03 - Keiner wie Wir
Schikanen ausgestattet zu sein schien. Einschließlich des riesigen Grundstücks, hochgewachsenen Erlen und eines garantiert beheizten Swimmingpools.
Passend zur Jahreszeit und dem vorherrschenden Klima, das auch im Sommer kaum jemals die fünfundzwanzig Grad Marke überschritt.
Die Eingänge zu den Privaträumen und der Kanzlei waren streng voneinander separiert. Auf der Westseite befand sich der beeindruckende Zugang zu seiner Wohnung . Wenn man das Vierzig-Zimmer–Schloss so bezeichnen wollte.
Auf der Ostseite führte eine schwere Eichentür zu den Büroräumen.
Oh, Stevie kannte diese Art von Häusern bis zum Erbrechen. Vor nicht allzu langer Zeit verkehrte sie selbst in jenen gehobenen gesellschaftlichen Kreisen, die sich derartig teure Klitschen leisten konnten.
Damals gehörte sie noch dem exquisiten Club an, der sich nach dem Tod ihres Vaters als so verräterisch entpuppt hatte und den sie daher seit Neuestem verabscheute.
Komisch, kaum hatte sich herausgestellt, dass das Vermögen der Familie so ziemlich futsch war, verschwanden alle so treu geglaubten Weggefährten.
Begonnen bei Stevies sogenannten Freundinnen, denen sie keine Träne nachweinte. Eigentlich hatte sie die Mädchen nie gemocht und sich nur mit ihnen abgegeben, weil sich das nun einmal so geziemte .
Doch dass die alten und so guten Freunde ihrer Eltern deren schauerlichem Beispiel folgten … okay, das hatte schon für die eine oder andere Verbitterung gesorgt.
Flüchtig.
Dann ging Stevie endlich auf, was ihr Dad gemeint hatte, wenn er zu ihr sagte: »Das Leben ist eine Ansammlung komplizierter Herausforderungen, denen man sich stellen muss, ob man will oder nicht. Nichts ist garantiert, nichts gewinnt man im Schlaf. Man muss sich alles erkämpfen, alles erarbeiten und selbst dann heißt das noch lange nicht, dass man für immer und ewig zur Gewinnerseite gehört.«
Stevie seufzte. Wie wahr …
Ob er geahnt hatte, wie schnell und umfassend sich das Blatt für seine Familie wenden würde? Sicher nicht, denn in diesem Fall hätte James Grace andere – bessere - Vorkehrungen getroffen und sie nicht mit diesem gigantischen Schuldenberg zurückgelassen, der sie zwang, ihr Haus aufzugeben – das diesem hier verblüffend ähnelte.
Die teuren Privatschulen, die Autos, all der Luxus, der bis zu Stevies einundzwanzigstem Lebensjahr so selbstverständlich galt, musste ebenfalls dran glauben.
Keinem dieser Details trauerte sie nach. Nicht mehr, sie hatte längst gelernt, dass alles nur Schall und Rauch war und andere, bedeutendere Dinge darüber entschieden, ob man glücklich war.
Bei der damals vierzehnjährigen Bianca sah das ganz anders aus. Die bekam nämlich den Schock ihres Lebens und hatte den bis heute nicht überwunden. Obwohl Stevie alles tat, damit ihre Schwester unter den einschneidenden Veränderungen nicht allzu extrem zu leiden hatte.
Zuallererst wechselten sie den Wohnort und zogen von Miami hierher, damit ihr Name nicht sofort mit der soeben spektakulär bankrottgegangenen Familie Grace in Verbindung gebracht wurde.
Nach einiger Suche tat Stevie ein hübsches, kleines und vor allem billiges Haus in Tillamook auf. Eine Kleinstadt, die eher einem Kaff ähnelte und unweit von Portland lag.
Nun, jedenfalls sie fand das Häuschen echt hübsch.
Bianca ja weniger, Vanessa Grace – die Mutter, frischgebackene Witwe und neuerdings verarmt – schon gar nicht. Letztere bekam einen hysterischen Anfall, der seinesgleichen suchte, als ihr bewusst wurde, dass nur ein Bad und keine separate Dusche vorhanden waren. Von einem Bidet ganz zu schweigen.
Es kostete Stevie über drei Stunden Gerede mit Engelszungen, bis die beiden so viel Bereitschaft zeigten, es wenigstens zu versuchen, Himmel, Herr, Gott!
Dessen ungeachtet sorgte sie dafür, dass ihre Schwester die Highschool besuchte, wenngleich die sich am Anfang mit Händen und Füßen dagegen sträubte. (»Ich gehe auf keine dieser staatlichen Hilfsschulen! Vergiss es!«)
Daneben erstand Stevie einen kleinen Wagen und hielt das Geld zusammen, so gut es eben ging, musste jedoch mit zunehmenden Beklemmungen zusehen, wie schnell es ihr zwischen den Fingern zerrann.
Ja, die Fonds, die ihr Dad einst für die Ausbildung seiner Töchter eingerichtet hatte, konnten von den vielen Gläubigern nicht angetastet werden, die nach seinem Tod aus der Versenkung auftauchten.
Aber was stellten jeweils fünfzigtausend Dollar dar?
Zunächst einmal recht viel sollte man meinen … wenn man naiv
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