0294 - Der Feuer-Bumerang
dabei, das Werkzeug und sich selbst in die heißen Höhlen zu bringen.
Die Winden blieben immer besetzt. Freunde oder Familienangehörige verbrachten die Stunden in der glühenden Sonne und achteten darauf, daß kein Fremder dem Claim zu nahe kam.
Tagsüber schufteten sie wie die Wilden. Am Abend und in der Nacht lebten sie sich aus.
Nur einer paßte nicht zu den modernen Diggern.
Es war Rhokasa!
Seit zwei Wochen lebte er in dieser Stadt. Man hatte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten an ihn gewöhnt, obwohl er von den zumeist weißen Diggern nicht akzeptiert wurde.
Rhokasa war ein Einzelgänger!
Er war plötzlich gekommen. Niemand wußte woher, dann verschwand er für eine Weile und kam zurück.
Aber nicht allein.
Eine Frau hatte er mitgebracht. Eine Weiße. Ohne auf irgendwelche Fragen einzugehen, war er mit ihr in seiner Höhle verschwunden und hatte sich lange Zeit nicht blicken lassen.
Gerüchte machten schnell die Runde. Man sprach von seltsamen Beschwörungen, von Sexspielen, aber niemand kümmerte sich darum, weil man eigene und andere Sorgen hatte.
Tagsüber blieb Rhokasa verschwunden. Erst in der Nacht verließ er seine Höhle. Dann nahm er das Mädchen mit und ging mit ihr durch die Stadt und in die Berge hinein.
So war es auch an diesem Abend.
In der Höhle sah es primitiv aus. Rhokasa dachte überhaupt nicht daran, sie so einzurichten, wie es die anderen Menschen taten, er brauchte sie nicht als einen direkten Wohnsitz, sondern nur als Unterschlupf. Das Bett, mehr eine Liegestatt, war aus Felsen und Stroh errichtet. Elektrisches Licht gab es ebenfalls nicht. Um sehen zu können, wurden Kerzen angezündet.
Auf der Liegestatt lag das Mädchen.
Violet Keel war völlig apathisch geworden. Sie hatte die letzten Tage in einem Dämmerzustand hinter sich gebracht und kaum darüber nachdenken können, was mit ihr geschehen war.
Ihr Gehirn schien mit Pudding ausgefüllt worden zu sein. Sie hörte nur wenig, sah auch nichts, denn ihr Blick besaß die Starre eines hypnotisierten Menschen.
Sie lag auf dem Rücken und rührte sich nicht, als sie die schweren Schritte des Mannes hörte. Neben dem Bett blieb er stehen. Er trug eine Hose aus Büffelleder und eine Weste aus dem gleichen Material. Auf ein Hemd hatte er verzichtet.
In seinem harten Gesicht rührte sich kein Muskel. Die Augen waren dunkle Knöpfe, die tief in den Höhlen lagen, die Lippen kaum zu sehen.
Seltsamerweise schimmerte seine Haut in dem gleichen Farbton wie der Bumerang, und auf seiner Stirn lagen winzige Schweißperlen.
Minutenlang rührte er sich nicht. Schließlich streckte er seinen Arm aus, ließ die Hand über dem Gesicht der Frau liegen und spreizte die Finger.
Aus seinem Mund drangen kehlige Laute, wobei sich ein Wort immer wiederholte.
»Rhokasa!«
Dieses Wort, zugleich sein Name, schien von einer großen Bedeutung zu sein, sonst hätte er es nicht so oft gesagt. Jedesmal wenn er es aussprach, begannen die Kerzen zu flackern, als würden sie von einem eisigen Todeshauch berührt.
»Rhokasa!«
Ein letztes Mal hatte er das Wort ausgestoßen, und es war zugleich die Initialzündung für die auf dem Lager liegende Frau, denn der Ausdruck in ihren Augen wurde ein anderer.
Sie blickte klarer.
Über sich sah sie das Gesicht des Eingeborenen. Seine wie gemeißelt wirkenden Züge, in denen sich nichts regte und die die Glätte eines Marmorsteins aufwiesen.
»Du!« ächzte sie.
»Ja, ich bin es!«
»Verdammt, ich…«
»Bleib liegen!« Rhokasa sprach die beiden Worte sehr ruhig aus, und seltsamerweise brach der Widerstand der Frau sofort zusammen. Sie erschlaffte und legte sich wieder zurück.
Rhokasa nickte. Er hatte nichts anderes erwartet, denn er war sich seiner Sache sicher.
Schon gab er den nächsten Befehl. »Steh auf, Violet!«
Sie rührte sich sofort. Steif drückte sie ihren Oberkörper hoch, blieb für einen Moment sitzen, schwang ihren Körper herum und stellte die Beine auf den Boden.
So drückte sie sich in die Höhe!
Vor dem Eingeborenen blieb sie stehen!
Sie reichte ihm nur bis zur Schulter. Mit einer ruhigen Bewegung streckte Rhokasa die Hand aus und bedeutete Violet, in den Hintergrund der Höhle zu treten.
Sie kam dieser Aufforderung nach, blieb nahe der Kerzen stehen und vernahm den nächsten Befehl.
»Zieh dich aus!«
Nicht einmal jetzt zuckte sie zusammen. Diese Frau besaß keinen eigenen Willen mehr, sie mußte nur noch gehorchen, und sie tat es auch, ohne mit der Wimper zu
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