0296 - Ein Strick für den Henker
Dienstwagen genommen. Am Steuer saß Louis Heydt. Im Fond räkelte sich Ricky Mott. Auch er trug Handschellen.
Da Meldrum in seiner Bude kein Telefon hatte, mußte ich die Zentrale wieder über Funk verständigen. Ich bat um einen Wagen, der die toten Gangster abholen sollte. Dann sah ich Bernie Tobias an.
»Zieh Leine, Bernie! Ihr steht im Augenblick nicht auf unserer Abschußliste. Vincente lassen wir ein paar Stunden in einer Zelle schmoren. Wir sind nicht nachtragend. Mach keinen Quatsch, wenn wir ihn wieder auf freien Fuß setzen.«
Er grinste. »Schon gut, G.-man! Ich kümmere mich um meine eigenen Geschäfte. Wenn ich etwas von Gilbert höre, gebe ich euch Bescheid.«
Er gab Tony Howiek einen Stoß und ging mit ihm zu dem Kaiser-Frazer hinüber. Phil und ich kletterten in den Jaguar. Als wir losfuhren, gingen Clyde und Baris zum Schrottplatz zurück, um die Ankunft des Leichenwagens abzuwarten.
***
Am Montagmorgen setzten wir Vincent Aurelio wieder auf freien Fuß. Ricky Mott wurde nach Riker’s Island gebracht, wo er seiner Aburteilung entgegensah.
Gegen zehn Uhr saßen wir in. Mr. Highs Büro und sichteten die eingegegangenen Funkbilder der FBI.-Zentralen. Zwei Agentinnen kamen für die Rolle Elaine Duncans in Frage. Elizabeth Gellow aus San Diego und Doris Caputh aus Chicago. Da die Kollegin aus San Diego gerade in Mexiko arbeitete, stand uns nur Miß Capoth zur Verfügung.
Ein Ferngespräch mit dem Chicagoer FBI.-Chef, Mr. Marsden, hatte zur Folge, daß die junge Dame am Spätnachmittag eine Maschine bestieg, um nach New York zu kommen.
Im Stadtteil Bayside, in Queens, hatten wir ein Vierfamilienhaus entdeckt, das leer stand. Das Verfügungsrecht darüber besaß der Makler Donnogan. Er mußte notgedrungen in unseren Plan eingeweiht werden. Als er hörte, daß es sich um eine Falle für Gilbert handele, machte er keine Schwierigkeiten. Zum Glück waren sämtliche vier Wohnungen möbliert.
In die Parterre-Wohnung zog der Kollege Lionel Baris mit seiner Frau und einem siebenjährigen Mädchen ein. Die Wohnung im ersten Stock blieb für Doris Caputh reserviert. Im 2. Stock zog dej G.-man Virgil Brandon ein. Ihn begleiteten seine junge Frau und ein einjähriger Junge. Über ihm wohnte Tim Murdock, ebenfalls verheiratet und Vater von zwei Mädchen im Alter von zwei und sechs Jahren. Die Wohnung im 4. Stock bezog Joey Silva mit seiner Frau. Sie waren kinderlos.
Phil und ich mieteten ein möbliertes Zimmer in der Edgewater Lane, genau dieser »Mausefalle« gegenüber. Von dort aus konnten wir mit einem Fernglas alles beobachten.
Vier G.-men übernahmen den Dienst von Parkwächtern im Crocheron Park, der sich unmittelbar hinter dem Vierfamilienhaus erstreckte. Er reicht bis zum Cross Island Parkway. Dort war ein Stück der Fahrbahn aufgerissen worden. In dem Bauwagen der dort arbeitenden »Firma« lagen ebenfalls vier G.-men auf der Lauer.
Danny Clyde fuhr jeden Morgen mit dem Fahrrad die Post aus. Auch der Milchmann war »krank« geworden, der die Häuser der Edgewater Lane belieferte. Seine Vertretung übernahm der G.-man Louis Heydt. Ein weiterer G.-man kellnerte in der kleinen Kneipe an der Ecke der 217. Straße.
Eine Woche lang ging das Leben in den Häusern der Edgewater Lane seinen gewohnten Gang. Die Bewohner gewöhnten sich an die neuen Gesichter des Postboten und des Milchmanns.
Dann hatten wir eine lange Besprechung mit Tim Kelling, dem Kriminal-Reporter der »New York Herald Tribüne«.
Am darauffolgenden Montag erschien in seiner Zeitung folgender Artikel:
Sensation im Duncan-Mordfall Elaine Duncan lebt!
New York, den 26. Juni (Eigenbericht)
Das ist wohl die sensationellste Meldung, die wir unseren Lesern seit langer Zeit offerieren können. Unserem Kriminal-Reporter Tim Kelling ist es gelungen, eine unglaubliche Tatsache aufzudecken. Die in den Morgenstunden des 6. Juni ermordete Frau ist nicht Elaine Duncan, sondern ihre Zwillingsschwester Majorie. Das Mädchen fiel einem tragischen Irrtum zum Opfer. Murrays Rache traf eine Unschuldige!
In der Edgewater Lane in Queens steht ein Vierfamilienhaus. Das Wohnungsschild im 1. Stock ist leer, obwohl die Wohnung bewohnt ist. Hier gelang es Kelling, die angeblich ermordete Elaine Duncan aufzuspüren. Scheu und verängstigt gab sie unserem Reporter ein Interview. Als Gilbert an jenem schicksalhaften Morgen die Wohnung der Duncan verließ, ahnte er nicht, daß deren Schwester Majorie unfreiwillig Zeugin des erregten Disputs geworden
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