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03 - Der Herr der Wölfe

03 - Der Herr der Wölfe

Titel: 03 - Der Herr der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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einen Fuß gegen das Ru&r gestemmt, die kraftvollen Arme vor der muskulösen Brust verschränkt. Ein purpurroter Mantel, an der Schulter von einer Spange zusammengehalten, die ein altes keltisches Emblem zeigte, flatterte hinter ihm. Und der Meereswind peitschte durch sein dichtes Haar, golden wie die Sonne.
    Seine Augen sah sie noch nicht, doch das war auch gar nicht nötig. Nur zu gut entsann sie sich dieser erstaunlichen Farbe. Ein strahlendes Blau. Himmelblau, meeresblau, intensiver als Kobalt, heller* als Saphire. Diese Augen konnten durch sie hindurchschauen, bis in die Tiefen ihrer Seele.
    Hastig drehte sie sich um, als sie die, tiefe spöttische Stimme hörte. Ragwald stand hinter ihr, alt wie der Mond, nörglerisch wie ein Fischweib. Mahnend hob er einen Fingen »Meine Dame, einen Pakt mit einem solchen Mann könnt Ihr nicht missachten!«
    »Ich habe keinen Pakt mit ihm geschlossen. Das habt Ihr getan. «
    »Um unser Leben zu retten!« erinnerte er sie würdevoll. »Und es sieht so aus, als würdet Ihr den Mann wieder brauchen. Andererseits ist der junge Herr vielleicht wütend und nicht in der Stimmung, Euch beizustehen, eh?«
    »Ragwald, Ihr … «, begann Melisande und wollte ihm erklären, er sei der Ratgeber und sie die Gräfin, und deshalb stehe es ihr zu, das letzte Wort zu sprechen. Doch sie verstummte und biss sich auf die Unterlippe. Eine andere Gefahr drohte ihr noch unmittelbarer. Als sie von ihrem Aussichtspunkt oberhalb der Festungsmauer hinabblickte, sah sie ihre Männer bereits im Kampfgetümmel.
    Seltsam, wie sich manche Dinge entwickelten … Das Heer, das sie jetzt bekämpften, hatten sie sich an jenem Tag zum Feind gemacht, als er zum ersten Mal hierhergekommen war. Und jetzt tobte die Schlacht erneut, während seine Schiffe über das Meer segelten.
    Sonderbar, dass es ein grauer Tag voller flammender Blitze und grollendem Donner war - neigte er dazu, in Begleitung solcher Stürme einzutreffen, als gehörte er zu jenen Göttern, die ihren Zorn in Gestalt feuriger Blitze umherschleuderten?
    »Was wird geschehen?« fragte Ragwald nachdenklich. »Ist er hier, um uns zu vernichten - oder wieder zu retten? Ein norwegischer Wikinger, der sich auf diese dänischen Wikinger stürzen wird?«
    Warum, leben wir in einem so gesetzlosen Land, überlegte Melisande wehmütig. Wie gern hatte sie die Geschichten ihres Vaters über den großen König Charlemagne gehört, über dessen Liebe zu den Künsten, zur Astrologie, zum Frieden!
    Aber Charlemagne war tot wie ihr Vater. Seine Regentschaft lag schon fast hundert Jahre zurück, und seither hatte sich vieles verändert. jetzt herrschte Charles der Dicke in Paris - doch dort hielt er sich nicht auf, sondern irgendwo in Italien, und die Dänen verwüsteten die Küste, auf dem Weg nach Rouen.
    Wieder einmal hatten sich Melisandes Feinde mit den Dänen verbündet, um zu erobern, was rechtmäßig ihr gehörte.
    Schon früher war sie gezwungen worden, sich mit diesen Horden auseinanderzusetzen. Nach dem Tod ihres Vaters vor einigen Jahren hatte sie gelernt, ihre Tränen zu unterdrücken, wenn sie einen Mann durch das Schwert sterben sah. Sie hatte gelernt, vor dem Kriegsgeschrei nicht zu erzittern, und - was ihr am schwersten fiel nicht davonzulaufen. Nur sie allein war übriggeblieben, um ihr Volk zu lenken und zu leiten. Auch das hatte sie gelernt. Nicht, dass er das jemals gewusst hätte. Aber seit jener ersten Begegnung war so viel Zeit verstrichen, so vieles geschehen, was ihn vermutlich drängte, seine kräftigen Hände um ihren Hals zu legen. Beinahe glaubte Melisande, sie zu spüren.
    Dieser Gedanke ließ sie frösteln, und eine eigenartige Schwäche erfasste sie. Sie hatte gelobt, nichts von ihm zu wollen. Trotzdem brauchte sie nur an ihn zu denken, und schon stockte ihr der Atem.
    Genau das war ihre Schwierigkeit! Denn sie wagte nicht, ihm zu zeigen, wie es in ihrem Herzen aussah. Niemals durfte er erfahren, dass die Gedanken an ihn ihre Tage ausfüllten.
    Vor allem jetzt konnte sie sich keine Schwäche erlauben. Sie musste sich sogar verbieten, an sich selbst zu denken, seine Berührung zu fürchten, zu verabscheuen, herbeizusehnen, ihn zu hassen, zu lieben, zu verachten, von ihm zu träumen …
    Plötzlich erkannte sie, in welch ernsthafte Schwierigkeiten ihre Männer gerieten. Von der Brustwehr aus sah sie die wechselnden Positionen der Krieger, ahnte bereits die Niederlage, die ihnen noch nicht bewußt war. »Heiliger Jesus!« rief sie. »Ich

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