G-man bin, und die Richter bestrafen einen Mann hart, der versucht hat, einen G-man bei der Ausübung seines Berufes zu stoppen. Du wirst erfahren, wie die Welt, durch ein vergittertes Fenster betrachtet, aussieht.«
»Boß… vielleicht… Crash Inn.«
»Crash Inn. Wo ist das?«
»Conner Street.«
Ich ließ ihn los. Er rutschte langsam, den Blick immer auf mich gerichtet, an der Wand herunter.
Die Conner Street liegt in der Nähe des Pelham-Bay-Park. Das ist nicht weit vom Italienerviertel entfernt, aber diese Straße gehört eigentlich nicht mehr dazu. Es ist nur eine kleine Straße, einseitig mit alten Häusern bebaut, da auf der anderen eine Hochbahnstrecke der Subway verläuft.
Ich fuhr langsam an den alten, dunklen Häusern vorbei. Endlich sah ich ein Schild an einem nur zweistöckigen Gebäude. Ich entzifferte die verwaschenen Buchstaben. »Crash Inn« stand da, aber die Rolläden waren heruntergelassen und die Eingangstür war durch ein Scherengitter gesichert.
***
Ich blickte an dem Haus hoch, aber auch in den Fenstern der beiden oberen Stockwerke zeigte sich kein Licht.
Ich überlegte, ob ich Lärm schlagen sollte, aber dann entdeckte ich, daß zu dem Bau auch eine Toreinfahrt gehörte, die nur durch ein halbhohes Tor aus Holz verschlossen war.
Dieses Tor war offen.
Mit ausgestreckten Händen tastete ich mich vorwärts. Schon nach zwei Schritten berührte ich das, glattlackierte Blech eines Wagens. Ich schob mich an dem Auto entlang. Viel Platz blieb nicht zwischen dem Schlitten und der Mauer. Der Wagen mußte ziemlich groß sein, ein Lincoln oder ein Cadillac. Unmittelbar hinter ihm stand ein zweiter Wagen, dessen Heck aber schon über die Toreinfahrt hinaus in den Hof reichte.
Der Hof schien an ein Fabrikgelände zu stoßen. Ich hörte das Geräusch von stampfenden Maschinen und sah einen hellen Schein am Himmel, der aber nicht ausreichte, den Hof zu beleuchten. Immerhin war die Finsternis nicht so vollkommen wie in der Einfahrt. Ich konnte die Umrisse des Hauses gegen den Nachthimmel erkennen. Es schien eine Art Anbau zu haben, der nur einstöckig war.
Dann entdeckte ich einen schmalen, senkrechten, ungefähr zwei Finger breiten Lichtschein am Anbau. Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, schlich ich darauf zu, und als ich die Mauer des Anbaues erreicht hatte, sah ich, daß der Schimmer aus einem Fenster fiel, vor das ein schwerer Vorhang nicht vollständig vorgezogen worden war.
Ich preßte ein Auge gegen die Stelle des Fensters, wobei ich mir die Nase verbog.
Ich sah den Nacken und den Hinterkopf eines schwarzhaarigen Mannes, sonst nichts. Einmal erschien seine Hand in meinem Blickfeld, als er eine Geste machte.
Ich war ziemlich sicher, daß ich den Mann nicht kannte. Nach seinem Nacken zu urteilen, mußte er ein großer, schwerer Kerl sein.
Das Glas der Scheibe beschlug schnell von .meinem Atem. Ich hob die Hand, um das Glas blankzureiben. In diesem Augenblick drehte der Mann den Kopf. Ich sah, freilich schon verschwommen, sein Profil, und ich konnte noch erkennen, daß er eine rote Narbe am Kinn hatte, die von einer Brandwunde herzurühren schien. — Durch die Kopfbewegung des Mannes im Vordergrund konnte ich den Kopf eines zweiten Mannes sehen, aber nur für wenige Sekunden und nur verschwommen.
Ich nahm die Nase vom Fenster fort. Ich hatte Robert Ruff nicht gesehen, und ich wußte nicht, ob er sich im Raum befand, aber ich hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, daß der Komplice in Ruffs Wohnung die Wahrheit gesagt hatte.
Die Schüsse in der 163. Straße waren ein glatter Mordversuch gewesen. Es gab niemanden außer Ruff, der dafür in Betracht kam. Ruff hatte mir den Namen von Sam Asturros Freundin genannt, er hatte mir gesagt, wo die Lady zu finden war, und es stand für mich fest, daß er auch gewußt hatte, daß
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