03 - Der Herr der Wölfe
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»Philippe! Wenn der Feind verrückt, werden wir noch viel mehr Männer verlieren. Deshalb muss ich hinausreiten und mich ausliefern… «
»Nein!« schrie Philippe.
Entschlossen lenkte sie ihr Pferd zum Tor. Sie verabscheute und hasste Geoffrey mehr als sonst jemanden auf der Welt. Bei dem Gedanken, sich einem so verachtenswerten Feind auszusetzen, krampfte sich ihr Herz zusammen.
Sein Vater hatte ihren getötet, um die Festung einzunehmen. Plötzlich überkam sie ein großes Unbehagen. Nein, sie konnte nicht zu Geoffrey reiten. Auf keinen Fall. Der Wikinger wartete dort draußen, und wenn er jemals erfuhr, dass sie sich freiwillig in die Hände des Feindes begeben hatte, ganz gleichgültig unter welchen Umständen … Sie musste Zeit gewinnen.
Und so zügelte sie Warrior, blickte wieder zu Ragwald hinauf, zu den Wachtposten auf den Außenmauern. Die meisten standen in grimmiger Bereitschaft neben den Ölkesseln, doch die besten Bogenschützen zückten ihre Waffen. Melisande zog den Blick einer dieser Männer auf sich. »Könnt Ihr den Feind treffen, der einen unserer Krieger bedroht?«
»O ja, Herrin!«
Sie nickte. »Dann tut Euer Bestes. « Nun wandte sie sich zu einem ihrer Hauptmänner, die an der Brustwehr standen. »Sobald unser Mann frei ist, lässt das Tor öffnen und bedeutet unseren Leuten da draußen, möglichst schnell hereinzukommen - selbst wenn sie einige Feinde mit sich ziehen. Dann lässt das Tor sofort wieder schließen! Beeilt Euch!«
Der Bogenschütze legte einen Pfeil an und zielte. Gleichzeitig hörte sie den Schrei des Hauptmanns. »Herein mit euch, Männer!« Das Tor schwang auf, ein wildes Kampfgetümmel drängte herein.
»Schließt das Tor!« befahl sie.
»Melisande!« rief Ragwald vom Turm herab. »Haltet ihnen stand! Jetzt sind seine Krieger auf unserer Seite!«
Und dann vernahm sie einen erstaunten, wütenden Ruf. Geoffreys Stimme, dachte sie voller Genugtuung. Der Wikinger hatte ihren Feind erreicht .
Schwerter klirrten, und sie erkannte das grausige Geräusch von Stahl, der sich durch Kettenhemden bohrte.
»Nein, Melisande!« rief Ragwald. Auf seinem Beobachtungsposten sah er, was ihr entging. Ja, der Wikinger war gekommen, und Geoffrey trat den Rückzug an. Hastig entfernte er sich vom Schlachtfeld, ließ seine Männer und zahlreiche Dänen zurück, die den Kampf fortsetzten.
Der Wikinger hatte sein Heer geteilt. Eine Hälfte stürmte vor, um Melisandes Kriegern beizustehen, die andere kämpfte im Hintergrund. Zahlenmäßig war die erste Schar den Dänen nicht gewachsen. Er hatte beabsichtigt, die Festungswache zu verstärken, die Schlacht innerhalb der Mauern weiterzuführen.
Doch Melisande hatte das Tor verschlossen, sie sperrte seine Männer aus.
»Allmächtiger, hilf uns!« betete Ragwald und warf einen kurzen Blick zum Himmel hinauf, dann beobachtete er -wieder den Kampf. Vielleicht konnte er noch auf Rettung hoffen, denn jetzt sah er den Krieger, der ihnen zu Hilfe eilte.
Man nannte ihn den Herrn der Wölfe, ebenso wie seinen Vater zuvor. jetzt wusste Ragwald, warum. Obwohl der Mann scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeiten gegenüberstand, zeigte er unglaubliche Fähigkeiten und bewundernswerten Mut. Sein Schwert schnellte von einer Seite zur anderen, während er mitten ins Getümmel ritt. Er streckte die Feinde nieder, noch ehe sie erkannten, wovon sie getroffen wurden. Die Dänen stießen Berserkerschreie aus, und manche griffen ihn an mit Schaum vor dem Mund. Aber einer nach dem anderen fiel, von seiner unbesiegbaren Kraft geschlagen. Immer mehr Männer traten ihm in den Weg. Er rief etwas, was Ragwald nicht verstand, doch dann sah der alte Mann, wie der Befehl ausgeführt wurde. Während die meisten Wikinger weiterkämpften, stürmten einige mit einem Rammbock auf das Tor zu, das ihnen den Zugang zum Hof versperrte.
»Melisande!« schrie Ragwald, aber der Schlachtenlärm übertönte seine Stimme. Auch die Gräfin erteilte ihre Befehle. Rasch wandte er sich von der Brustwehr ab und lief die Turmtreppe hinunter, in die große Halle. Draußen im Hof brachten sich Männer, Frauen und Kinder, Kühe, Enten und Schweine in Sicherheit und flüchteten zu den hinteren Mauern. Mütter packten ihre Kinder, Bauern versuchten, ihr kostbares Vieh zu schützen. Ein Esel wieherte, Hühner gackerten und flatterten ziellos umher.
In seinen alten, weiten grauen Umhang gehüllt, wirkte Ragwald wie ein großer, gespenstischer Vogel, als er zu Melisande und ihren Krieger
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